
Zitat von
Snoopy
Meinst du, dass das Christentum wirklich das verkörpert, was Jesus wollte?
Das institutionalisierte Christentum, also die christliche Kirche, verkörpert ihre individuelle und je ganz eigene Vorstellung von Christentum. Und schon sehr früh, im Rahmen der konstantinischen Wende, drängten sich zunehmend auch machtpolitische Fragen auf, die ein so stark von innen und außen bedrohtes Reich, wie es das Römische Reich nun einmal war, zwingend beantworten und dazu Stellung beziehen musste.
Der Wanderprediger Jesus führte da doch ein ganz anderes Leben, als die einflussreichen christlichen Senatoren in Rom. Deshalb kam es ja auch schon um 400 n.Chr. herum zu Mönchsbildungen, weil man eben die Werte, die Jesus vermittelt hatte, in einer großen Staatskirche kaum verwirklicht sah.
Und so ist es eigentlich bis heute. Jeder hat seine individuellen Vorstellungen. Der eine Gläubige kann sie mit der kirchlichen Tradition und im Rahmen der Kirche verwirklichen, der andere Gläubige kann es nicht. Und deshalb bilden sich immer wieder Absplitterungen und eigene, (sie nennen sich häufig) freie Gemeinden, mit je ihren eigenen Vorstellungen und Schwerpunkten.
Wenn also etwas oder jemand das verkörpert, was Jesus wollte, dann ist es wohl eher nicht die Institution Kirche oder das Christentum in seiner Uneinigkeit, sondern der/die einzelne Gläubige, der die Werte, Gebote und Vorstellungen Jesu in seinem/ihrem Leben lebendig werden lässt und so wie Jesus zu dem Bewusstsein findet, dass er ein Kind Gottes ist.
Was es aber bedeuten kann ein Kind Gottes zu sein, dass können uns durchaus christlich gläubige Menschen aufzeigen und im Kontext ihres Glaubens auch für den Nächsten bedeutsam werden lassen, weil sich der Glauben eben auch in Taten ausdrückt und nicht allein in einer bestimmten Lehre. Denn die Lehre kann ja nicht selig machen, sondern allein der lebendige Gott.
Der Scherbenhaufen, den Du nun zu erkennen meinst, ist also höchstwahrscheinlich allein institutioneller Art und nur aus dieser Perspektive heraus auch tatsächlich ein Scherbenhaufen. Die Gläubigen jedoch, mögen sie zu der Institution stehen wie sie wollen, werden geeint und finden alle ihren Frieden in Gott und in Gott allein.
Es gibt einen sich nach außen vermittelnden Glauben - das ist z.B. die Kirche, oder allgemein die Religion. Und es gibt einen inneren, einen wesenhaften Glauben - das ist das, wovon Jesus sprach. Beides muss sich im Leben von uns Menschen interagierend ausdrücken können. Das schafft leider auch immer wieder Probleme und sicher auch Scherben, aber dieses Spannungsverhältnis muss man halt aushalten. Jesus ist letztlich ja auch einer Institution zu Opfer gefallen und an den Institutionen kommt man nicht vorbei - man muss mit ihnen leben.
Aber ich wäre Dir weiterhin sehr dankbar, wenn Du mal aus Deiner Position heraus erklären könntest, inwiefern Du das Christentum als Scherbenhaufen betrachtest und ob Du glaubst, dass jeder Anhänger des christliche Glaubens automatisch zur Scherbe wird, weil er nicht das verkörpert, was Jesus wollte.
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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