@Zeuge
Ich danke Dir für die Erläuterung Deines Verständnisses der in 1.Mose 1ff beschriebenen Ereignisse. Ich kann Deinen Gedanken glaube ich soweit folgen, aber warum bringst Du 1.Korinther 3, 18 in Verbindung mit dem Bild Gottes in dem wir geschaffen sind und einer neuen Denkweise?
Ich zitiere den Vers mal im Sinnzusammenhang (1.Korinther 3, 16-18):Wißt ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid, und daß der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr. Niemand betrüge sich selbst! Wenn jemand unter euch sich für weise hält in dieser Weltzeit, so werde er töricht, damit er weise werde!
Das wir im Bild Gottes geschaffen sind, interpretiere ich durchaus auch aus den Worten des Paulus. Wir sind der Tempel Gottes, Gott wohnt in uns, im Innersten unserer Seele, dadurch sind wir alle substantiell mit Gott "verbunden". Das bezieht sich meiner Meinung nach aber zunächst mehr auf unser Sein, als auf unsere Art zu denken. Natürlich resultiert aus dem Sein auch das Denken, was Paulus mit seiner Mahnung sich nicht zu betrügen auch noch ausführt, aber zunächst geht es um die Heiligung des Tempels und erst danach und daraus resultierend um das Denken.
Interessant finde ich in diesem Zusammenhang den Bericht aus Johannes 2, 13-16, der so genannten Tempelreinigung: Und das Passah der Juden war nahe, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem. Und er fand im Tempel die Verkäufer von Rindern und Schafen und Tauben und die Wechsler, die dasaßen. Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus, samt den Schafen und Rindern, und den Wechslern verschüttete er das Geld und stieß die Tische um; und zu den Taubenverkäufern sprach er: Schafft das weg von hier! Macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus!
Ich persönlich interpretiere die Worte so, dass eine Gemeinschaft den Tempel besetzt hielt, dort Handel trieb und sich im Sinne einer durchaus modernen Gesellschaft einander begegnete. Es ist alles da, was man zum Leben braucht, der Markt, Banken, Landwirtschaft (das tägliche Brot) und soziales Miteinander, eben Gemeinschaftssinn.
Jesus aber wird regelrecht aggressiv und treibt alle und alles, und das durchaus gewaltsam, aus dem Tempel hinaus. Warum?
Er sagt, wir sollen den Tempel nicht zu einem Kaufhaus machen, nicht zu einer Stätte des Handels, der alltäglichen Sorgen und Besorgungen, das muss alles raus. Der Tempel, das Innerste unserer Seele soll leer sein, frei jeglichen Treibens. Wenn wir Gott im Innersten unserer Seele begegnen wollen, dann darf im Tempel nichts sein, nichts hat darin Platz, auch keine Denkweise. Aller Bilder ledig sollen wir Gott begegnen – eben negative Theologie.
Du hast geschrieben: Ich glaube nicht daß in 2:7 die Wiederholung von 1:27 ist, sondern die Fortsetzung. Denn in 1:29 sagt Gott zu den Menschen:"Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen."
Hier teilt Gott den Menschen mit, daß sie den Wachstum in der Pflanzenwelt beeinflußen können, da sie sich alle durch Samen vermehren. Die Tiere dagegen haben diese Erkenntnis nicht, und können den Wachstum der Pflanzen nicht bewußt beeinflußen.
Ich finde hier tust Du den Tieren aber gewaltig Unrecht. Man denke nur an die fleißigen Bienchen, die sich bewusst, durch ihren Schwänzeltanz, gegensseitig darüber informieren, wo es den leckersten Nektar abzustauben gibt und dabei auch noch die Blüten bestäuben, damit die Pflanze überhaupt Frucht tragen kann. Wir Menschen könnten die Arbeit der Bienen überhaupt nicht übernehmen. Darum sagt man ja auch: Erst sterben die Bienen, dann stirbt der Mensch...
Du hast geschrieben: Da die/der "Schlange", der listiger war als alle Tiere des Feldes, die Frau anspricht, war die Sprache bereits bei den Kriechtieren der Menschheit entwickelt. Sonnst könnten die Menschen ja die Mitteilung Gottes in 1:29 nicht verstehen.
Du interpretierst diese Szene tatsächlich wortwörtlich und glaubst, dass eine Schlange mit Eva gesprochen hat? Akkustisch, vermittels gesprochenen Wortes? Das ist, ich sage mal, kühn.
Warum sprechen Tiere denn heute nicht mehr? Wegen dem Sündenfall, oder der babylonischen Sprachverwirrung vielleicht?
In 1. Mose 1,29 steht übrigens nicht, dass der Mensch das zu ihm gesprochene Wort auch verstanden hat und wenn er (wie Du dargelegt hast) zu diesem Zeitpunkt lediglich biologisch geschaffen, aber eigentlich noch Tier war und erst in 1.Mose 2,7 zur lebendigen Seele wurde, sehe ich auch keinen Anhaltspunkt, dass der Mensch schon Sprache hatte.
Lieber Zeuge, was die Genese der „Idee Gottes“ betrifft, werden wir wohl nicht mehr überein kommen. Ich finde Du verkomplizierst bei diesem Thema unnötig. Wenn ich ein Phänomen aus ganz natürlichen und vernünftigen Gründen heraus, vollständig erklären und mit einem Begriff benennen kann, dann ist es meiner Meinung nach völlig unnötig, die natürliche Erklärung zu Gunsten einer übernatürlichen aufzugeben.
Zur Verdeutlichung komme ich nochmal auf das Beispiel mit den Naturgesetzen und der Schwerkraft zurück. Wenn ich die Schwerkraft aus vernünftigen und berechenbaren, logischen Gründen heraus, vollständig natürlich erklären kann und als Gesetzmäßigkeit definieren, dann kommt man der Wahrheit nicht näher, wenn ich hinter der Schwerkraft ein bewusstes, übernatürliches Wesen annehme, dass diese Gesetzmäßigkeit erst noch herstellen muss.
Stichwort – Ockhams Rasiermesser... http://de.wikipedia.org/wiki/Ockhams_Rasiermesser
LG
Provisorium
Lesezeichen