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  1. #301
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    @dispicio

    Die Verbindlichkeit entsteht dadurch, dass ich die durch Bibel lesen gewonnen Erkenntnisse in einen gewissen Verhaltenskodex übertrage, der dann bestimmt was richtig ist und was falsch.
    Solange ich das für mich als richtig oder falsch erkannte für mich und meinen Glauben verbindlich mache, ist das kein Problem. Wenn ich aber einen Gottesstaat errichten möchte, dann sehne ich einen Staat herbei, der das so genannte Wort Gottes absolut setzt und dieses in Gesetze gießt. Wir sind uns doch einig, dass ein Staat Gesetze erlassen muss und ein Gottesstaat wird dann wohl für sich in Anspruch nehmen die Gesetze nach Gottes Willen zu formulieren. Welches Wort Gottes und welche Interpretation desselben sollte da der Maßstab sein? Die Bibel, der Koran, die Thora, die Veden...? Wie will man das dann ausformulieren? Und wie sollte das Ausformulierte dann gegenüber Andersgläubigen tolerant sein können?

    Unter Bibelgläubigen verstehe ich Menschen, die die Bibel nicht als ein Buch der Weisheit, geschrieben von Menschen, die von ihren individuellen Erlebnissen mit Gott berichten, verstehen, sondern als ein übernatürliches Werk mit Absolutheitscharakter und entsprechender allgemeiner Verbindlichkeit. In der Regel wird behauptet, das Buch sei vom Heiligen Geist inspiriert (was auch immer das genau heißen soll) und müsse entsprechend als verbindlich für alle gottsuchenden Menschen betrachtet werden.

    Auf Grundlage der Bibel wird dann das individuell Verstandene und Interpretierte auf andere Menschen übertragen.
    Fishergirl hat in ihrer ganz eigenen Art tatsächlich Milde im „Urteil über die armen, blinden Ungläubigen“ gefordert, wie Du es ausgedrückt und wohl auch selbst empfunden hast. Mehr noch, sie hat von exklusiven Eingeweihtenerkenntnissen gesprochen, die man wohl durch das Bibelstudium erlangen könne und sich durch beständiges lesen der Schrift auch mit der Zeit einstellen. Verbindlich wird es für den Gottsuchenden dann dadurch, dass der Weg zu/mit Gott eben vom lesen der Bibel und dem rechten Verständnis derselben abhängig gemacht wird.

    Würde man diese Verbindlichkeit nicht empfinden, gäbe es auch keinen Grund „Milde im Urteil über die armen, blinden Ungläubigen“ zu fordern. Man argumentiert also mit Bibelversen, weil man sie im Vorhinein für jeden anderen Gläubigen als verbindlich betrachtet und das innerhalb des eigenen Verständnishorizontes.

    LG
    Provisorium
    Geändert von Provisorium (08.08.2012 um 02:29 Uhr)

  2. #302
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    @dispicio

    Zur Veranschaulichung noch mal kurz drei Zitate von Fishergirl mit dem von mir gemeintem Verbindlichkeitsanspruch:

    .es steht ja auch in der bibel, dass ein nicht gelebter glaube, ein nicht umgesetzter geist ins leben, ein toter glaube ist.
    es ist enorm wichtig, gottes wort tiefer zu verstehen und zu begreifen, erkenntnis zu erlangen.
    doch bleibt es nur in uns oder als trockene nicht gelebte materie, kann der glaube nicht sichtbar werden.
    diese erkenntnisse und die daraus entstehende tiefe liebe muss für alle sichtbar sein, denn so können auch noch nicht
    verständige daran erleben und erfühlen, was sie grosses entdecken können.
    als christ muss man gelebtes wort werden bzw sein.

    dispicio, denk immer daran was schon in der bibel steht. es gibt die, welche das wort verstehen können und auch die,welchen das nicht gegeben ist

    doch vergess nie, dass auch du, ich auch , seleiah und luxdei usw noch lange nicht vollkommen eingeweiht sind.

    Die Autorität der Worte kommt hier nicht aus einer unverbindlichen Eigenmeinung, sondern der Eigenmeinung wird dadurch Autorität verliehen, dass sie in Verbindung mit der Bibel und aus Kenntnis der Bibel heraus geäußert wird.

    LG
    Provisorium

  3. #303
    dispicio Gast

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    Zitat Zitat von Provisorium
    Solange ich das für mich als richtig oder falsch erkannte für mich und meinen Glauben verbindlich mache, ist das kein Problem.
    Das ist richtig UND falsch. Natürlich wirst Du mit jenen "Verbindlichkeiten" deines Glaubens so lange keinen Anstoß erregen, wie Du sie nicht verwirklichst, sondern womöglich als rein spirituell betrachtest - das ist richtig. Gelebten Glauben aber als etwas rein Spirituelles zu betrachten zu wollen, übertrüge die "Verbindlichkeiten" nicht ins Leben und realisiert Deine Glaubenssätze nicht. Damit wäre der Glaube hohl und leer, ohne Auswirkung auf das Leben - das wäre falsch. Wirkliche Verbindlichkeit erfordert gelebte Praxis. Da wird es schwierig, denn hier MUSST Du Deine Glaubenssätze irgendwann auf die Nächsten übertragen. Wenn also "Gebote" wie die Unantastbarkeit der Menschenwürde oder Religionsfreiheit Gültigkeit haben sollen, MUSST Du sie als absolut setzen, sonst machte das ja keinen Sinn. Dementsprechend greift DEINE Definition vom Gottesstaat zu kurz. Du bemängelst an ihm, was Du für ein weltliches Staatsgefüge akzeptierst, das zu akzeptieren ja eigentlich auch notwendig ist, nämlich die Verbindlichkeit der Gesetze und Gebote für alle darin lebenden Menschen. Der Unterschied ist nur, dass Du eine wie auch immer staatlich legitimierte und organisierte Autorität akzeptierst, aber offenbar keine göttliche. Warum sollte Gott denn beispielsweise Religionsfreiheit verbieten? Ein Staat, der sich unter religiösen Gesichtspunkten organisiert muss doch nicht zwangsweise intolerant sein - im Gegenteil. Du fragst, wie man die Gesetze eines solchen Staates ausformulieren will. Was glaubst Du, woher Begriffe wie Menschenwürde und Toleranz Andersdenkenden gegenüber kommen. Woher hat die Menschheit ihre Moral, nach der Staatsgefüge eingerichtet wurden? Das Wort Gottes mit seinen Verbindlichkeiten auszulegen, ist natürlich Sache der Allgemeinheit und nicht in erster Linie die von Spezialisten, die Vorschriften erlassen. Jedenfalls nicht mehr, als es jetzt schon der Fall ist durch unsere politischen Instanzen wie Parlament und Gesetzgebung.

    Zitat Zitat von Provisorium
    die Bibel [...] als ein übernatürliches Werk mit Absolutheitscharakter und entsprechender allgemeiner Verbindlichkeit. In der Regel wird behauptet, das Buch sei vom Heiligen Geist inspiriert (was auch immer das genau heißen soll) und müsse entsprechend als verbindlich für alle gottsuchenden Menschen betrachtet werden.
    Und wo liegt da der Unterschied zur Betrachtung der Bibel als einem Buch der Weisheit? Durch was anderes wäre ein solches Buch denn Weise, wenn seine Inhalte nicht von allgemeiner Gültigkeit wären? Ein Bibelgläubiger, und da ginge ich mit Dir konform, wäre jemand, der an das Buch als Quelle Gottes und nicht umgekehrt an Gott als Quelle der Weisheit des Buches glaubt. Dieser Glaube wäre falsch. Er manifestierte sich in der Annahme, es gäbe nur eine richtige Möglichkeit der Auslegung - eben die göttliche – und setzt voraus, man hätte sie erkannt. Aber wer glaubt das so stur? Ich fragte nicht umsonst, wen hier im Forum an dieser Diskussion Beteiligten Du als in der von Dir beschrieben Form als Bibelgläubigen bezeichnen würdest. Damit es konkret wird. Man kann immer behaupten es gäbe alles auf dieser Welt. "Diese Welt" ist aber begrenzt auf den Teil, denn wir Überblicken können, den Teil, der uns betrifft - was in diesem Fall die Teilnehmer an dieser Diskussion sind.

    Ich glaube, dass die Bibel das Samenkorn für das Wort Gottes bildet. Was aber die „richtige“ Auslegung und die Verbindlichkeit betrifft, müssen wir sie durch einen Einigungsprozess erst herstellen. Dabei glaube ich, dass der Sinn des Wortes Gottes NIE allein - durch spezialisiertes Studium im stillen Kämmerlein - „gefunden“ werden kann. Der Austausch mit anderen ist unverzichtbar, um es zu erkennen/erfahren.

    Zitat Zitat von Provisorium
    Würde man diese Verbindlichkeit nicht empfinden, gäbe es auch keinen Grund „Milde im Urteil über die armen, blinden Ungläubigen“ zu fordern.
    Da stimme ich zu. Du kannst es natürlich auch umdrehen und behaupten, Toleranz sei die Forderung zur Milde im Umgang mit den "armen, psychisch verwirrten Gläubigen". Ich wollte durch meine ironische Frage in der Diskussion mit fishergirl auf die im Schafspelz daher kommende Überheblichkeit hinweisen, die in einer solchen Forderung liegt, sei sie nun ausgesprochen oder nicht. Ich denke nicht, dass Du jeglicher Verbindlichkeit den Rang absprechen willst. Wie schon erwähnt, ist es wohl eine Frage der unterschiedlichen Autoritäten, denen wir die normative Grundlagenbildung der geltenden Verbindlichkeiten zugestehen wollen.

    Zitat Zitat von Provisorium
    Man argumentiert also mit Bibelversen, weil man sie im Vorhinein für jeden anderen Gläubigen als verbindlich betrachtet und das innerhalb des eigenen Verständnishorizontes. Die Autorität der Worte kommt hier nicht aus einer unverbindlichen Eigenmeinung, sondern der Eigenmeinung wird dadurch Autorität verliehen, dass sie in Verbindung mit der Bibel und aus Kenntnis der Bibel heraus geäußert wird.
    Wie heißt es so schön: Bewusstsein ist von vornherein immer schon vermittelt. Auch Du wirst doch eine Grundlage deiner Eigenmeinung haben. Wahrscheinlich sind es viele, sodass Du unter Umständen nicht in der Lage bist, sie zu benennen. Das ist das für mich faszinierende an der Bibel: sie fasst alle Quellen zusammen. Ich habe in meinen Ansichten und "Eigenmeinungen" noch nichts entdecken können, was nicht in der Bibel niedergelegt wäre. Das öffnete mir den Horizont dafür, dass meine eigene Meinung offensichtlich wesentlich älter (und ausgereifter) ist als ich selbst. Womöglich ist also meine sogenannte eigene Meinung gar nicht so sehr mein Eigen, sondern ich bin bloß Medium eines übergeordneten Geistes, der uns alle durchströmt und verbindet? Wie im Übrigen alle anderen Menschen auch. Ich will mich hier nicht zum Propheten stilisieren. Es gilt nun, eine Referenz zu finden, anhand derer wir diesen übergeordneten Geist bestimmen und empfinden können. Warum sollte das nicht die Bibel sein? So wie ein Gesetzbuch Referenz der Rechtsprechung ist, die dadurch aber nicht von vornherein festgelegt ist, sondern eben Auslegungssache. Und damit wir uns da nicht falsch verstehen. Man könnte theoretisch ebenso gut den Koran oder die Thora nehmen. Ich sage theoretisch, weil ich nicht einschätzen mag, wie groß die grundsätzlichen Verständnisschwierigkeiten aufgrund unterschiedlicher kulturhistorischer und sozialer Entwicklungen wären.

  4. Standard

    Ich sehe das Problem eines "Gottesstaates" auch darin, daß es tatsächlich keine Toleranz gegenüber Andersgläubigen mehr geben wird.

    Denn der Gottesstaat müßte sich ja dann zu einer Religion bekennen. Und schon die Christen untereinander sehen ja nicht "eye to eye". Wie würde es in so einem Staat erst Andresgläubigen ergehen?

    Ich weiß, daß die Pius Brüder beispielsweise den Rechtsstaat ablehnen und einen Gottesstaat fordern. Der Rechtsstaat ist derzeit meine Meinung nach die beste Umsetzung in Sachen "Gerechtigkeit für alle".

    Als Beispiel angeführt sei hier Saudi Arabien, wo Christen ihren Glauben in ihren eigenen vier Wänden leben dürfen - aber auch nur da und sich ansonsten an die islamischen Gebräuche des Landes völlig an zu passen haben.
    Das heißt in der Praxis, kein Tragen eines Kreuzes an einer Kette, keine Geistlichen in ihren jeweiligen Bekleidungen, Frauen müssen sich verschleiern nach islamischem Gesetz etc. etc.

    Selbst in Israel, was ja an sich ein säkuläres Land ist, haben es Andersgläubige - also Nichtjuden - mitunter ziemlich schwer und religiöse Fanatiker setzen dort immer wieder ihre menschenfeindliche Politik durch.

    Auf eine Scharia im christlichen Gewand kann ich persönlich gut verzichten.
    Befleiße dich, sosehr du es vermagst, jeden Menschen zu lieben. Bringst du das noch nicht fertig, so hasse wenigstens keinen. Aber auch das wirst du nicht fertigbringen, wenn du nicht den Weltdingen gegenüber gelassen wirst. Hl. Maximos der Bekenner
    http://katholischorthodoxeeinigkeitskirche.npage.de/

  5. #305
    fishergirl Gast

    Standard

    dispicio, ich muss niemandem in meinem leben etwas vor machen, denn ich weiss woran ich glaube und was mein leben komplett verändert hat.
    du hast deine lebenseinstellung, ich die meine. so einfach ist das. ich toleriere die deine.

    provisorium, du versuchst an hand von meinen posts hier, individuell für deine begriffe bzw für dein verständnis, erklärungen zu geben.
    das ist zwar recht nett und informativ, doch triffst du damit leider nicht die gründe für das, was ich mitteilen wollte. aber schön, dass du
    meinst mich schon so gut zu kennen.

    ich habe es schon einmal hier gepostet. es ist unglaublich schade, dass ich das, was ich eigentlich meine, nicht so rüber bringen kann,
    wie es sollte. doch stelle ich fest, dass selbst wenn ich es geschafft hätte, es verdreht und da dann das rein interpretiert worden wäre, was jeder
    individuell darin sehen möchte. also ists ok so wie es ist. darin erkenne ich meine gegenüber hier, wo sie stehen und wie sie sind.

    und nun zum schluss: ich glaube an jesus christus, als unseren erretter und gottes sohn. die bibel ist für mich das wort gottes, aus seinem geist.
    was ich durch diese erkenntnis in meinem leben alles schon erleben durfte mit anderen menschen und in meinem inneren, ist tatsache. diese erkenntnis wollte ich niemanden aufdrücken, wenn das so rüber kam, bitte ich um verzeihung.
    aber ich war und bin dennoch auch ohne bibel in der lage auseinander zu halten, wie ich tolerant gegenüber anderen/ anders gläubigen mich verhalten sollte.
    liebe, mitgefühl und dergleichen sind für mich nicht nur bibelferse, sondern eine achtsame art mit seinem gegenüber umzugehen.
    für mich ist die höfliche und freundliche art eine vollkommen natürliche art mich mitzuteilen. da braucht es kein verstellen oder vormachen.
    entweder lebe ich das oder nicht. allerdings, dies ist für mich eine herzenshaltung.
    nicht mehr, aber auch nicht weniger.
    mir geht und ging es hier nie um recht haben. meine haltung und mein glaubensleben hab ich hier mitgeteilt.
    und ob ich nu eine "META-" bin, keine ahnung, ganz ehrlich? ist mir auch sowas von schnurz ;)

  6. #306
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    @dispicio
    Du hast geschrieben: Natürlich wirst Du mit jenen "Verbindlichkeiten" deines Glaubens solange keinen Anstoß erregen, wie Du sie nicht verwirklichst, sondern womöglich als rein spirituell betrachtest - das ist richtig. Gelebten Glauben aber als etwas rein Spirituelles zu betrachten zu wollen, übertrüge die "Verbindlichkeiten" nicht ins Leben und realisiert Deine Glaubenssätze nicht. Damit wäre der Glaube hohl und leer, ohne Auswirkung auf das Leben -das wäre falsch. Wirkliche Verbindlichkeit erfordert gelebte Praxis.

    Du hast mit allem Recht, wenn Du in der Glaubenspraxis ein positives Gottesbild voraussetzt. Mit positivem Gottesbild ist mein Gott eben genau so oder so und nicht anders und das „verursacht“ dann natürlich Verbindlichkeiten denen ich folgen und die ich in meinem Leben realisieren muss und die zudem auch noch als verbindlich für andere betrachtet werden müssen, weil Gott eben genau so oder so ist und nicht anders. Der Heilsweg ist hier genau definiert.

    Die Glaubenspraxis eines negativen Gottesbildes jedoch kann ausnahmslos keine Verbindlichkeiten schaffen, weil sie eben kein Gottesbild besitzt, das allgemeine Verbindlichkeiten schaffen könnte. Gott ist hier eben nicht so oder so und nicht anders, sondern er ist sozusagen immer anders. Dieses „immer-anders-sein-Gottes“ trennt den göttlichen Bereich strikt vom menschlichen, oder besser kreatürlichen Bereich. Daraus resultiert der Glaube, dass der Mensch nicht dazu in der Lage ist Gott zu erkennen, so wie er Gott ist (und also auch nicht seinen Willen) und dementsprechend können auch keine allgemeinen Verbindlichkeiten geschaffen werden.
    Aber auch der Glaube daran, dass man Gott nicht erkennen kann so wie er Gott ist, kann nicht allgemein verbindlich gemacht werden (man kann lediglich erklären, warum man das glaubt), weil dies sonst wieder einer positiven Gottesbestimmung gleich käme. Am Ende bleibt immer nur zu sagen: Nein, so ist Gott nicht, so ist immer nur mein Erkennen, in dem ich Gott erschaffe.

    Trotzdem bleibt der Glaube nicht hohl und leer. Denn wenn es meine Erkenntnis ist, in der ich Gott erschaffe so besteht mein Anliegen und Ziel nicht darin dieser Erkenntnis zu folgen, sondern diesen, im Innersten des Geistes stattfindenden Prozess, zum Aussetzen zu bringen, damit sich Gott, so wie er Gott ist in meinen Geist ergießen kann. Darum übe ich das Ruhegebet dessen Ziel und Anliegen es ist aller Bilder ledig zu werden und Gott bildlos zu erkennen und anzubeten. Weiteren Einblick auf die „praktischen Auswirkungen“ auf meinen Alltag und meine Gottesbeziehung habe ich bereits einige Posts zuvor gegeben, als ich Godsservant mein Verständnis von Sünde erläuterte. Außerdem prüfe ich meinen Glauben anhand des Maßstabes, ob ich in der Liebe zu meinen Mitgeschöpfen wachse.

    Du hast geschrieben: Wenn also "Gebote" wie die Unantastbarkeit der Menschenwürde oder Religionsfreiheit Gültigkeit haben sollen, MUSST Du sie als absolut setzen, sonst machte das ja keinen Sinn.

    Was verstehst Du denn hier unter absolut setzen? Wenn ich von Absolutsetzung spreche, dann spreche ich von allerhöchster Verbindlichkeit, also eine Verbindlichkeit die Gott schafft. Deshalb habe ich auch im Kontext mit Bibelgläubigkeit vom Absolutheitscharakter der Bibel gesprochen. Zum Beispiel hat das Gebot Du sollst nicht töten auf dieser Welt genauso Bedeutung, wie in der Welt der Bibel. Aber nur in der Welt der Bibel werde ich immer als Mörder erkannt, in unserer Welt kann ich davonkommen. Das ist der Unterschied und das macht den Absolutheitscharakter biblischer Gebote, gegenüber weltlichen Geboten aus.

    Trotzdem haben weltliche Gesetze natürlich immer Gültigkeit. Die Straßenverkehrsordnung gilt eben immer und wenn ich gegen sie verstoße und dabei von der Exekutiven erwischt werde, werde ich zurecht bestraft. Es ist nur ein Unterschied welche Legislative der Exekutiven diese Macht verleiht. Eine auf demokratische Weise gewählte Regierung auf Grundlage des Grundgesetzes, oder eine, wie auch immer an die Macht gekommene (eher unwahrscheinlich, das sie auf demokratische Weise an die Macht gekommen ist) Gruppe von Menschen, die die Bibel als Grundlage ihrer Gesetzgebung versteht.

    Die Menschenrechte z.B. mussten gegen den Widerstand der Kirche durchgesetzt werden. Dazu findest Du haufenweise Material im Internet.

    Du hast geschrieben:Ein Staat, der sich unter religiösen Gesichtspunkten organisiert muss doch nicht zwangsweise intolerant sein - im Gegenteil.
    Wenn er ein positives Gottesbild besitzt, kann er nicht tolerant sein oder nur in dem Rahmen, dass es ihm egal ist, das Andersgläubige in die Hölle fahren. Es gibt doch die Hölle? Und nur den einen Weg zu Gott? Und den Missionsbefehl? Oder sprichst Du, wenn Du im Gegenteil meinst von einem negativen Gottesbild? Dann gebe ich Dir Recht!

    Du hast geschrieben:Durch was anderes wäre ein solches Buch denn Weise, wenn seine Inhalte nicht von allgemeiner Gültigkeit wären?
    Weisheit schafft keine Verbindlichkeiten, sondern Beispiele an denen man sich orientieren kann, aber nicht muss. Es ist sozusagen weise sich daran zu orientieren, aber man kommt nicht in die Hölle wenn man es nicht tut.

    Du hast geschrieben: Wie heißt es so schön: Bewusstsein ist von vornherein immer schon vermittelt. Auch Du wirst doch eine Grundlage deiner Eigenmeinung haben.
    Selbstverständlich habe ich die, davon aber erschöpfend Auskunft zu geben würde den Rahmen dieses Threads sprengen, weil ich zunächst die erkenntnistheoretischen Grundlagen „meiner Vorstellung von Bewusstsein“ erläutern müsste und das geht nicht so nebenbei, weil diese Grundlage eine Reise beschreibt, ausgehend vom Neuplatonismus, über den Idealismus von Kant, bis hin zum modernen Konstruktivismus.

    Du hast geschrieben:Womöglich ist also meine sogenannte eigene Meinung gar nicht so sehr mein Eigen, sondern ich bin bloß Medium eines übergeordneten Geistes, der uns alle durchströmt und verbindet?

    Ich würde es anders sagen, auch wenn ich glaube, dass wir uns an diesem Punkt tatsächlich die Hände schütteln könnten und gebe damit dann doch einen kurzen Einblick in die Grundlagen meiner Eigenmeinung...

    Die von uns erkannten Gegenstände der Welt sind nicht die realen Dinge an sich, sondern nur Erscheinungen, die nicht unabhängig von unserer Erkenntnis objektiv in Raum und Zeit vorhanden sind. Raum und Zeit sind vielmehr unsere Anschauungsformen oder Erkenntnisstrukturen, nach denen die Gegenstände geformt und in denen sie so erkannt werden, d.h. nicht nur einige Eigenschaften der Dinge wie z.B. ihre Farben werden erst in dem Erkenntnisprozess geschaffen (was die Neurobiologie erwiesen hat), sondern dieses Schaffen betrifft die Grundstrukturen der Dinge, ihr Sein in Raum und Zeit. Das Ansichseiende (der Dinge, Gottes) kennen wir so gar nicht und weder die von uns erkannte Welt der Erscheinungen noch unsere von vornherein, a priori, vorhandenen Erkenntnisstrukturen wie die von Raum und Zeit haben mit dem Ansichseienden etwas zu tun...

    LG
    Provisorium

  7. #307
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    @fishergirl
    bitte verzeih mir, wenn ich Dir mit meinen Ausführungen zu Nahe getreten bin.
    dispicio wollte von mir aber konkret wissen, wo ich innerhalb dieses Threads der Meinung bin, dass der individuelle Glauben auch für andere verbindlich gemacht wird.
    Da Du mit beiden Beinen auf der Grundlage der Bibel stehst (so nehme ich es zumindest wahr), hat die Bibel eben auch für Dich verbindlichen Charakter.
    Das liebe fishergirl ist aber innerhalb eines positiven Gottesbildes auf Grundlage der Bibel immer so. Du hast Dich also in meinen Augen nicht falsch verhalten, sondern im Gegenteil, so wie man die Bibel eben interpretieren kann, völlig richtig. Du hast Zeugnis gegeben von dem, was für Dich den Glauben lebendig macht, was Dich daran begeistert und vorantreibt. Du wünschst Dir, dass andere Menschen das auch erfahren dürfen, was Du für Dich erfahren durftest und das ist Ausdruck Deiner Liebe zu den Menschen. Deshalb drängt es Dich morgens, mittags, abends von der Bibel und von Gott zu erzählen. Ich kenne dieses Bedürfnis und die damit verbundene Begeisterung. Und aus dieser Begeisterung heraus macht man dann seinen persönlichen Glauben auch ganz gerne mal für andere verbindlich, weil der persönliche Glaube eben nicht nur persönlicher Glaube ist, sondern auch ein Bibelglaube und deshalb durch die Bibel Autorität verliehen bekommt. Ich empfinde Dich einfach nur als ehrlich, als ehrlich von der Bibel Begeisterte und Gläubige. Und wer ehrlich von der Bibel begeistert ist und an sie glaubt, macht ihre Aussagen eben auch für andere verbindlich, weil die Bibel selbst immer wieder von dieser Verbindlichkeit spricht.
    Gott sieht Dein Herz an. Und ich denke, das ist ehrlich begeistert von Gott.

    LG
    Provisorium

  8. #308
    luxdei Gast

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    doch vergess nie, dass auch du, ich auch , seleiah und luxdei usw noch lange nicht vollkommen eingeweiht sind.
    Mal so spontan nachgefragt: Woher willst Du wissen, worin Seleiah, ich oder sonst wer eingeweiht ist? Das müßtest Du mir mal erklären.

  9. #309
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    @luxdei
    Du, da liegt ein Missverständnis vor.
    Die von Dir zitierte Aussage stammt nicht von mir, sondern wurde so einmal von fishergirl geäußert.
    dispicio hatte mich konkret gefragt, wo ich innerhalb dieses Threads der Meinung bin, dass der individuelle Glauben auch für andere verbindlich gemacht wird. Und dieses Zitat von fishergirl zog ich unter anderem zur Erläuterung heran.
    Ich weiß also gar nichts von Dir, noch von Eingeweihten, noch habe ich irgendeine Aussage über Dich getroffen. Ich hätte wohl besser die Zitatfunktion nutzen sollen und nicht "frei zitieren", dann wäre es gleich auf den ersten Blick hin ersichtlich gewesen.

    LG
    Provisorium

  10. #310
    Zeuge Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Das Grundgesetz verbietet Dir nicht, dass Dir Dein individueller Glaube Lebensinhalt wird. Im Gegenteil, es garantiert Dir, dass Du so glauben darfst wie Du willst, solange Du damit nicht gegen andere Gesetze verstößt.
    Muß ich dich wirklich an das Kopftuchverbot erinnern? Oder an den Streit über die Beschneidung?

    Ein Gottesstaat hingegen wäre gegen Andersgläubige wahrscheinlich weniger tolerant.
    Mit den vorhandenen Interpretationen ist es unmöglich so einen "Staat" aufzubauen (sonnst wäre es längst geschehen).
    Es bedarf einer Interpretation der heiligen Schriften, die alle Religionen zu einem Nenner bringt, und zur gemeinsamen Vollendung führt.
    Dann werden "Andersgläubige" diejenige sein, die nicht lernen wollen.

    Das Gesetze immer wieder neu interpretiert und auch verändert werden müssen ist selbstverständlich richtig. Letztlich bestimmen dann die Politiker und Richter und deren Interpretation der Gesetze was Recht ist und da geht es menschlich/allzumenschlich zu.
    In der Antike haben bestimmte Fachleute Götterstatuen gemacht, und andere Fachleute haben den Willen dieser Götter gedeutet.
    Heute werden von bestimmten Fachleuten Gesetze gemacht, die dann von anderen Fachleuten gedeutet werden.
    Alles Betrug und Gehirnwäscherei.

    Kein Gesetz kann irgendwas garantieren, denn es ist tot, so wie die Götterstatuen tot waren.
    Es sind immer die Menschen, die den Willen der Götter, oder die Gesetze deuten. Jeder von ihnen deutet nach seiner Vorstellung, macht seine Vorstellung zum Maß für alle.

    In Gottes Reich gelten Gottes Maßstäbe, aber wir Menschen sind immer nur die Interpreten dieser göttlichen Maßstäbe und da geht es genauso menschlich/allzumenschlich zu.
    Der unterschied zwischen dem lebendigen Gott und einer toten Götterstatue, oder einem toten Gesetz, ist der, daß Gott eingreifen, inspirieren, leiten kann, im Gegensatz zum toten Gesetz z.B.
    Dieses Bewußtsein nennt man Glaube, b.z.w. Vertrauen.


 

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