Juhu ihr Lieben,

was haltet ihr davon, wenn das Provisorium mal ganz konkret, also anhand von Bibelstellen, erklärt, warum es sich nicht Fundamentalistisch für die Bibel begeistern kann? Tolle Idee, oder? Also ich geb' dann mal ein Beispiel:

Einer der für mich persönlich verdächtigsten Briefe des NT ist der 2.Petrusbrief. Mit verdächtig meine ich, dass ich keinen konstruierteren Brief im NT kenne und ich mir wirklich absolut sicher bin, dass da ganz gewaltig geschummelt wurde. Das fängt schon damit an, dass die Wissenschaft heute fast einhellig davon überzeugt ist, dass der 2.Petrusbrief nicht von Petrus stammen kann. Man nimmt heute gemeinhin an, dass der Brief in der ersten, oder zweiten Hälfte des 2.Jahrhunderts geschrieben wurde, während Petrus ja um 66n.Chr. gestorben ist.

Aber mal ganz davon abgesehen und einmal angenommen, dass der Brief tatsächlich von Petrus stammt, sind in diesem Brief doch einige Passagen sehr seltsam. Ich gebe nur mal ein kurzes Beispiel:

In 2.Petrus 1,13+14 äußert Petrus, dass er merke und auch wisse, dass er sehr bald wird sterben müssen. Konkret heißt es dort:

Ich halte es aber für recht, solange ich in diesem Zelt bin, euch durch Erinnerung aufzuwecken, da ich weiß, dass das Ablegen meines Zeltes bald geschieht, wie auch unser Herr Jesus Christus mir kundgetan hat.

Wenn man das so hört, dann muss man doch annehmen, dass sich Petrus sehr wohl darüber bewusst war, dass dieser Brief womöglich sein letzter Brief sein könnte, den er der Nachwelt schreiben kann. Also ich weiß jetzt nicht wie ihr das seht, aber wenn ich kurz vor dem Tod stünde und diese Erfahrungen im direkten Umfeld von Jesus gemacht hätte, ihn gekannt, mit ihm gelacht und geweint hätte, dann hätte ich persönlich ein sehr starkes Bedürfnis danach, nochmals diese Erlebnisse Revue passieren zu lassen und eben aufzuschreiben, um sie der Nachwelt zu erhalten. Der 2. Petrusbrief ist hingegen aber geradezu lächerlich banal und ich habe beim Lesen des Briefes zu keinem Augenblick den Eindruck, dass da wirklich einer der engsten Freunde Jesu spricht.

Stattdessen wird jedoch im gesamten 2.Kapitel, des gerade einmal 3 Kapitel starken Werkes, über irgendwelche Menschen hergezogen, die sich nach Petrus Meinung nicht so verhalten, wie sie sich verhalten müssten und natürlich wird diesen dann auch reichlich mit dem Gericht gedroht und sogar gesagt, dass es für einige besser gewesen wäre, sie hätten den Weg der Gerechtigkeit nie kennen gelernt (2.Petrus 2,21):

Denn es wäre ihnen besser, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als sich, nachdem sie ihn erkannt haben, wieder abzuwenden von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot.

So, jetzt kommt mein 2. Problem mit diesem Brief. Der Brief ergeht sich beständig nur in Anspielungen, wird aber niemals wirklich konkret. Was ist z.B. mit dem überlieferten heiligen Gebot gemeint? Petrus verrät es uns nicht, dabei wäre es für uns doch von herausragender Bedeutung, wenn wir wissen könnten was er meint, da es ja ganz besonders schlimm zu sein scheint, wenn man sich von diesem Gebot abwendet, oder?

Aber es kommt noch krasser! In 2.Petrus 3, 15-17 erwähnt Petrus, dass die Schriften des Paulus wohl offensichtlich für Verwirrung unter den Christen sorgten:

Und seht in der Langmut unseres Herrn die Rettung, wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, wie auch in allen Briefen, wenn er in ihnen von diesen Dingen redet. In diesen Briefen ist einiges schwer zu verstehen, was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben. Da ihr, Geliebte, es nun vorher wisst, so hütet euch, dass ihr nicht durch den Irrwahn der Ruchlosen mit fortgerissen werdet und aus eurer eigenen Festigkeit fallt!

Also da hört sich doch alles auf! Petrus sagt selbst, dass in diesen Briefes einiges schwer zu verstehen ist, beschimpft aber dann anschließend wieder irgendwelche Nächsten als unwissend, ungefestigt, als Verdreher und dem Verderben preisgegebene, gibt aber keinerlei Hinweis darauf, was denn nun konkret an den Paulusbriefen so schwer zu verstehen ist, was für Verwirrung gesorgt hat, was der Irrwahn der Ruchlosen, wie er meinte, denn nun sein soll.

Wie kann das sein? Warum klärt er nicht auf? Es ist seine letzte Chance bevor er stirbt! Müsste ein Petrus nicht mit aller Leidenschaft und unter der Mobilisierung seiner letzten Kräfte, nicht wirklich alles, seine ganze Seele daran setzen, die Verdrehungen und schwer zu verstehenden Paulusbriefe klipp und klar zu erklären, richtig zu stellen? Er kann uns doch nicht so im Unklaren lassen, oder was meint ihr? Schon gar nicht, weil er indirekt ja beständig mit der Hölle droht! Was soll das?

Also für mich ist der 2.Petrusbrief geradezu eine Unverschämtheit. Überall blickt da Verbitterung, ja fast schon Hass durch und es wird wirklich keinerlei Anstrengung unternommen, um schief geratene Dinge wieder gerade zu machen. Nichts, nada! Stattdessen begnügt man sich damit, kräftig mit dem Verderben zu drohen. Unfassbar

Und jetzt mal bitte ganz ehrlich! Wer meint ernsthaft, dass dieser Brief vom heiligen Geist inspiriert ist? Witzig ist, dass in diesem Brief sogar behauptet wird, dass da nicht Menschenwort ertönt, also keine eigene Deutung oder Fabel, sondern "Offenbarungswissen" (2.Petrus 1,16-20):

Denn wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus kundgetan, nicht indem wir ausgeklügelten Fabeln folgten, sondern weil wir Augenzeugen seiner herrlichen Größe gewesen sind. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der erhabenen Herrlichkeit eine solche Stimme an ihn erging: "Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe." Und diese Stimme hörten wir vom Himmel her ergehen, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren. Und so besitzen wir das prophetische Wort umso fester, und ihr tut gut, darauf zu achten als auf eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbricht und der Morgenstern in euren Herzen aufgeht, indem ihr dies zuerst wisst, dass keine Weissagung der Schrift aus eigener Deutung geschieht.

Wenn ihr mich fragt, dann ist der 2.Petrusbrief ganz bestimmt nicht von Petrus. Er wird, wie die Wissenschaft ja auch darlegt, von irgendeinem Gläubigen geschrieben worden sein, der schier verzweifelt ist, dass Jesus bis zu diesem Augenblick noch nicht zurückgekehrt ist, also rund 200 Jahre nach Jesu Geburt. Der Glaube, dass Jesus sehr bald wird wiederkommen war nämlich fundamental stark ausgeprägt unter den ersten Christen. Allein, er kam nicht! Und das schaffte Erklärungsnot, wie auch in 2.Petrus 3, 1-4 zum Ausdruck kommt:

Diesen zweiten Brief, Geliebte, schreibe ich euch bereits, in welchen beiden ich durch Erinnerung eure lautere Gesinnung aufwecke, damit ihr gedenkt der von den heiligen Propheten schon vorher gesprochenen Worte und des durch eure Apostel übermittelten Gebotes des Herrn und Retters und zuerst dies wisst, dass in den letzten Tagen Spötter mit Spötterei kommen werden, die nach ihren eigenen Begierden wandeln und sagen: Wo ist die Verheißung seiner Ankunft? Denn seitdem die Väter entschlafen sind, bleibt alles so von Anfang der Schöpfung an.

Na klar, die, die darauf aufmerksam machen, dass es schon komisch ist, dass Jesus so lange auf sich warten lässt, werden dann flott mal als Spötter bezeichnet, geradezu diffamiert, denn was hat Jesus den selbst gesagt in Markus 8,38+9,1:

Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln. Und er sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige von denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes in Kraft haben kommen sehen.

Also wer da nicht annimmt, dass die Wiederkunft Jesu unmittelbar bevorsteht, der muss schon sehr naiv sein, denn wie alt wird wohl der letze geworden sein, der in der Runde mit Jesus stand, bis auch er den Tod schmecken musste?

Na ja und weil sich Jesus da wohl offensichtlich geirrt hatte, musste im 2.Jahrhundert mal schnell eine Erklärung dafür her und die bietet dann der 2.Petrusbrief natürlich auch (2.Petrus 3,8):

Dies eine aber sei euch nicht verborgen, Geliebte, dass beim Herrn ein Tag ist wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag.

Also wenn ihr mich fragt, dann ist das doch wirklich völlig billig und konstruierter geht es nun doch wirklich nicht, oder? Wie soll man da an die Wahrheit der Bibel glauben?

LG
Provisorium