@Zeuge

Nur weil der Mensch, egal ob allein oder als Mikrogesellschaft, also als Mann und Frau, im Bilde Gottes geschaffen sind, heißt das doch noch lange nicht, dass er/sie Gott erkennen können, so wie er Gott ist. Sie machen sich lediglich ein Bild von ihm, verleihen ihm so weltliches Sein und verfestigen ihren gedachten Gott in den weltlichen Strukturen, z.B. in Form einer bestimmten Religion. Vielleicht sind sie ja sogar in ihrer Vorstellung über Gott sehr nahe an dem dran, was man so Wahrheit nennt, aber Gott ist vermöge unseres Erkenntnisapparates nicht zu erkennen und nicht zu bestimmen und niemand kann eine gültige Aussage darüber treffen wer/was/wie Gott ist. Er ist unerkannt und bleibt unerkannt und wird nie erkannt werden.

Vielleicht kann man so etwas wie den Schatten Gottes erkennen, ich nenn das mal das Göttliche, aber so göttlich manche Dinge, Ereignisse, Situationen auch immer sein mögen, sie sind nicht mit Gott identisch, so wie er Gott ist. Das ist doch auch kein Mangel, oder weiter verwunderlich, ist unser Erkenntnisvermögen doch kreatürlich, vergänglich, beschränkt und nicht vollkommen. Selbst in den weltlichen Strukturen gelingt es uns nicht einmal so etwas alltägliches wie Materie eindeutig zu bestimmen und da willst Du mit dem gleichen, eingeschränkten Erkenntnisvermögen Gott erkennen?

"Mein Sohn, wenn du meine Reden annimmst, und meine Gebote bei dir verwahrst,indem du der Weisheit dein Ohr leihst, dein Herz dem Verständnis zuwendest,
ja, wenn du den Verstand anrufst, zum Verständnis erhebst deine Stimme,
wenn du sie suchst wie Silber und wie Schätzen ihm nachspürst,
dann wirst du verstehen die Furcht des Herrn und die Erkenntnis Gottes gewinnen." (Spr. 2:1-5)
In meinem Verständnis geht es bei diesem Spruch um Menschen, die im ganzheitlichen Streben von Emotion, Gefühl (also mit ganzer Seele) und mit ihrem Verstand und Erkenntnisvermögen, der Weisheit nachspüren und dabei verstehen lernen, dass sie Gott niemals in Gänze begreifen können (du wirst verstehen die Furcht des Herrn) und gerade darin erkennen, dass sie Gott nicht erkennen können und also fürchten müssen.
Denn die Furcht des Herrn ist erst der Anfang der Erkenntnis, nicht das Ende, in dem der Mensch Gott als Gott erkennen könnte, wie es in Sprüche 1,7 heißt: Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis; nur Toren verachten Weisheit und Zucht!

Weisheit und Zucht ist das Wissen über-, das Erkennen von unseren Erkenntnisgrenzen, wie auch Paulus einige Verse vor dem von Dir genannten erwähnt: 1. Korinther 13, 8-13:

Die Liebe hört niemals auf. Aber seien es Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden. Denn wir erkennen stückweise und wir weissagen stückweise; wenn aber einmal das Vollkommene da ist, dann wird das Stückwerk weggetan. Als ich ein Unmündiger war, redete ich wie ein Unmündiger, dachte wie ein Unmündiger und urteilte wie ein Unmündiger; als ich aber ein Mann wurde, tat ich weg, was zum Unmündigsein gehört. Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels wie im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.

In der positiven Theologie siehst Du Gott wie in einem Spiegel, aber es ist notwendig diesen Spiegel zu zerbrechen und von Angesicht zu Angesicht, d.h. unverhüllt, das Substantielle an mir, wie das Substantielle an allem anderen zu erkennen, um zu erkennen, gleichwie ich erkannt bin – und das ist Gott der Eine!

Den Spiegel zerbrechen heißt all das Erkannte als konstruiert, als nicht wirklich, eben als Spiegelbild zu erkennen, eben nur als Abbild der Wirklichkeit, möge sie sein was sie will, wir können nicht dahinter blicken. Viele aber putzen das Spiegelbild und betrachten sich selbst so gerne darin und glauben darin auch noch Gott zu betrachten und verfestigen ihn in einer Religion, die dann andere Spiegelbilder, andere Religionen bekämpfen und doch niemals zur Substanz vordringen und ach, so lange schon...

In der negativen Theologie ist Gott frei, möge er sein was er will, ich liebe ihn, wie er mich zuerst geliebt hat. Und er hat mich verbunden mit sich selbst und eins gemacht, so wie ich substantiell mit Dir eins bin. Das ist es was ich glaube! Da wo keine Erkenntnis hinreicht und alles verstummt, da wo Spiegel zerbrechen und staunend und anbetend mein Sein sich in Seines ergießt – da bin ich sein Kind, der lieben Ewigkeit vereint...

LG
Provisorium