Hallo miteinander,

heute möchte ich eine Frage zur Diskussion stellen, die mich deshalb beschäftigt, weil sie mein religiöses Weltbild immer wieder ins Wanken bringt:

1. Verbalinspiration

Wenn die Bibel für mich nicht nur aus netten Geschichten, Legenden, Sagen und Mythen bestehen soll, die ein vorderasiatisches Hirtenvolk vor zwei- bis dreitausend Jahren gesammelt und niedergeschrieben hat, sondern für mich das wahre Wort Gottes beinhalten soll, dann muss ich schon an eine Art Verbalinspiration oder ähnliche Inspirationsvorstellungen glauben. Nur wie und warum kann ich daran glauben? Sind diese Inspirationstheorien nicht vielleicht auch nur der Versuch neuzeitlicher Theologen, die Authentizität von Schriften zu untermauern, die durch Aufklärung und evolutionärem Humanismus in den vergangenen zweihundert Jahren immer wieder ad absurdum geführt werden in all ihren Fehlern und Widersprüchlichkeiten? Wie schafft man es, die Eingebung durch den heiligen Geist auch nur halbwegs glaubhaft darzustellen? Ich weiß es nicht!

2. Die Existenz Gottes

Von Ziffer 1. unberührt bleibt immer noch die Vorstellung von einer realen Existenz Gottes. Ich habe gelernt, dass es auch ohne Bibel Gott geben kann, wenn ich daran denke, wie viele Religionen es auf der Welt gibt, die sich mit einem oder mehreren Göttern beschäftigen ohne über die Bibel zu verfügen bzw. ihren Glauben darauf abzustellen. Hinzu kommen neuere Philosophien in Richtung Kreativismus (z. B. intelligent Design).

3. Fazit

Wenn ich also wie zu Ziff 1. ausgeführt, Zweifel an der Authentizität der „heiligen“ Schrift habe, die ich durch nachvollziehbare Gegenbeweise nicht ausräumen kann, ich im weiteren die Existenz Gottes aber annehmen kann – vor allem vor dem Hintergrund, dass alle, auch sich unabhängig voneinander entwickelten Religionen ähnlich transzendente Vorstellungen hervorgebracht haben – was bedeutet das dann für mein persönliches Verhältnis zu diesem Gott? Habe ich überhaupt ein persönliches Verhältnis zu ihm? Was erwartet dieser Gott von mir? Was nützt beten? Wofür soll ich beten? Was kann Gott ändern oder bewirken? Will und kann er das überhaupt? Gibt es überhaupt Sünde vor Gott? Differenziert Gott nach gut und böse?

Diesen Katalog von Fragen könnte man jetzt unendlich fortführen und er würde mich nur immer weiter von Gott wegführen. Erzogen wurde ich in lutherisch-pietistischer Tradition mit einer starken Jesus-Liebe, Heilsgewissheit und der Gnadenzusage durch die Erlösung am Kreuz. Im Grunde ist es diese Liebesbotschaft, deretwegen ich am Glauben gern festhalten würde. Zuwider sind mir die Hass- und Höllentiraden so mancher fundamentalistischer Fanatiker.

Wie man merkt, fühle ich mich alles in allem etwas orientierungslos. Habe mich aber entschlossen, diesen Beitrag abzusenden, weil mich ernst gemeinte Stellungnahmen zu dem Thema schon interessieren.

Bis dahin
JK