Damit meinst du doch nicht die Schriften selbst, sondern ihre Interpretation?

Natürlich meine ich die Interpretation! Gäbe es sonst eine Tora?


Wie Jesus, so auch seine Jünger, waren Juden, die allerdings eine ganz andere Interpretation der Schriften an den Tag legten. Eine Interpretation, die von den Juden, die sich an die traditiolelle Interpretation halten, bis heute nicht akzeptiert wird.
Genau diese Aussage halte ich für ein ganz übles Gerücht! Was man ablehnt ist die Umformung der Lehre Jesu und genau das ist der Stein des Anstoßes! Machen wir uns doch nichts vor, ein jeder, der sich mit der Geschichte des N.T. insbesondere der Evangelien auseinandersetzt weiß doch, wie massiv von den Kirchenvätern Hand angelegt wurde. „Liebe Zeit“, die Kirche hat selbst nie ein Geheimnis daraus gemacht und begründet sogar mehrfach das Warum und Wieso für Texteingriffe.

Ich werde es nie begreifen, warum sich Christen nicht mit ihrer Geschichte – und dazu gehört nun mal ihr N.T. – beschäftigen.


Das N.T. ist eine Interpretation der Thora.
Das stimmt nur teilweise! Das N.T. ist in erster Linie Apologetik, dann teilweise historische Überlieferung und ein beträchtlicher Teil davon ist Meinungsäußerung, die weit über die Grenzen des Wissens Israels reichen. Man denke nur die „geistlichen Ergüsse“ zu Aussagen der Stoa und des Neuplatonismus. Das kann man doch nicht ignorieren. Dass man damit den Anliegen Philos folgt, der in seiner Zeit schon versuchte Neuplatonismus mit Tora zu vereinigen ist doch offensichtlich. Kein ernsthafter Theologe würde das bestreiten.

Der Talmud ist auch eine Interpretation der Thora, die im Gegenzug zum N.T. verfaßt wurde.
Falsch! Der Talmud geht in seinem Ursprung auf die Makkabäerzeit zurück. Mit dem Entstehen des Rabbinismus beginnt auch die Geschichte des Talmud, der in Fragmenten gesammelt wurde und richtig, später zu einem Einheitswerk zusammengefasst wurde. Mit dem N.T. hat das wahrlich nur wenig zutun – sprich Gegenschrift.

Wie die Christen die Schriften (das A.T. und das N.T.) nur durch die Brille der Kirchenlehren sehen, so sehen die Juden die Thora nur durch die Brille des Talmuds.
Das ist sehr verallgemeinert. Du scheinst wenig von der unglaublichen Schrift- und Meinungsvielfalt des Judentums zu wissen. Sonst würdest du nicht auf den Talmud reduzieren.

Die Christen lesen das, was Kirchenväter als verbindliche Schriften geformt haben. Ob sie wirklich durch die Brille ihrer theologischen Ansichten schauen wage ich zu bezweifeln. Denn die Meisten kennen nicht mal deren Schriftwerke, die bei weitem nicht so Torafremd sind, wie so manch heutige Ansichten.


Darum können beide die richtige Interpretation, das N.T., nur teilweise verstehen.
Ich glaube, wenn man die Lehren Jesu wieder auf ihr ursprüngliches Fundament stellen würde (Ansätze dazu gibt es ja bereits), dann ist es überhaupt kein Problem die Lehren Jesu zu verstehen. Also ich verstehe alles, was er sagte.


Die Reformation war so ein Versuch, im eigenen Haus anständig aufzuräumen. Leider ging er nicht bis in die Wurzeln.
Womit die Juden allerdings nicht prahlen können.
Ja, es war ja mal einen Versuch wert, doch mit Lüge, Betrug, Machtkompromissen und Menschenhass lässt sich schlecht zu den Wurzeln etwas hin reformieren.
Juden haben keinen Grund zu prahlen! Ganz im Gegenteil, wir würden davon profitieren, wenn das Christentum sich seiner Wurzeln besinnt. Man müsste keine Angst mehr vor dieser Religion und ihren religiös motivierten Ausschreitungen haben. Das wäre wahrlich ein großer Fortschritt.


Samu