Psyche oder Leben (Zoe)

Mt 20,27 und wer irgend unter euch der Erste sein will, soll euer Knecht sein; 28 gleichwie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.

Hier steht das griechische Wort Psyche, und nicht das griechische Wort Zoe für Leben.

... sondern um zu dienen und Seine Psyche als Löse(geld) für viele zu geben.

Die Psyche (gr. mythol. die Gattin des Eros (Urheber aller Zeugung), der Liebe und gebar ihm die Tochter Boluptas, die Lust) meint das Seelenleben, das Wesen, die Eigenart und Persönlichkeit, den Erfahrungen, das Bewusstsein mitsamt den Gefühlen und den bewussten und unbewussten inneren Vorgängen; kurz gesagt das ICH, das SEIN.

In der LXX wird mit Psyche das hebräische Wort Nefesh wiedergegeben. So steht es, dass der Mensch eine lebende Seele wurde, also er hat nicht einfach eine Seele, er IST eine lebende Seele, aber auch die Tiere haben Nefesh. Auch das NT verwendet im Off 8,9 das Wort Psyche für das Leben der Tiere. Psyche meint die Lebendigkeit, die Kraft des Lebens.

Weiter besitzt der Mensch auch die Neschamah (Odem), den göttlichen Hauch, die Ruach (gr. pneuma), den Geist und weiteres. Und Gott schuf den Menschen, und er sah, dass es sehr gut war. Es ist wichtig zu erkennen, dass das ursprüngliche, das was Gott schuf, sehr gut war und keiner Korrektur bedurfte.

Zoe meint meistens und oft in Verbindung mit äonisch zusammen das ewige Leben, oder das wirkliche, wahre und sinnerfüllte Leben, wörtlich einfach das Leben.

Lösegeld, gr luton, von luo: etwas lockern, lösen, schmelzen, ablösen. Somit steht hier nicht direkt, dass Jesus sein physisches Leben als Lösegeld hergibt, resp. dass sein Tod das Lösegeld (Opfer) sein soll.

Mt 16,25 Denn wer sein Leben (Psyche) erhalten will, der wird’s verlieren; wer aber sein Leben (Psyche) verliert um meinetwillen, der wird’s finden. 26 Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele (Psyche)? Oder was kann der Mensch geben, damit er seine Seele (Psyche) wieder löse?
Lk 17,33 Wer sein Leben (Psyche) zu retten sucht, wird es verlieren; und wer es verliert, wird es erhalten.
Jo 12,25 Wer sein Leben (Psyche) lieb hat, der wird’s verlieren; und wer sein Leben (Psyche) auf dieser Welt haßt, der wird’s erhalten zum ewigen (äonischen) Leben (Zoe) (äonisches Leben ist ein Leben in einem bestimmten Äon, Zeit).

Soll nun sein Leben gehasst werden? Ist das die Absicht Gottes mit dem Menschen, ein Leben, welches das Leben verneint und verabscheut? Eltern und Geschwister hassen (Lk 14,26)? Selbstkasteiung? Askese? Können solche Menschen überhaupt eine gute, frohe und freimachende Botschaft in diese Welt bringen? Bringt das Frieden in die Welt? Liebe deinen Nächsten wie dich selbst steht da konträr dazu.

Man darf nicht vergessen, dass der Mensch einmal gut war, ja, sehr gut wurde alles gemacht. Nur sucht nun der Mensch das eigene, er will sich selber verwirklichen, will autonom sein, von Gott gelöst, er sucht die Erfüllung in dieser scheinbaren Welt. Das Ziel ist verschoben. Dies kommt ja auch aus dem Kontext in Matthäus heraus, die Welt gewinnen, das Trachtet nach Äusserlichkeiten.
Wenn nun steht, dass die Psyche dahingegeben wird, so ist nicht ein Martyrium gemeint. Nicht dieses Gute, was Gott im Menschen schuf, soll vernichtet und negiert werden, denn der Mensch soll ja leben, sondern das, was dieses Sein verdirbt. So umfasst es wesentlich mehr, es stellt das eigene Ich zurück, es richtet das Sein, das ICH nach dem Ewigen aus (Umkehr), gibt das Eigene zugunsten des andern auf. Er gibt seine Überzeugung zugunsten des andern auf. Eine Art Selbstverleugnung, wie auch in Vers 24 erwähnt wird. Oder einfach wieder zum Ursprünglichen zurück. Die Psyche umfasst uns als ganzen Mensch, mit allem Sein, den Sinnen und dem Ich. Dieses gilt es, zurückzustellen, denn dieses steht ja dem Göttlichen im Widerspruch, da sie das Irdische sucht, das Bequeme, das Äussere.

Wenn nun die Psyche sich mit Eros verbindet, und die Lust gebiert, so kommt dies der eigentlichen Bedeutung und Aussage sehr nahe. Diese Auslegung entspricht auch viel mehr dem ursprünglichen Denken und den Aussagen der Tenach, wo das Trachten des Menschen nach Vielfalt und Fortschritt ist, als ein zur Ruhe kommen im Ewigen. Dazu gab Gott ja auch den Sabbath, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern.


Jo 15, 13 Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben (Psyche) läßt für seine Freunde. 14 Ihr seid meine Freunde, so ihr tut, was ich euch gebiete.

Hier bestätigt sich diese Betrachtungsweise, indem man das tut, was Jesus lehrt, und seinen Egoismus mit seinen eigenen Ansichten und Anliegen, seiner Gesinnung zurückstellt, hinter sich lässt. Darin zeigt sich die Liebe. Es geht nicht primär darum, das eigene physische Leben zu opfern, sondern in diesem Leben die „Ewigkeit zu leben“, ein nach Gott ausgerichtetes bejahendes Leben führen.

So ist der „psychische“ Mensch (1. Kor 2,14) der fleischliche, natürliche Mensch. Es meint somit nicht das Fleisch in dem Sinn, dieses körperliche Hier-Sein, oder gar, dass der Körper grundsätzlich schlecht sei, sondern das sinnliche, das auf das Auge bezogene, die Lust und das begehren auf Äusserliches, die Ich-Bezogenheit des Menschen, im Gegensatz zum „geistlichen“ (pneuma) Mensch, der nach dem Willen Gottes lebt.


Was das mit jüdischem Glauben zu tun hat? Genau davon erzählt ja die Tenach, der Baum der Erkenntnis, Mizrarjim, die Vielfalt und der Genuss mit dem Knoblauch, aber auch dem verlassen von Ägypten und sich auf den Weg durch die Wüste nach Zion, dem Ewigen machen.


Lehit

Alef