Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
Hat uns Gott nicht dieses Geschaffene gegeben, nicht um es zu lassen, sondern es zu gebrauchen und zu bewahren?
Uii, ich merke gerade, dass ich auf diese Bemerkung noch gar nicht richtig eingegangen bin und dabei ist das natürlich eine ganz entscheidende Frage. Deshalb einige Gedanken dazu.

Wie Eckhart, glaube auch ich, dass die Welt nicht in einem einmaligen Akt zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt geschaffen wurde, sondern Gott schafft sie weiterhin und ohne Unterlass in einem ewigen "Nun". Man könnte auch sagen er hält sie im Sein oder verleiht ihr Sein, ganz wie man mag und man sich das am besten vorstellen kann. Jedenfalls ist Gott dieser Welt und der weltlichen Strukturen völlig transzendent, er hat in dieser Welt kein Sein, er ist darüber.

Das richtig zu verstehen ist ganz außerordentlich wichtig, weil daraus folgt, dass diese Welt, das, was wir als real betrachten (betrachten müssen) nicht in der Form real ist, dass es in sich selbst Substanz hätte, die in einem Realismus nun aber einmal absolut nötig ist. Die Substanz liegt aber in Eckharts philosophischer Spekulation nicht in der Welt, sie hat hier kein Sein, denn Sein und Substanz hat allein der zeitlose Gott, der Rest ist nur geschaffen, kreatürlich und vergänglich (das Vergänglich zumindest ist ja auch augenscheinlich).

Der Gedanke ist allerdings nur sehr schwer auszuhalten, weil er letztlich besagt, dass das, was wir hier auf Erden erleben gar nicht wirklich real ist, sondern vielmehr so etwas wie ein Abbild (der Witz dabei ist, dass die String Theorie und Erkenntnisse der Quantenphysik das durchaus auch Nahe legen). Plotin, der als erster gelehrt hatte, dass die Seele auch die Materie erst hervorbringt, hat es übrigens deshalb zeitlebens abgelehnt, gemalt, oder in Stein gemeißelt zu werden. Er meinte es sei lächerlich ein Abbild vom Abbild zu machen. Das nur nebenbei und weil ich es echt witzig finde...;-)

Zurück zum Thema: Eckhart meint also, Gott erschafft die Welt in einem ewigen "Nun", sie geht sozusagen aus seinem Seelengrund hervor. Weil dieser Seelengrund (Eckhart nennt es manchmal auch den Abgrund Gottes) aber dieser Welt in Gänze transzendent ist, können wir diesen nicht erkennen (deshalb auch negative Theologie). Aber sollte die Welt tatsächlich so beschaffen sein, also quasi geistig und die Seele bringt tatsächlich diese ganze Welt hervor, dann ist die Welt also im Erkennen geschaffen und dann müsste dieser innerste, geistige, seelische Prozess zum Aussetzen gebracht werden können.

Das ist das Ziel des "Lassens". Das bildlose erkennen Gottes durch das Lassen aller Bilder und dem vollständigen Zunichtewerden aller Erkenntnisstrukturen. Das Lassen bezieht sich also nicht in dem Sinne auf diese Welt, dass wir sie nicht gebrauchen, gestalten und bewahren sollten, das müssen wir sogar, es ist ja schließlich das Bild in das uns Gott hineinversetzt hat und nur in diesem Bild hat unser kreatürliches Sein sein Sein. Aber dieses kreatürliche Sein ist eben nur geschaffen und vergänglich. Eckhart will uns davor bewahren uns darin zu verstricken, indem wir daran mit aller Macht festhalten. Es wäre ihm nur haschen nach Wind (hat das nicht Salomon so ausgedrückt?).

Unser substantielles Sein ist nicht in dieser Welt, sondern allein in Gott. Die geschaffenen, weltlichen Strukturen (in denen wir leben müssen, ganz klar!) versperren uns sozusagen den Blick auf Gott, wenn wir sie absolut setzen. Die Welt des Dualismus ist nur Abbild, eigentlich ist sie nicht real. Das substantielle Sein ist allein in der Einheit Gottes und dem können wir gewahrer werden, wenn wir mit Jesus lernen von allem Kreatürlichen und Geschaffenen zu lassen und unser Leben vom Tod heraus begreifen (dahingehend hatte ich an anderer Stelle ja mal ein Gleichnis Jesu ausgelegt).

Mir persönlich sind diese Gedanken allergrößte Süßigkeit und Trost. Denn ich darf in einer Welt leben, in der der Schmerz und das Leid vorübergehen wird und also sagte auch Jesus "seid Vorübergehende" (Thomasevangelium Logie 42 - iiiihhhh Gnosis...;-)). Ich fühle mich durch diese Gedanken dazu befreit anderen Menschen wirklich ein Segen sein zu können, denn ich kann ihnen ja wirklich gut tun, ihnen Freude bereiten und Lächeln in ihre Gesichter zaubern und da, wo das Leid sich festgesetzt hat, wird es sich schlussendlich doch lösen müssen, denn substantiell in Gott hat es kein Sein.

So darf ich, solange ich in diesen weltlichen Strukturen wandle, helfen die Welt ein bisschen schöner zu machen, ohne an ihr hängen zu müssen und das ist es, was Gott meinte, als er uns die Erde untertan machte und uns mit ihrer Bewahrung beauftragte...

LG
Provisorium