
Zitat von
net.krel
ich denk daß ich die Perspektive nach der ich fragte von welcher aus betrachtet alles in wunderbarer bester Ordnung ist (bzw. sein soll) verstanden habe... was Du damit meintest.
Sozusagen meinst Du damit (in aller kürze): "In allem Gott sehen"
Na ja, dass was den Dingen ihr Sein verleiht, was sie im Sein hält, sind in meiner Vorstellung ja nicht die Dinge selbst, denn die Dinge haben aus sich heraus ja gar kein Sein, sondern sie erhalten ihr Sein allein von Gott. Jedoch dadurch, dass die Dinge ihr Sein von Gott erhalten, sind sie ja nicht mit Gott identisch, sondern sie sind lediglich seine Schöpfung. Einen Pantheismus lehne ich persönlich ab, weshalb ich also nicht Gott sehe, wenn ich ein Ding, wenn ich etwas Seiendes wahrnehme. Wenn ich also in allem Gott sehen mag, dann geht das nur auf negativen Wege.
Es gilt zunächst, in allem Sein Gott als Schöpfer zu erkennen, der in jedem Augenblick, aus dem Seelengrund heraus, alles was uns erscheint und zu Bewusstsein kommt, in diesem Augenblick erschafft und allem zur Erscheinung gekommenen Sein, sein Sein verleiht. Wenn du nun also auf deinen Bildschirm schaust und das provisorische Geschreibsel liest, dann erkennst du zunächst in den Buchstaben auf dem Bildschirm nicht Gott, sondern lediglich einen Teil der Schöpfung Gottes, die ohne ihn nicht sein könnte.
Trotzdem kannst du dabei aber deinen Blick ganz auf Gott gerichtet haltet, denn dadurch, dass du das Sein als geschaffene und also vergängliche, nicht substantielle Erscheinung erkannt hast, hast du auch erkannt, dass alle sinnliche Erscheinung nur eine Art "vorübergehende Konstruktion" deines Bewusstseins ist, sie ist also sozusagen ein Provisorium. :-)
Und dieses Provisorium, diese, dir vorübergehend zu Bewusstsein gekommene Konstruktion, bist auch du selbst, bin auch ich selbst, sind wir alle, soweit du, soweit ich, soweit wir Kreatur(en) sind! Und wenn wir lernen von uns zu lassen, wenn wir lernen uns nicht an Provisorien, an Erscheinungen, an Geschaffenes und Kreatürliches zu binden; wenn wir uns also von allen Dingen lösen, von allem Wollen, Wissen und Haben, werden wir immer ärmer, werden wir zunehmend leerer und dann gehen wir aus uns selbst heraus.
Und in dem Maße, wie wir uns von allen geschaffenen Dingen lösen, in dem Maße wie wir aus uns selbst heraus gehen, geht Gott mit seinem ganzen Wesen in uns ein und das ist der Prozess, indem man allezeit seinen Blick auf Gott gerichtet hält und den Eckhart einmal kurz und prägnant so formulierte (du kennst das Zitat schon, weil ich es dir erst jüngst geschrieben hatte):
Erkenne dich selbst und wo du dich findest, da lass von dir ab. Das ist das Allerbeste.
Und deshalb hatte ich ja auch geschrieben:
Gelassenheit und Gleichmut sind die Zauberworte um die es geht und das man immer nur bei den Dingen ist, aber allezeit
in Gott.
Wenn du dich noch ein bisschen in dieses Thema vertiefen magst und einmal kurz zusammengefasst lesen willst, was Eckhart mit Gottesgeburt im Seelengrund meinte und inwiefern man Gott erkennen kann, dann empfehle ich dir folgenden Artikel: http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_391/

Zitat von
net.krel
iUnd das seh ich eben nicht so.
Es ist nicht "alles Gott".
Nur ein Beispiel: Ungerechtigkeiten aller Arten "sind nicht Gott"... oder siehst Du das anders?
Ich kann zB einer Ungerechtigkeit nicht zu sehen und mir dann sagen: "Das ist Gott=Liebe"... verstehst Du wie ich es meine?
Anders ausgedrückt: Nicht alles was passiert und geschieht ist im Einklang mit Gott=Liebe.
Natürlich sind Ungerechtigkeiten nicht Gott. Ich habe doch auch niemals behauptet das Ungerechtigkeiten Gott sind. Gott ist mit keinem weltlichen Ding zu identifizieren, er ist nicht seine Schöpfung, er ist nicht die Welt, sondern er gibt seiner Schöpfung lediglich ihr Sein, er hält die Welt im Sein. Es ist unsere Sache und unsere Verantwortung was wir auf dieser Welt treiben, während der Zeit die uns gegeben ist.
Als ich schrieb...
"Betet ohne Unterlass", hat das Paulus mal in der Bibel ausgedrückt und das heißt nichts anderes, als das man immer seinen Blick auf Gott gerichtet hält. Diese Perspektive ist die Perspektive, aus der heraus alles gut ist, weil alles Gott ist! ;-)
...meinte ich damit das, was ich nun oben versucht habe näher zu erörtern.
Wichtig ist mir persönlich, dass du verstehst, das ich keinem Pantheismus anhänge. Für mich ist Gott Einheit und nicht die in die Vielheit "zerteilte" Schöpfung oder Welt. Er sit für mich nicht Raum, nicht Zeit, sondern er ist für mich notwendig über allen Dingen und über allem Sein.
Interessant ist auch der verlinkte Wikipedia-Artikel zum Thema "Das Eine": http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Eine
Die Neuplatoniker und vor allem Plotin sind nämlich sozusagen die Philosophen für Eckharts Gottesbild, die ersten "Entdecker" der negativen Theologie, der ja auch ich anhänge.
So, erstmal bis hierher, ich muss jetzt schlummerdibummerli machen und wenn ich mal wieder Zeit habe versuche ich dir nochmal zu erklären, weshalb das Provisorium sehrwohl bibeltreu, ja sogar bibeltreust ist. :-)
Gute Nacht,
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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