Shalom Helo,
ich erfreue mich einem Empfinden und zwar dass trotz unterschiedlichen Voraussetzungen und Ausgangspunkten dennoch zwei Willen zum gegenseitigen Begreifen zu spüren sind.
Das Leben in Israel ist vielleicht für Jeden irgendwie anders als wenn man eben wo anders leben würde. Dass allerdings der jüdische Glaube in Israel leichter für Juden lebbar wäre, das kann ich selbst nicht einseitig beantworten. Es kommt sicher auch für Juden darauf an was sie unter Israel verstehen und empfinden und welchen Teil vom vielfältigen Israel sie ihre Liebe und Aufmerksamkeit schenken oder eben einfach so da leben. Israel kann wie eine Geliebte gelebt werden, welche ihren Schmuck nach der Hochzeitsnacht abgelegt hat. Fern von ihr kann man nicht ohne sie sein und vergeht in Sehnsucht nach ihr. Nahe in und bei ihr, feiert man berauscht und ärgert sich des Alltages und wegen so manchem Nachbarn.
Du fragst, was der Sinn des Judentums sei? Was ist der Sinn einer Träne und des sonderbarem Gefühles im Herzen dazu, wenn man Lacht oder weint? Ist es Liebe?
Ich habe palästinensisch islamische Freunde und als ich mit einen von ihnen aus Bet Lechem nach Jeruschalajim fahren wollte, wollten wir auch den Checkpoint Bet Lechem 300 passieren. Einer unserer Soldaten riss die Papiere aus den Händen meines Freundes und schaute mich missgelaunt, schwer gereizt an und er zitierte, während er die Papiere anstarrte und zu mir blickte, Mi, 4,13 „Steh auf und drisch, o Tochter Zion! Denn eisern mache ich dein Horn und ehern mache ich deine Hufe dass du viele Völker zermalmest und MIR zubannest ihren Gewinn, ihr Vermögen dem Herrn aller Erde.“ Ich machte Anstalten aufzustehen, um das Auto zu verlassen und unser Soldat schrie hysterisch, mit der Waffe auf meinen Freund zielend, dass ich auf keinen Fall das Auto verlassen sollte und mein Freund hielt mich ängstlich am Ärmel fest. Aber ich lächelte schwer bemüht, mit Tränen im Auge und ging hinaus, schob sanft und vorsichtig den Waffenlauf auf mein Herz zu und dann dem jüdischen Boden entgegen, umarmte unseren, zu allem bereiten, Soldaten und glaubte dabei sein zitterndes Herz spüren zu können. Ich flüsterte ihm ins Ohr, Psalm 87,5 „Von Zion wird aber gesprochen: „Mann für Mann ist in ihr geboren, selber aufrecht hält sie der Höchste.““ Unser Soldat stieß mich von sich und hob an auf mich zu zielen und unterbrach aber, vielleicht ob der herbei springendem zweiten Soldatin, dies. So schrie er in die Luft ohne mich anzuschauen, „Du kannst weiter! Der da geht zurück!“ Ich stieg traurig wieder ein und wir fuhren zurück zu meinem Freund.
Entschuldige Helo, wenn ich dir noch nicht von den von dir erfragten Aufträgen des Jüdischen erzählen mag, denn ich will soeben, noch kurz einmal, vor meiner Haustüre fegen gehen.
Du fragst ob es keinen Weg zu den Wurzeln zurück geben könnte. Was passiert wohl wenn man nicht selbst Teil der Wurzel sei und sich diesen bis zur kleinsten Faser nähren will? Man gräbt, seziert, glaubt zu verstehen und tötet den Baum. Vielleicht graben Christen nach Wurzeln, weil sie selber Wurzeln benötigen und manche scheinen zu bemerken, dass sie von Wurzeln sprechen welche nicht an ihnen sind und dass ihre Wurzeln neu gebildet aber andere sind.
Du fragst weshalb du nach Wurzeln gräbst. Wenn dir jemand erzählt, dass du ein Apfel bist und aber immer als Pflaume verkauft wirst, warum sollte es dann verwunderlich sein nachzuforschen was man nun wirklich sei?
Ist es nicht so, dass der Ewige nicht Israel gehört, sondern Israel dem Ewigen und zwar so wie dem Ewigen alle Nationen gehören?
Ist es nicht so, dass Impulse und Nähe zum Ewigen zwar aus dem Bund zuwischen dem Ewigen und Israel und selbstverständlich für alle Nationen abziehbar sind und aber die am Ewigen Gebundenen nicht den Nationen über- und aufgebundene sind?
Daher kann doch sicher nicht der Bund zwischen dem Ewigen und Israel bindend für alle Nationen sein und dennoch die ungelöste Nähe des Ewigen zu allen Nationen unberührt innig und liebend bestehen können ohne dass alle Nationen in den Bund hineingezwängt werden müssten. Nicht der Bund ist erstrebenswert, sondern doch der Ewige.
Es ist möglich, dass man sich von seinen eigenen Wurzeln abzwickt und aber auch abgezwickt wird und es ist möglich sich dem alten Baum des Judentums aufzupfropfen oder aufzupfropfen lassen, aber es ist unnötig dies nur deshalb zu tun, oder geschehen zu lassen, um Teilhaber am Bund werden zu wollen. Denn es währe vielleicht dann so wie zwischen einem Liebhaber der Ehefrau seines besten Freundes. Der Bund zwischen dem Ewigen und Israel führt nicht zum Ewigen, sondern der Ewige bindet Israel an sich. Wer sich aber dem Ewigen zuwendet der benötigt keinen Bund. Oder der Bund ist sicher nicht der einzige und ausschließliche Weg zu Ihm. Das Judentum ist dem Ewigen ebenso nahe und fern wie alle Nationen Ihm nahe und fern sind und das gewiss der Menschlichkeit und Unmenschlichkeit wegen. Und der Ewige band sich an was er gebunden haben wollte. Was bliebe dann den übrigen Nationen übrig? Vielleicht die Freiheit ungebunden sich dem Ewigen anzubinden, ob nun mit zur Hilfenahme oder ohne des Judentums?
Jeder kann den Erwartungen des Anderen gerecht werden und Keiner muss es tun. Meine Erwartung an spirituell jüdisch Glaubende, welche Nichtjüdisch sind und sie somit Jüdisches anwenden, verwenden und sogar erklären, ist eine Erwartung welche sich eben aus der Anwendung und Verwendung heraus ergibt.
Losgelöst von allen Religionen und allen Glauben sein zu können entspräche einem Menschenkind welches nicht sprechen gelernt hat, weil niemand mit ihm gesprochen hat und dennoch dieses den Ewigen kennen und leiben würde. Mit uns aber sprach man und wir hörten und fühlten. Und das können und wollen wir nicht rückgängig machen. Aber dessen Frucht und zwar vom Baum des Wissens, macht uns erst zu dem was wir sind und was uns der Ewige zu sein scheint, menschlich klar. Es ist vielleicht kein Hindernis, dein Christliches und mein Jüdisches Verstehen und es ist vielleicht förderlich mein Verstehen vom Christlichen und dein Verstehen vom Jüdischen. Aber wir können uns nicht wirklich und nur durch Verneinen, aus Etwas heraus entziehen, was wir bisher geworden sind und am liebsten, ab und an, sofort ablegen wollten. Aber nach und nach ändern wir uns ständig und das gegenseitige annähren und auch freundliche in Frage stellen kann ohne Zweifel Not wendend sein. Natürlich kann es nicht wirklich Schaden, wenn Christliches oder auch Anderes das Jüdische in Frage stellt und umgekehrt. Es ist eher die Frage wer dies wie und in welcher Weise dies tut, damit es einem und jedem Selbst wie Schuppen von den Augen fallen könnte.
Der Gärtner? Wer ist das? Der Ewige? Lässt nun der Ewige vielleicht nur zu, dass man Äpfelzweigchen auf Pflaumenbäume aufpfropfen könnte und dann die Früchte Pflaufeln nennen würde? Oder gärtnerte Er doch Pflaumen-, Äpfel- und viele viele Bäume mehr?
Ja, ich glaube auch daran und setze mich auch dafür ein und zwar dass wir in erster Linie uns als gleichwertige Menschen begegnen und das weder Jude noch Palästinenser, weder Schweizer noch Deutscher, oder wer auch immer, höher oder niederer zueinander und vor dem Ewigen stehen. Der Bund, oder Nichtbund macht uns bestimmt nicht g“ttwürdiger oder g“ttunwürdiger. Die Wurzel allem Seins liegt wohl im Ewigen und er ließ geschehen, dass alles was Wurzeln hat fruchtbar sein konnten und so Pflanze neben Pflanze gedeihen konnten und jede seine eigene Wurzel hat und wenn man genau hinschaut eben aus einer Wurzel zu erwachsen schien.
Zu wissen, dass Pflaume und Apfel, vor unglaublich langer Zeit, einen gemeinsamen Ahnenbaum hatten und nun aber Pflaumen- und Äpfelbäume verschieden sind und teils nichts von der Einheit mehr zu spüren ist und teils Beides sich den Sonnenschein und das Grundwasser einander streitig machen, das kann zum Teil tatsächlich oft sehr traurig machen. Aber dies könnte eigentlich nur von Dauer und traurig machen, wenn wir annehmen würden, dass der Ewige eine Frucht von Beiden, oder gar eine Dritte, oder eine Andere bevorzugen würde. Oder die Plantagen selbst zwischen besseren und schlechteren Obstsortenbäume entscheiden würden, halt wirklich von Gut und Böse etwas verstehen würden.
Fruchtbar ist unser Austausch sicherlich, auf jeden Fall aber für mich schon jetzt.
Lehit Isaak
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