@Zeuge
Also auf die „Idee Gott“ zu kommen (und da gebe ich Seleiah völlig Recht), ist sicher so alt wie die Menschheit selbst. Diese Idee scheint aber offensichtlich einer Evolution zu folgen, so wie der Mensch einer Evolution folgt.

Naturvölker hatten Naturgötter in denen sich deren Liebe und Verbundenheit mit der sie umgebenden Welt ausdrückte, aber auch konkrete Ängste und Bedrohungen einen Abfluss fanden. Viele Naturphänomene, für die wir heute ganz natürliche Erklärungen haben, mussten selbstverständlich auch schon in der Zeit vor der Entdeckung ihrer natürlichen Ursache gedeutet werden und wenn die Erde von einem Beben erschüttert wurde, oder Blitz, Donner und Hagel über diese Menschen hereinbrach, lag es doch sehr nahe, dies einer höheren Macht zuzuschreiben.

Zu der Vorstellung, dass man sich diese höheren Mächte gnädig stimmen müsse, ist es meiner Meinung nach dann nicht mehr sehr weit und hier dürfte auch der Grund zur Entstehung von Ritualen und Kulten zu suchen sein.
Allein das Phänomen Tod und Krankheit zwingt ja geradezu die Vorstellung auf, dass man einer höheren Macht unterstellt ist. Und wenn man daran denkt, dass das Überleben der Gruppe damals sehr viel mehr auch vom Überleben des Einzelnen abhing, war die Hilfe der Götter natürlich von herausragender Bedeutung.

Sicher könnte man zu diesem Thema noch sehr viel fundierter und ausführlicher schreiben, aber ich denke auch diese kurzen Beispiele zeigen schon recht deutlich auf, dass die „Idee Gott“ einer völlig natürlichen Genese folgt.

Das die jeweiligen Vorstellungen über diese Götter dann in Konkurenz zu- und miteinander weiteren Veränderungen unterworfen waren und sich z.B. vom Polytheismus zum Monotheismus hin veränderten, halte ich für ebenso natürlich.

Das diese positiven Gottesbilder veränderlich sind und der kulturellen Veränderung der Menschen folgen, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die „Idee Gott“ beweist, dass es keinen Gott gibt, sondern eben nur Vorstellungen/Phantasien/Sehnsüchte der Menschen über ihn; vielmehr macht es deutlich, dass man Gott so wie er Gott ist, nicht in Bildern/Gedanken/Vorstellungen festhalten kann.

Bilder/Gedanken/Vorstellungen, also auch die Bibel, um mal beim ursprünglichen Thema zu bleiben, sind „Hilfsmittel“ um sich Gott begreiflich zu machen, seinen angeblichen Willen herauszuinterpretieren, sie können aber Gott nicht unverhüllt, nicht so wie er tatsächlich Gott ist schauen.

Der Mensch ist zuvorderst ein spirituelles Wesen, Gott ist uns transzendent. Unsere Spiritualität dieser Transzendenz zu öffnen, damit Gott in den Seelengrund des Menschen geboren wird ist Ziel der negativen Theologie, die keine positiven Gottebilder mehr kennt und entsprechend auch keinen Streit mehr über Gott.

In Zeiten von Massenvernichtungswaffen und zunehmend heraufbeschworenem „Kampf der Kulturen“ sollten wir uns vielleicht von der „Idee Gott“ verabschieden, um ihn bildlos, im Sinne einer negativen Theologie, in unserem Innersten offenbar werden zu lassen...

LG
Provisorium