Einladung am Abend


Es wird Abend.
Ein Tag geht wieder zu Ende.
Und während ich hier sitze, versuche ich, alle Eindrücke und Geschehnisse des Tages, alle Gedanken zu sortieren.
Und plötzlich versuche ich mir vor zu stellen, wie es wohl am Abend war, wenn du Adam und Eva, die ersten Menschen, besucht hast.
Ich sehe hinauf in den Sternenhimmel und vermisse dich.
Wie es wohl war, wenn du deine Menschen besucht hast? Ich meine zu der Zeit, als es noch in Ordnung war.
Ob du mit Adam über den Tag gesprochen hast? Oder mit Eva über die Fürsorge der Tiere im Garten?
Oder haben sie beide zu deinen Füßen gesessen und dir gelauscht, wenn du mit ihnen über dich sprachst?
Liebe ist ein großes Wort... sich vertraut sein, Vertrauen zu einander zu haben, glauben, wissen, dass das, was du deinen Menschen sagst, wahr ist- ob Eva verstanden hat?
Gehorsam ein Wort, das schwer zu leben scheint... aus Liebe zu vertrauen, zu tun, was du sagst, ohne Zweifel oder eigene Pläne- ob Adam dein Gebot, das einzige damals, begriff?

Gnade ein Wort, dass ich nicht verstehe, so gebe ich zu, auch wenn ich mich so sehr bemühe.
Ob es Gnade ist, dass du die Sonne jeden Tag neu aufgehen lässt? Ja.
Ob es Gnade ist, dass du versprochen hast, deinen Zorn nie wieder wie in der Sintflut über uns Menschen zu zeigen, obwohl keine Sekunde vergeht, in der für dich schreckliche Dinge von Menschen passieren? Ja.
Ob es Gnade ist, dass du immer noch rufst- kehr doch um zu mir? Ja.
Beschämt sitze ich da und mir wird klar- du bist hier, denn du bist frei von Raum und Zeit.
Du bist, der du bist- und ich biete dir einen Platz an, hier bei mir.
Wie die ersten Menschen damals, verstehe ich nicht, was du sagst. Sehe nicht, was du zeigst.
Liebe, Gehorsam, Zorn, Gerechtigkeit- ich versuche zu verstehen, aber werde ich das je?
Es gibt so viele Diskussionen, wie oder wer du bist; was du von Menschen möchtest oder was in der Zukunft noch passieren wird.
Vater, manchmal macht mir das Angst. Das Vergangene kann ich nicht ändern, wie ich auch den Moment in deiner Gegenwart nicht festhalten kann und wenn ich versuche das Morgen zu planen, sind meine Gedanken überfordert...
So sitze ich hier am Abend und was mir bleibt, ist am Ende nur eines.
„Bleibe bei mir, Herr, denn es will Abend werden. Jetzt und für alle Zeit, lehre mich Vertrauen, weil ich nicht verstehe. Lehre mich lieben, weil mein Herz viel zu kalt ist. Lehre mich, hier zu sitzen Abend für Abend und deine Wunder zu erkennen.“
Und ich stehe auf, seltsam berührt von diesem Gespräch nach einigen Minuten.
Wie herrlich muß es damals für Adam und Eva gewesen sein, solche Gespräche mit dir zu führen.
Und in meinen Gedanken steigt ganz leise deine Stimme auf: „Ich lade dich ein, komm her, immer wieder zu mir.! Vertraue mir."