Nun, ich weiß es nicht 100% ig lieber Victor. Fakt ist doch, dass er dann aus dem Gesichtsfeld der Geschichte verschwindet und auch die geschichtliche Überlieferung in Bezug auf Aussagen der Jünger zu Jehudah ziemlich deutliches stillschweigen bewahren. Das macht schon etwas stutzig. Schon von seinem Tod gibt es ja bekanntlich zwei Versionen.

Was könnte man Jehudah vorwerfen, was ist eine Schande gewesen? Sein Selbstmord? Ja, das wäre eine Möglichkeit, wenn man diesen aus niederen Beweggründen annimmt.

Hier ist einfach zu viel Spekulationsraum offen, der nichts ernsthaftes und gesichertes zu Tage fördert.

Was man sagen kann und hier lassen uns die Evangelien nur ganz vorsichtig noch etwas erahnen, Jehudah genoss einst größtes Vertrauen bei seinem Rabbi und er war wohl der engste Weggefährte - zumindest eine Zeitlang - von Jesus und er war zugleich auch einer der Wegbereiter dafür, dass Jesus seine Mission ausführen konnte. Gut möglich, dass sich gerade bei letztem Punkt die "Geister" schieden.
Doch man bedenke, ausnahmslos alle Jünger haben Jesus den Rücken zugewandt. Die große Mehrheit noch zu Lebzeiten, der kleine Rest kurz vor seinem Tod oder kurz danach. Das wirft große Fragen auf und lässt erahnen wie umstritten Jesu Selbstanspruch war. Doch auch hier schweigen bedächtig die Überlieferungen, doch so manches hat sich eben doch in Fragmenten erhalten und wie Luther schon richtig erkannte, die Frau Jesu (auch Luther war z.B., wie auch die große Mehrheit der apostolischen Väter, fest davon überzeugt – übrigens bis zu seinem Tod und das aus gutem Grund – das Jesus verheiratet war), war hier wohl einer der große Auslöser für den inneren Streit unter der Jüngerschar. Doch das wird dann ebenfalls zur Mutmaßung, weil hier die Quellen schweigen oder gar zu widersprüchlich sind.

Es bleiben viele Rätsel um die historische Person Jesu und sie werden wohl auch ungelöst bleiben, weil die Person Jesu in seiner Zeit eben keine historische Größe war, von denen Geschichtsschreiber etwas vernahmen. Ja und von den Jüngern Jesu besitzen wir leider nichts Authentisches mehr, nur Überlieferungen von Überlieferungen.
Doch das was wir haben reicht eigentlich aus, um uns einen guten Eindruck und ein doch ziemlich komplexes Bild von der Person Jesu, seiner religiösen Welt, seiner Mission und seinem Selbstbewusstsein zu machen. Alles Andere ist im Endeffekt dann doch eher für die Religionsgeschichte nebensächlich.

Ich denke Jehudah musste nur all zu lange seinen Kopf für etwas hinhalten, dass Jesus selbst erklärend verneint: Niemand nimmt mir mein Leben, es sei denn ich gebe es hin. Das ist die Generalfreisprache für alle Beteiligten an diesem Szenario, egal ob Römer, jüdische Kollaborateure oder die Gruppe der Jünger.

Damit könnte man eigentlich die „Akte Jehudah“ schließen, doch leider wollen viele das nicht.

Samu