Wozu sind Geschichten da? Sicher, man kann darüber forschen, was wann, wer und zu welcher Zeit wie und weshalb gehandelt und gesagt hatte. Aber was wissen wir wirklich darüber? Gibt eine solch kurze Erzählung von ein paar Versen das Leben eines Menschen wieder? Gibt es schlussendlich nur eine historische, eine geschichtliche Bedeutung? Oder will man sie theologisch begründen, dass man fast meint, wenn Judas nicht verraten hätte, wäre Jesus nicht hingerichtet worden, dass das ganze Schicksal Jesu in den Händen Judas war?
Erstarrt nicht eine Geschichte darin, wenn man sie in der Zeit festhalten will, ja, wenn man sie sozusagen am Kreuz, dem Äussersten festnageln will? So und so ist es, nicht anders! Gibt es denn nur die eine theologische, historische oder gar politisch motivierte Bedeutung?
Ist nicht auch das fixieren einer theologischen Bedeutung auch ein festnageln des Geschehen, so dass es heute gar nicht mehr leben kann? Damals war es so, aber heute?
Aber Geschichten, Überlieferungen wollen und sollen leben, wie „wahr“ oder unwahr sie auch immer sind. Sie wollen etwas aussagen. Sie wollen etwas weiter geben. Und das, was sie weitergeben wollen ist doch der Kern, weniger ob nun hier zum Beispiel dieser Mensch Judas Ischkariot (Isch =(hebr) Mann, Mann aus Kariot, Ariot?) böse oder gut ist, gerecht oder falsch, gerettet oder verflucht. Das liegt doch nicht in unserer Kompetenz, solches auszusagen.
Nein, es geht nicht darum, Menschen zu verdammen oder selig zu sprechen. Sondern diese wollen leben und uns etwas weitergeben, was für das Leben hilft.
Judas Iskariot, der Verräter, oder besser gesagt, der übergibt, abgibt, überlässt. Die Bedeutung als Verräter ist da eher subjektiv, welcher Judas einen Stempel aufdrücken will.
Judas, der die Finanzen verwaltete, der lieber das Duftöl für die Armen verkaufte, als das es da für Jesus gebraucht wurde. Judas, der nicht ganz ehrlich war und ab und zu sich etwas Geld aus dem Beutel „borgte“, so nach der Überlieferung.
Judas, der auch wahrscheinlich auch geschrieen hatte: Hosanna dem Sohne Davids, gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn, und so mit dem Volke in Jesus das Kommen des Königs Davids erwarteten, es auf Jesus bezogen, und alles, auch das Leben dafür gegeben hätte. Ja, das war wahrlich ein Höhepunkt, das Reich zum Fassen nah.
Judas, der beim Abendessen fast fassungslos und ungläubig Jesus fragte, ob er es nun sei, der ihn überlieferte. Er konnte es nicht fassen, denn er meinte es eigentlich „gut“.Judas, der daran verzweifelte und scheiterte, was danach geschah. Auch die andern Jünger wollen nicht wahrhaben was da geschieht, nicht nur Judas.
Judas, der sah das Äussere, diese Welt. Seine Bestrebungen und Bemühungen waren dahin gerichtet. Er verstand die Botschaft Jesus vom Reiche der Himmel Gottes nicht auf diese Art, so dass sie nicht in diese Welt passte. Das Jenseitige, welches Jesus verkündete, passte für ihn nicht in diese Welt. Er will hier und da, und zwar jetzt. Es muss alles einen Nutzen, einen Zweck haben. Ja, sogar seine Silberlinge, das er dafür bekommt, bezwecken schlussendlich etwas. Das besagt nichts über seine Liebe zu Jesus aus, denn er liebte in gewiss, und er strebte dieses Reich auch gezielter als die andern Jünger an.
Und so „verkauft“ er Jesus für seinen Zweck und seine Ziele, merkt das Scheitern und erhängt sich. Er kann für sich das Jenseitige nicht mit dem diesseitigen verbinden, stattdessen trennt er.
Und irgendwie ist es doch auch heute noch so, wie fromm man auch sein mag. Diese Haltung, diese Gesinnung. Jedes Mittel wird da auf einmal durch den Zweck geheiligt. Wo der Zweck, das irdisch Gesinnte höher steht als die Liebe, das Göttliche soll die Absicht „gehängt“ werden. Das Menschliche, das Lieblose, das nicht Wahrnehmen des Jenseitigen hat keinen Bestand. Das Eigene hat keinen Bestand.
Müssen wir so nicht auch Dinge im Leben mal an den „Galgen“ hängen, damit wir nicht erstarren? Uns in der Begeisterung für Gott wieder mal von unserer Vorstellung lösen: „wie es, oder gar ER sein soll“. So und genau so muss es sein, so musst du leben, so musst du glauben. Es erstarrt, lässt nicht leben, es tötet. Wir verkaufen Liebe um der Ehre willen, verkaufen Arbeitskollegen für den eigenen Ruhm, verkaufen die Ehe um des Erfolges, der Karriere oder was weiss ich, willen, verkaufen Kinder, der sogenannten Freiheit willen ..... usw, es nimmt uns gefangen, oder wie es heisst, dass Satan, der Versucher in einen fährt, die Besessenheit der eigenen Wahn-Vorstellung. Aber es wird keinen Bestand haben.
So leben diese Menschen durch diese Geschichten auch heute noch im Menschen, wenn sie etwas bewirken.
Lehit
Alef
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