Moin Lily,

es ist ein religiöses Gebot, auch was das Alter bei der Beschneidung betrifft. Und -soweit es so was überhaupt gibt- kein nebensächliches Gebot sondern ein Wesensbestandteil beider Religionen.

Würde man die Beschneidung bei Kindern verbieten, wäre Judentum in Deutschland nicht mehr lebbar. Man kann von Beschneidung halten, was man will, aber diese Folge sollte einem bewusst sein.


Entscheidend für die Zulässigkeit ist die Schwere eines Eingriffes. Weil das bei der Abwägung der hier betroffenen Rechtsgüter entscheidend ist.

Aus diesem Grund werden ja auch diese Schauergeschichten bemüht.

Man sollte sich bewusst machen, dass es Fachärzte gibt, die die Beschneidung von Jungen aus hygienischen Gründen generell empfehlen. Denn -und das läßt sich auf neutralen urologischen Websites nachlesen- die Beschneidung hat gesundheitliche und hygienische Vorteile.

Aus diesem Grund wurde früher z.B. in den USA ein Großteil der Jungen beschnitten. Auch heute dürften es noch um die 30 % sein, wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe.
(im britischen Königshaus war das bis zur Generation Prinz Charles auch üblich)

Jeder Eingriff hat aber immer auch ein Risiko. Man kann an einer an sich harmlosen Impfung sterben, jeder kleine Schnitt in den Finger kann zum Tod führen. Hier muss man die Wahrscheinlichkeit abwägen mit dem Nutzen. Und nicht die worst case-Szenarien. Denn wer das schlimmstmögliche als Vergleich nimmt, der muss jeden Eingriff bei Kindern, und seien es Hustentropfen, ablehnen.


Heute sieht man z.B. in Deutschland wohl den Nutzen der Beschneidung, sieht aber nicht den großen Vorteil, was frühe Beschneidung angeht, auch im Verhältnis zu den geringen Risiken.

Kommt aber der religiöse Aspekt dazu, ist es herrschende Meinung, dass eben Vorteil-Nachteil so ausgeglichen ist, dass das Kultusrecht der Eltern greift und diese die Entscheidung für das Kind fällen dürfen.

Dieses elterliche Kultusrecht wird gern von Glaubenskritikern bestritten. das ändert aber nichts an seinem Verfassungsrang. Eltern dürfen auch in religiösen Dingen für ihre Kinder entscheiden. Nicht unbegrenzt, aber in gewissen Rahmen. Und das die Beschneidung innerhalb des Rahmens ist, habe ich ja gerade ausgeführt.


Was sowohl im Islam wie auch im Judentum nicht vorgeschrieben ist, ist, dass das zu Hause, ohne Betäubung usw. durchzuführen ist. Insofern gibt ee s inzwischen in Deutschland die richtige Regelung, die medizinisch-hygienisch einwandfreie Umstände vorschreiben. Etwas, was im deutschen Judentum allerdings meist sowieso schon gegeben war (deshalb wurde das auch sofort akzeptiert).


Meines Erachtens wurde diese Debatte von vielen nicht aus Gründen des Kindeswohls geführt, sondern aus Gründen der Religionskritik (und das ist bei manchen schon sehr zurückhaltend ausgedrückt). Man schaue nur mal, was sonst noch für Kinderschutzthemen z.B. in atheistischen Foren diskutiert werden: So gut wie keine, wenn es keinen religiösen Bezug gibt.

Tschüss

Jörg