Lieber Shomer,
ich denke bei dem was du schreibst – insbesondere auf die Zukunft bezogen - noch in eine ganz andere Richtung.
Ich möchte mal dazu einen Religionswissenschaftlichen Ansatz tätigen und ganz bewusst einmal theologische oder prophetisch/spekulative Aspekte außer Acht lassen.
Eventuell erklärt sich aus dieser Analyse einiges, was sich gerade und in naher Zukunft vor unseren Augen abspielen wird.
Alle Kulturen und die dazugehörigen Religionen – beides gehört immer ganz eng zueinander und ist abhängig voneinander – unterliegen Entwicklungsbedingten Strukturen, welche im Wesentlichen immer die gleichen Mechanismen in sich tragen. Ganz besonders gilt das für sog. Missionsreligionen, welche also in ihrer Zielvorgabe die Welt im Blickfeld hat.
Grundlage jeglicher Missionsvoraussetzung ist immer ein Missionsfeld, welches ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, um erfolgreich für sich gewonnen werden zu können. Das sind zum einen der gesellschaftspolitische Aspekt, der kulturelle Hintergrund und zum anderen der Wirtschaftliche Faktor.
Am Beispiel der Antike lässt sich das auch für unsere Zeit aufzeigen. Das römische Reich schaffte es in sehr erfolgreicher Weise ganz unterschiedliche Kulturen, Wirtschaftssysteme und politische Strukturen in einem Reich zu vereinigen. Dazu waren mehrfach Reformationen der Kultur-, Wirtschafts- und Religionssysteme notwendig. Insbesondere Augustus und Aurelian sind hier als Wegbereiter zu nennen. Fazit war, dass sich so fremde Kulturen und Religionen, wie der Ägypter oder Perser, Griechen und Germanen in einem Reichskult wieder finden konnten. Grundlage dafür war jedoch die Vormachtsstellung eines einheitlichen Wertesystems, welches durch die imperiale Macht Roms vorgegeben war. Die scheinbar sehr offene und liberale Religionsfreiheit im Römischen Reich diente nur einem Zweck, nämlich die unterschiedlichen Religionssysteme miteinander anzugleichen und zu harmonisieren. Praktisch hieß das, dass die Ägypter ihre Götter ebenso in wesensgleichen Göttern in Griechenland, Asien oder Rom wieder finden konnten. Isis, konnte auch Astarte oder Diana heißen, Ra wurde zu Zeus oder Jupiter, Osiris wurde zu Herakles, Dionysios, Hermes, Mithras und letzt endlich zum Sol Invictus. Reliogionen, welche sich in dieses System nicht einfügten wurden missioniert oder ausgelöscht, einzig mit einer Ausnahme den Israeliten, was auf ein Edikt von Julius Cäsar zurückgeht, der diesen ihren „absonderlichen Glauben“ zugestand (zumal er keine nennenswerten Missionsgedanken vertrat, also auf Volk und Land im wesentlichen begrenzt blieb).
Schaut man in andere Kulturen und Epochen (Asien, Südamerika, Afrika) so finden wir dort ganz ähnliche Entwicklungen wieder.
Expandierende Großreiche exportieren nicht nur ihre Kultur, Zivilisation und in dessen Folge auch Religion, sondern sie importieren diese genau so im Gegenzug. In Folge dessen entsteht ein neues Religionssystem, dass den verschiedenen kulturellen Einflüssen Rechnung trägt.
Dieser Sachverhalt findet sich im Islam ebenso, wie im Buddhismus, Hinduismus und Christentum wieder, ja bedingt sogar im Judentum, um nur einige Religionen zu nennen. Der Islam hat sich nicht nur antiker persischer, arabischer, hellenistischer, jüdischer und christlicher Elemente bedient, sondern ebenso afrikanische Einflüsse in sich aufgenommen, um zu dem zu werden, was es heute ist, eine Religion, welche verschiedenste Gesellschaftssysteme und Kulturen miteinander verbindet und diese neu prägt. Dabei entstanden auch Spaltungen innerhalb des Islam (Schiitten, Suniten, etc). Gleiches gilt für das Christentum, welches der geistige Erbe des römischen Reiches wurde und dessen Wesenselemente und Wurzeln in sich trägt.
Beide Religionen erwiesen ihre eigentliche Größe in ihrer unglaublichen Integrationskraft und Skrupellosigkeit der militärischen Gewaltbereitschaft.
Beide Religionen verbindet zudem ein Religionssystem, welches auf den gleichen Funktionsmechanismen aufbaut. Das Religionssystem ist sich gänzlich gleich, auch wenn es offensichtliche kulturelle Eigenarten in sich trägt. Sie sind jedoch eher als das i Tüpfelchen zu sehen und in ihrer Gewichtung von geringer Bedeutung. Zudem trennt beide noch ein Faktor, es ist die Entwicklungsgeschichte, die im gleichen Rahmen verläuft, allerdings zeitlich versetzt. Das heißt, die Epoche der Aufklärung, welche das Christentum hinter sich hat und in dessen Folge die Säkularisierung folgte, ist gerade im Islam im Beginnen.
Beide Religionssysteme sind Buchreligionen mit einem Absolutheitsanspruch, personenbezogene Religionen, sie sind beide Kultreligionen, Offenbarungsreligionen, Ämterreligion und besitzen ihre Kultstätten. Das ist kurz beschrieben der äußere Rahmen, was sie verbindet. Darin enthalten sind die inneren Prozesse, welche sich ebenso ähnlich abspielen, heilige Tage, Weiherituale, Kultmahle, Liturgien, Mystik, Theologie, etc.
Schaut man in einer nüchternen Analyse auf beide Religionen, so kommen wir in der Tat zu mehr Gemeinsamkeiten, wie Gegensätze. Doch der größte Gegensatz ist der Vorherrschaftsanspruch, den beide Religionen für sich geltend machen und der mit göttlicher Offenbarung und Personenkult begründet wird. Selbst hier ist man im Wesentlichen auf gleicher Augenhöhe und hat das gleiche Selbstverständnis, doch das ist eben das unvereinbare.
Nun kommen wir zum eigentlichen Religionswissenschaftlichen Ansatz, der uns lehrt, dass es wirklich nichts Neues unter der Sonne gibt, sprich – alles war schon einmal da. Genau das ist der Punkt, die menschliche Entwicklungsgeschichte durchläuft im Wesentlichen immer die gleichen Prozesse, um „neue“ kulturelle, gesellschaftspolitische und religiöse Systeme zu initiieren. Genau hier sieht die Mehrheit der Religionswissenschaftler und Analysten momentan unsere Welt, welche in einer zunehmenden Krise steckt. Die sog. Globalisierung, welche eigentlich nichts Neues ist (sie fand schon immer in den sog. Weltreichen statt um sie regierbar zu machen – siehe oben Beispiel Rom), stellt die Menschen vor die Situation, dass wir vor dem Wendepunkt einer Vereinheitlichung der verschiedenen Wirtschaftssysteme, Gesellschaftsmodelle und auch Angleichung der Kulturen stehen. Neu ist, dass es wirklich ein globaler Prozess ist, der nun auch die entferntesten Gebiete der Erde einschließt. Dieser Entwicklung stehen jedoch mehrere Hürden im Weg (z.B. Wirtschaftsgefälle, totalitäre Systeme, Ideologien, Religionen, etc.). Hier gilt es eine Angleichung zu erreichen, welche nur auf der Basis einer gewissen Liberalität funktionieren kann. Schauen wir dazu mal in die islamische Welt, so geschieht dies in wesentlich schnellerem Tempo als wir es auf den ersten Blick wahrnehmen können. Doch Fakt ist, dass insbesondere in den Vorreiterländern Entwicklungen zu beobachten sind, welche mit dem Islam und seinem Gesellschaftssystem nur noch schwerlich vereinbar sind. Frauen übernehmen in Ländern wie den Emiraten oder Nordafrika zunehmend politische und gesellschaftliche Verantwortung, die Länder öffnen sich für westliche und asiatische Wirtschaftsgüter und Bildungsgüter und damit auch für kulturelle Werteeinflüsse. Demokratisierungsbestrebungen sind fast in allen arabischen Ländern zu beobachten und hier insbesondere unter der Jugend. Noch vor 60 Jahren wäre eine solche Entwicklung undenkbar gewesen. Im Gegenzug bildet sich natürlich auch die Opposition, welche dieser Entwicklungen zunehmend feindlich gesinnt ist.
Auch der Islam steckt in einer tiefen inneren Wertekrise und genau dieser Tatbestand macht ihn zur Zeit so gefährlich. Das Gesellschaftssystem des Islam ist für das 21. Jahrhundert nicht haltbar und das wird um so deutlicher, wenn man den Hintergrund bedenkt, dass die derzeitige wirtschaftliche Stärke der islamischen Länder nur auf einem Fundament ruht, dem Öl, welches in absehbarer Zeit versickern wird. Damit ist auch die wirtschaftliche Missionskraft des Islam gerade zu erloschen. Denn Mission egal ob friedlich oder kriegerisch setzt immer auch ein erhebliches Finanzpotential voraus. Deutlich wird das, wenn man sieht, welche Ausbreitung der Islam fand, als die Petrodollar angefangen haben zu fließen. In den letzten 50 Jahren hat sich der Islam schneller ausgebreitet als in 500 Jahren zuvor! Beides hängt unmittelbar miteinander zusammen und das hat in der Tat der Westen finanziert! Eine Absurdität der Geschichte und hier darf sich jeder Christ selbst auf die Schulter klopfen, denn mit jeder Tankfüllung sponsert er zugleich auch den Islamischen Missionseifer.
Nun, die islamischen Strategen wissen selbst am besten, dass ihre Uhr abläuft und sie wissen auch, dass Wirtschaftsproblematik und Armut der größte Feind jeder Religion ist. All die Staaten Afrikas und auch Asiens, die am Tropf der Petrodollar hängen und ihren Wohlstand den reichen Spenden aus Arabien verdanken, werden auf Dauer nicht zu halten sein. Umso mehr gilt es wohl zur Zeit, diese Menschen auf die Zukunft einzuschwören, doch die Erfahrung lehrt, es ist alles nur Zeitbedingt auf dieser Welt.
Teil 2 unten
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