
Zitat von
absalom
Herold, natürlich kann man die Aussagen der Kirchenväter aus den historischen Zeitverhältnissen lösen. Sie nahmen aber in aller Regel zu Zeithistorischen Geschehnissen Stellung. Gleiches gilt für den Kontext und die Entstehung der Schriften zum N.T. Man kann ignorieren, ja natürlich. Doch wenn schon Menschen aus den ersten drei Jahrhunderten massive Texteingriffe beklagen und deren Verlässlichkeit anzweifeln, dann lässt dies einen wachen Verstand aufhorchen. (Übrigens das Zitat stammt von Nestorius!)
Besonders um die Schriftzeugnisse der Überlieferungen über Jesu, die Apostelbriefe, Offenbarungen und Apologien, entbrannte eine Jahrhunderte dauernde Fehde unter den christlichen Zentren. So lehnten die einen die Paulusbriefe, andere wieder die Johannesschriften ab. Andere hatten gänzlich anderes Schriftgut (wie z.B. bei den Gnostikern) und andere Gemeinschaften lehnten einfach alle Schriften ab. Zudem gesellte sich noch ein anderes Problem dazu, welches die Kirchenfürsten Origenes und Sextus Julius Africanus beklagten: Es war die ungeheure Vielzahl der Abschriften der alttestamentlichen und neutestamentlichen Schriften, die in sich teilweise so verändert waren, dass man z.B. aus ein und dem selben Evangelium oder Apostelbrief der in Alexandrien abgefasst wurde und zum Vergleich eine Abschrift aus Syrien daneben legte, zwei völlig verschiedene Texte las, die nur noch in ihrem Grundaufbau einer Quelle zugeschrieben werden konnten. Die heutige Textforschung zur neutestamentlichen Literatur hat dieses Wehklagen des Origenes und anderer nur bestätigen können, denn wir besitzen heute weit über 15000 verschiedenster Textversionen zum NT., die in sich teilweise nicht unterschiedlicher sein können. Und noch heute stellt sich die Frage, was ist wahr und was ist Fälschung. Es sei diesen Kirchenvätern lobend zugestanden, dass sie sich ernsthaft darum bemühten, zu retten was noch zu retten war, gleich wohl, und darin sind sich alle Theologen und Textforscher einig (allein schon anhand der schriftlichen Überlieferungen), dass die Schriften des NT. schwerwiegende Abänderungen erfahren haben. Diese Tatsache wird dahingehend bekräftigt - und man kann es nicht deutlich genug sagen - dass die frühe Kirche selbst - und dies gibt sie in ihren schriftlichen Überlieferungen auch ohne falsche Scham zu - manche Schriften verändert oder gar ergänzt hat, damit sie dem christlich - kirchlichen Verständnis von Kanonität entsprechen.
Aber wie dem auch sei, wem solches als Machwerk Gottes gilt, dann sei es eben so. Glaubwürdiger macht es dies allemal nicht. Doch in der Tat ist es auch so, selbst in einem Stein kann man Gott finden, wenn man nur will, dazu bedarf es keines Schriftgutes.
Absalom
Nachtrag, dass die damligen Kirchenfürsten unglaubliche Wendehälse waren, denen Macht und Mission weit aus wichtiger waren als die Nachfolge Jesu kann man sehr leicht belegen. Man denke nur an das Schlagwort: NON POSSUM MILITRA CHRISTIANUS SUM!
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