Guten Morgen Godsservant,
Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie dankbar ich Dir für Deine Worte bin! Und es gibt auch gar keinen Grund sich bei mir zu entschuldigen! Dein Post vom späten Abend kam bei mir gar nicht so an, als wolltest Du meinen Glauben als falsch darstellen, ich versuche nur (langsam schon etwas verzweifelt) bewusst zu machen, dass es bei der Frage nach dem „richtigen Gottesbild“ zunächst einfach nur zwei Herangehensweisen gibt:
Entweder ich lege Gott irgendwelche Bestimmungen bei (ob positiv, oder negativ wertend ist erst Mal völlig egal – das wollte ich auch nochmal mit dem Henrik M. Broder Beispiel sagen) und sage dann, dass er genauso sei und setze damit diese Bestimmung absolut, was bedeutet, dass alle die, die sich nicht gemäß dieser Bestimmung verhalten Ungläubige sind, Sünder, in aller Regel auch der Verdammnis Geweihte...
Oder ich lehne es ab, Gott in irgendeiner Weise bestimmen zu wollen. Dann gibt es natürlich auch keinen Grund mehr sich über ihn zu streiten, einander zu verurteilen oder Schlimmeres.
Die allermeisten Gläubigen und auch Ungläubigen Menschen finden ihre Argumente für oder gegen Gott dann auch im Rahmen positiver Theologie. Man streitet darüber wie Gott sei, oder auch nicht, wie man sich ihm gegenüber zu verhalten habe, was er verlange, was man machen müsse um ihm zu gefallen usw.
Ein Gläubiger mit negativ theologischer Sicht kann das alles nicht.Er kann den Glauben nur für sich entdecken und dann dort natürlich auch Verbindlichkeiten und Sichtweisen herausbilden, aber die sind nur für ihn. Er sagt natürlich auch seine Meinung, aber er macht davon niemals das Heil in Gott abhängig.
Ich will einmal versuchen, den großen Unterschied der beiden „Herangehensweisen“ anhand eines persönlichen Glaubensstatements klarer zu machen.
Thema Sünde: Wenn ich ein positiv theologisches Gottesbild habe, dann habe ich quasi eine Liste vor mir, von „äußeres Werken“, Fehlverhalten und schmutzigen Gedanken oder sowas, die nicht sein dürfen, weil mein Bild von Gott es mir verbietet. Der Maßstab für Christen wird hier die Bibel sein, die da ja auch so einiges aufzulisten weiß. Begehe ich in diesem Sinne eine Sünde, muss ich um Vergebung bitten und dann empfange ich Vergebung.
Jetzt meine persönliche Sicht, die sich aus meiner negativ theologischen Sichtweise heraus ergibt. Ich habe kein Gottesbild, ich lege ihm keine Attribute bei, ich kann also nicht wissen, was Sünde gegen diesen Gott bedeutet. Ich kann noch nicht Mal wissen ob ich gegen diesen Gott sündigen kann, aber weil ich an Gott Glaube, wird mir alles zur Sünde, was Nicht-Gott-zugewandt-ist, alles, was nicht aus meinem Glauben heraus geschieht. Wenn ich mich aber wieder Gott zuwende, ist mir vergeben (ich glaube für diese Erkenntnis haben sie auch den Nazarener gekreuzigt...).
Verstehst Du den Unterschied, Godsservant? Auch negative Theologie ist Theologie, ist Glauben, Liebe zu Gott. Es ist kein verbrämter Atheismus, wie der Religionskritiker Ludwig Feuerbach einmal meinte. Ich will Gott nicht wegdenken oder sowas, ich will ihn nur sein lassen, was er sein will, das ist alles.
Aber nun möchte ich es davon genug sein lassen und lieber Dir noch einmal für Deinen Post danken. Er hat unendlich gut getan! Und so wie ich Dir etwas zum Nachdenken mitgeben durfte, hast auch Du mir etwas mitgegeben. Den Hesychasmus kannte ich nämlich noch gar nicht und muss mich unbedingt mal damit beschäftigen! Denn ich bin mal kurz den Wikipedia-Artikel überflogen und ich darf Dir versichern, dass unseren Wegen sehr ähnliche Prinzipien zu Grunde liegen, wie Du schon vermutet hast. Ich habe eben gelesen, dass die Theologie Pseudo-Dyonisius-Areopagitas im Hesychasmus als Autorität betrachtet wird. Das ist klassische und reinste negative Theologie (sozusagen ein Star unter den negativen Theologen, auf den sich auch Eckhart häufig bezieht). Ihr übt wohl auch das sogenannte Jesusgebet, richtig? Ich übe das Ruhegebet! Ich find´s super Deine Bekanntschaft gemacht zu haben!
Auch Dir einen schönen Tag
LG
Provisorium
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