Das sehe ich ja durchaus auch so, aber die Frage die sich uns dann stellte war die nach der "Idee Gottes". Warum hat der Mensch diese Idee entwickelt und ihn, in Deinen Worten, als substantiell Seiend begriffen?
Das ist die große Frage, musste der Mensch überhaupt die „Idee Gottes“ entwickeln? War sie nicht schon lange vor dem Menschen da und ist mit dem Dasein des Menschen zur inneren und äußeren menschlichen Gewissheit geworden, weil der „Initialfunken Gottes“ in ihm bereits existent ist.
Ja mehr noch, schaut man sich „primitive“ Naturvölker an, so stellt sich bei diesen überhaupt nicht die Frage nach „Gott / Göttern“, sondern Göttlichkeit wird als natürliche Gegebenheit empfunden und erlebt und dies viel weniger in Kulthandlungen als in der Natur.
Könnte es sein, dass der sog. zivilisierte Mensch, seine Empfindungen und sein Bewusstsein für die schöpferische Wirklichkeit Gottes in der Natur verloren hat? Ich glaube ja.



Ich gehe dabei von einer völlig natürlich Genese der "Idee Gottes" aus, die der Mensch in der Auseinandersetzung mit den Naturphänomenen (und nicht ausschließlich nur Naturgewalten) und aus diesen Phänomenen heraus entwickelt hat und Zeuge vertritt die Auffassung, dass sich Gott auf übernatürliche Weise, per Sprache, Erscheinung oder ähnliches einzelnen Menschen offenbart hat, die dann von ihm erzählten und erst dadurch mit der "Idee Gott" bekannt wurden.

Das wurde dann anhand des Schöpfungsberichtes erläutert und diskutiert.
Ich gehe davon aus, dass Göttlichkeit sich auf verschiedensten Ebenen unseres Daseins manifestieren kann. So kann es auf übernatürliche Weise geschehen, auf ganz menschliche Weise oder eben auf ganz natureller Ebene. Die Frage ist doch, darf Mensch „Gottes“ offenbar werden klassifizieren, festlegen, einengen, formatieren, etc? Die Vielfalt des Seins schließt eigentlich solches Verhalten aus! „Gottes“ Schöpfung ist eben nicht im Einheitsgrau geschaffen, sondern in einer unglaublichen Farbenpracht, Vielfalt des Seins, also ein Spiegelbild dessen was eventuell „Göttlichkeiten“ bedeutet, eben Vielfalt des Seins. Wer vermag schon „Gott“ oder „Göttlichkeiten“ zu erfassen?

Ich persönlich schätze gerade die Schöpfungsgeschichte sehr, wobei mir schon bekannt war, dass sie sich aus dem Gilgamesch-Epos heraus entwickelt hat. Deine weiteren Erläutungen waren mir allerdings neu und dafür möchte ich Dir herzlich danken, zeigen sie doch meiner Meinung nach, dass auch die Bibel ihre ganz natürliche Entstehungsgeschichte hat und es keinen Grund gibt andere Schriften, aus anderen Kulturkreisen, geringer zu achten.
Ich sehe den Schöpfungsbericht als das an, was er ist, ein Erklärungsmodell alter Kulturen für die ewig währende Frage nach dem Woher und Warum, nach dem Wie weiter und Wohin.

Das die Schriften der Bibel eine ganz natürliche Entstehungsgeschichte vorzuweisen haben ist eigentlich klar und die Textforschung hat wohl die große Mehrheit der Fragen zur Historie der Schriftentstehung geklärt. Keine Schrift dieser Welt – auch keine sog. heilige Schrift – fällt einfach mal so vom Himmel, sondern ist ein Werk mit einer überaus langen Entstehungsgeschichte. Spannend finde ich an der Bibel insbesondere die vielfältigen kulturellen / religiösen Einflüsse verschiedenster Kulturkreise des vorderen und mittleren Orients, die sich in den jeweiligen Schriften sehr deutlich nachvollziehen lassen. Und gerade hier hat die Bibel eine unglaubliche menschliche Bedeutung in seiner Gesamtheit, denn in keinem Buch der Welt finden so viele verschiedene kulturelle und religiöse Menschheitserfahrungen, Gebräuche und Sitten, Kulthandlungen, soziale Gegebenheiten, politische Verhältnisse, etc, etc, zusammengefasst. Wer die Schriften der Bibel aufmerksam liest, dem begegnet ein ganz gewichtiger Teil der Menschheitsgeschichte des vorderen und mittleren Orients bis hin in zu den antiken Hochkulturen Südeuropas. Allerdings darf man dabei eben nicht außer Acht lassen, es ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus der Menschheitsgeschichte, den die große Mehrheit der religiösen und kulturellen Erfahrungswelten anderer Kulturen außerhalb des Orients, Nordafrikas und Südeuropas, berühren diese nicht und sind ihnen auch fremd. Doch erstaunlich ist, dass andere Kulturen und ihre Religionen ganz ähnliche Antworten, Sitten und Gebräuche entwickelten. Hier zeigt sich dann doch, dass ein gewisses Grundbewusstsein allen Menschen inne wohnt, welches letztlich zu ganz ähnlichen Rückschlüssen führt. Das bedeutet aber eben auch, es gibt nicht die Wahrheit, sondern Wahrheiten, nämlich Wahrheiten, die für Menschen – ganz unabhängig von ihrer kulturellen und religiösen Prägung – gelten. Einige davon sind die Wahrheiten, dass wir alle der Liebe bedürfen, dass wir alle Leben wollen, dass wir alle der vielfältigen Frage nach dem Woher und Wohin nachfiebern, dass wir alle eine tiefe Sehnsucht nach dem unfassbaren „Gott“ haben, dass wir letztlich alle sterben werden und tagtäglich dieses Bewusstsein in uns tragen, etc, etc. Und genau in diesen Wahrheiten sehe ich „Gott“ und nicht in vergänglichen Theologien, die sich von Epoche zu Epoche wandeln oder gar wie schon so viele Religionen mit diesen verschwinden.

Absalom