Den Worten Isaaks aber auch Jokobs kann ich mich nur anschließen und dahingehend ausweiten, dass man bei aller Wertung des N.T. nicht vergessen darf, dass dieses Schriftgut ganz wesentlich vom Hellenismus geprägt wurde, also oftmals auf keinen jüdischen Fundament ruht. Das trifft sowohl auf den Textgehalt als auch auf die Autorenschaft zu! Sehr viele Lehrgrundlagen, die darin vermittelt werden, entstammen nicht dem Gedankengut Israels und müssen von daher dem Judentum fremd erscheinen und auch sein.

Das die Person Jesu in den Evangelien einer "weltlichen-hellenistischen" Verwandlung unterzogen wurde, also aus seinem historischen Kontext gerissen wurde ist ebenso ein Tatbestand, den auch christliche Theologen zustimmen. Allerdings sind dessen jüdische Wurzeln noch so sichtbar, dass man sehr viel von der historischen Persönlichkeit rekonstruieren und in sein historisches Umfeld zurückstellen kann. Gerade hier haben in den letzten Jahrzehnten jüdische Religionswissenschaftler hervorragende Pionierarbeit geleistet (Buber, Flusser, Klausner, Vermes, Lapide, etc).

Des Weiteren darf man auch nicht vergessen, dass das Christentum im Bezug auf den Tanach eben auch ein stark hellenistisch geprägtes Buch verwendet, die Septuaginta = A.T. , die vom Judentum als Fälschung seit fast 2000 Jahren verworfen ist. Ganz wesentliche theologische Abhandlungen berufen sich auf dieses Machwerk, die allerdings dem Tanach fremd sind. Das sich mit aller Behäbigkeit die Kirchen weigern für sich die hebräischen Schriftvorlagen anzuerkennen, weil es ganz erheblichen Einfluss auf den theologischen Gehalt des N.T. hätte, ist ein weiterer Punkt, der ein gegenseitige theologische Annäherung fast unmöglich macht.


Das Christentum ist eine eigenständige Religion, die mit dem Wesen des Judentums nicht wirklich vereinbar ist. Dafür sind die Glaubensgrundlagen zu verschieden. Das muss man ganz nüchtern und sachlich sehen. Es gibt Berührungspunkte, die sich durch mehrheitlich Gleichlautendes Schriftgut und auch Erfahrungswelten begegnen, doch es gibt ebenso viele unüberbrückbare Gegensätze. In meinen Augen ist dabei nicht die Lehre oder gar Person Jesu der Trennungspunkt, sondern dessen theologische Wertung, die jenseits des israelitischen Schriftgutes seine Bedeutung gewann.

Erfreulich ist jedoch in diesem Zusammenhang auch, dass gerade immer mehr christlich - theologisch geprägte Kreise sich diesem Sachverhalt stellen und in enger Zusammenarbeit mit jüdischen Religionswissenschaftlern der Spurensuche Jesu und seiner Jünger folgen, um den historischen Jeshua und dessen Talmidim wieder gegenwärtig zu machen.


Samu