Warum lässt Gott das zu?

"Das goldige Mädchen aus dem Haus schräg gegenüber hat Krebs." Die Meldung geht wie ein Lauffeuer, nein, eher wie eine Todesmeldung durch die Nachbarschaft. Nur eine Nachricht, aber beim erzählen schwingt schon unausweichlich Todesahnung mit. Keiner will es glauben, alle ahnen es. "Das ist ja furchtbar, das arme Kind!"

Schon wieder Bombenterror in Irland, Hungerkatastrophe und Bürgerkrieg in Somalia, von Granatsplittern zerfetzte Leiber in Sarajewo. Wir haben längst aufgehört, die Toten zu zählen.
Es wird geschrien, auf der Krebsstation der Uniklinik, im Blechkneul am Rand der Autobahn, es wird geschrien, weil der Vater volltrunken auf Frau und Kinder einschlägt.

Wer immer zu diesem Thema Stellung nimmt, wird sich vor Patentantworten hüten müssen. Es gibt keine plausible Antwort auf die Frage nach dem Leid in dieser Welt. Wir haben nur eine Chance, wir können die Bibel befragen, die Informationsquelle über das Leben schlechthin. Sie ist kein aalglattes Religionsbuch mit ein paar theologischen Richtigkeiten. Die Bibel ist die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel, mit seinem Sohn Jesus Christus und die Geschichte seiner Gemeinde. Das sind keine blutleeren Berichte. Da wird das Leben in seiner ganzen Härte beschrieben, da wird gelitten zwischen Höhen und Tiefen des Lebens.

Wer Leid nicht mit Gott in Verbindung bringen kann, der ist wahrhaft gottlos!

Ein Gott, ganz weit vom menschlichen Elend, ein Gott, der sich dem Leid der Menschen entzieht, auf den können wir verzichten. Das ist tatsächlich die Hölle. Der Atheismus ist der Gipfel menschlicher Ratlosigkeit. Ich behaupte, dass Gott nur Gott ist, wenn er in der Grenzsituation erfahrbar ist. Schreien und nicht gehört werden, dass ist die Hölle.
Aber haben wir uns nicht selbst in die Hölle begeben, als wir den Aufstand gegen Gottes gute Ordnungen geprobt haben? Haben wir nicht den Vater im Himmel lächerlich hinter uns gelassen?
Erst wollten wir sein wie Gott, nun müssen wir auf unheimliche Weise selbst Herr über unser Leben sein. Und Gott entließ den Menschen in eine selbst gewählte Freiheit. Alles Elend in dieser Welt ist letzlich die Folge dieser Maßlosigkeit und Gottesverachtung. Darum ist die Frage: "Wie konnte Gott das zulassen?" falsch gestellt. Die Frage muß heißen: "Wie konnten wir das zulassen?" Ja, Sie haben richtig gelesen. Wir! Wie konnten wir als Teil einer weggefallenen Menschheit so etwas tun?

Wir können die Frage nach dem Leid in dieser Welt nicht lösen! Wir müssen vielmehr von dieser Frage erlöst werden! Nicht Gott sitzt auf der Anklagebank! Wir sind die Angeklagten!"

Hiob war in dieser Situation: Ein Mann Gottes erlebt den totalen finanziellen, familären und gesundheitlichen Bankrott. Der angesehene Großagrarier steht von heute auf morgen vor dem absoluten Nichts. Seine Frau empfiehlt ihm, den Glauben an Gott über Bord zu werfen: "Sag dich los von Gott und stirb." Hiobs Reaktion: "Haben wir Gutes empfangen von Gott, sollten wir das Schwere nicht auch annehmen?"
Er verdrängt die Frage nach dem Leid nicht, er klagt es vor Gott: Hiob 13,23-14,2. Und mitten in seiner Klage begreift er die neue Segnung Gottes im Leid. So sagt er seinen Freunden: "So erkennt doch, dass Gott mich neu gebeugt und sein Netz über mich geworfen hat." Dann bricht er endlich durch zu dem erschütternden Bekenntnis (das Georg Friedrichen Hendel im "Messias" wunderbar zum Ausdruck gebracht hat) "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!" Hunderte von Jahren später geschiet etwas Unerhörtes: Gott wirft alles von dem Mensch erzeugte und verursachte Leid auf einen Unschuldigen. Auf Jesus Christus! Der Gottessohn selbst holt uns von der Anklagebank, er nimmt unseren Platz ein.
Erlauben Sie bitte die Frage, ob ihr Leid etwas mit Gott zutun haben könnte. Vielleicht kann er auf keine andere Weise Frieden zu Ihnen suchen. Dies könnte eine heilende Antwort auf ihr Leid sein. Aber selbst, wenn Sie erkennen, dass Sie sich die fade Lebenssuppe selbst eingebrockt haben, kontert Gott nicht mit: "Bitte selbst auslöffeln!" Die Strafe liegt längst auf Jesus dem gekreuzigten und auferstandenen Gottesohn. Leid und Tod gehören zum Lauf einer von Gott gefallenen Menschheit. Aber in allem Leid, in allen ungelösten Fragen ruft Gott seine Menschen zum Frieden. Wer zu ihm kommt, ist aufgehoben für Zeit und Ewigkeit!

(Andacht von Jürgen Mette)