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Hybrid-Darstellung

  1. #1

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    Hallo Absalom,
    hab wieder alles mit großem Interesse gelesen, bin aber jetzt ganz schön verwirrt.
    Muss man jetzt die ganzen Zeitangaben, die bisher zur Geschichte Israels zur Zeit des alten Testaments bekannt waren, in Frage stellen?

  2. #2

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    Liebe Mirjamis, man muß es nicht, aber in der Wissenschaft ist dies schon vor vielen Jahren geschehen, selbst auf Wikipedia ggg

  3. #3

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    Wo ist nur Moses?, fragte einst schon der selige Martin Buber und gleich lautend fragte David Flusser, wie kann ein solcher Mann keine Spuren hinterlassen, außer in Überlieferungen anderer Menschen über ihn?

    Auf welchem Weg hat Moses seine Anvertrauten durch den Sinai geführt? Die Vermutungen darüber füllen ganze Bibliotheken, Scharen von Archäologen haben fast jeden Stein im Sinai umgedreht. Die Bibel selbst erleichtert die Forschung nicht: Sie nennt zwei unterschiedliche Fluchtrouten. Die eine, die nördliche, führte auf der großen, Ägypten und Palästina verbindenden Heerstraße am Mittelmeer entlang. Die andere, die südliche, verlief östlich der Bitterseen, entlang des heutigen Kanals, zum Ufer des Golfs von Suez. Gemeinsam ist beiden nur der Ausgangspunkt: die Stadt Ramses.
    Die archäologischen Befunde der Sinaiforschung sind gleich Null. Nicht eine einzige Spur einer Massenauswanderung hat man bis heute gefunden. Und so fragen israelitische Archäologen nicht zu unrecht, wie es sein kann, dass eine Heerschar von 600000 Menschen zuzüglich Unmengen an Tieren, Wagen und vor allem Material keinerlei Spuren hinterlässt. Selbst kleinere Völkerwanderungen hinterlassen überaus reichlich Spuren, doch nicht die Völkerschar des Moses. Finkelstein bemerkte dazu, wenn es ein Wunder in der Bibel gibt, dann ist es der Auszug aus Ägypten, denn Israel schaffte es, sich völlig spurenlos und lautlos 40 Jahre im Sinai aufzuhalten.
    Der radikalste Moses-Biograph, der Alttestamentler Martin Noth, der die Moses-Legenden zerpflückt hat wie kein anderer, kommt am Ende seiner Überlegungen zu dem Schluss, dass man nur eines sicher von Moses wüsste: dass er auf dem Berg Nebo im heutigen Jordanien begraben liegt. Also hat er gelebt.

    In Israel ist das Thema Moses ein heißes Eisen, denn mit Moses beginnt die eigentliche Geschichte Israels Gestalt anzunehmen. Für gläubige Juden ist die Tora des Moses heilig und von Gott gegeben. Erduldet man es zwangsläufig, dass die biblische Archäologie einen biblischen Tatbestand nach dem anderen durchleuchtet und auf Grund der Ergebnisse in Frage stellen muß, hört bei Moses die Gemütlichkeit auf. Erbittert stehen sich religiöses Establishment und Wissenschaft unversöhnlich gegenüber.
    Es geht an die Grundsubstanz wenn wir nach Moses Fragen, und gerade deshalb kommt man nicht um die zwiespältigen und widersprüchlichen Überlieferungen zu Moses und den Geschehnissen um Moses herum, erklärte schon David Flusser.
    Kaum ein israelischer Wissenschaftler bezweifelt heute die Geschichtlichkeit des Moses, doch sehr wohl die Geschichtlichkeit der Geschichte.
    Allein schon die Zahlenangaben widersprechen all dem, was man heute über die Bevölkerungsmengen im alten Ägypten aber auch in Kanaan weiß. Des Weiteren steht auch die Wanderung einer so großen Menschenmasse in keinem Verhältnis zu den örtlichen Gegebenheiten des Sinai und letztlich Kanaans. Allein die Trinkwassermengen und die Nahrungsmittelversorgung für Mensch und Tier erreicht Größenmaße, die selbst eine Hochkultur wie Ägypten vor unlösbare logistische Probleme gestellt hätte. Ja selbst die Fäkalmengen hätten bis heute Spuren im Sinai hinterlassen müssen.

    Es hilft jedoch kein Argument in ein Für und Wider, denn der Auszug woher und wohin auch immer scheint eine Geschichtsrealität zu sein, die eben nicht an Menschenmassen festgemacht werden muß, sondern am Endprodukt, der Überlieferung. Und ohne Probleme, die Archäologie erkennt in Israels Frühgeschichte gleich zwei solcher Auszüge, die sehr eng mit Ägypten verknüpft sind und zugleich mit der Landnahme in Kanaan in Verbindung stehen. Es ist die erste und zweite Besiedlungsphase von Kanaan. Die erste Phase wird heute mit der Stammväter und Josefsgeschichte verbunden, die zweite jedoch mit dem Einfall der Seefahrervölker und der Flucht der Bergbewohner und Ebenenbewohner aus Kanaan in östliches und mit Sicherheit auch in ägyptisches Hoheitsgebiet. Und es kann durchaus sein, dass Ägypten als Gegenleistung von seinen mittellosen Flüchtlingen Fronarbeit abverlangte. Historisch ist dies durchaus belegbar. Und es mag den Historiker nun auch nicht verwundern, dass genau davon ägyptische Quellen berichten. Mehr kann die Archäologie nicht dazu sagen, denn bis heute fehlen jegliche Hinweise für eine langfristige Bleibe von Kanaanitern oder Israeliten in Ägypten in diesem Zeitraum. Zumindest wird kein Volk Israel auch nur in einer einzigen ägyptischen Inschrift in dieser Zeit erwähnt, sehr wohl aber Hirtenvölker auch aus Kanaan inkl. der Kanaaniter selbst.

    Bei den Grabungen in Israel waren Forscher immer wieder erstaunt wie wenig kulturellen und künstlerischen (Darstellerischen) Einfluss die ägyptische Kultur auf Kanaan hatte. Offensichtlich waren die Kanaaniter nicht unglücklich mit der ägyptischen Besatzungsmacht, brachte sie doch Wohlstand und Frieden, doch an ihren künstlerischen - kulturellen und Bautechnischen Errungenschaften scheint es nur wenig Anteil zu geben. Ähnliches zeigt sich auf dem Gebiet der Herrschaftsstrukturen und Politik. Kanaan blieb seiner Kleinstaaterei und seinen Provinzialsystemen stets treu. Noch weniger Einfluss kann man auf religiösen Gebiet erkennen. Die Kulte Ägyptens sind zwar auch in Kanaan zahlreich bezeugt, doch fast ausschließlich nur in den ägyptischen Koloniesiedlungen und Militärstützpunkten. Ganz anders sieht es da jedoch auf dem Sektor der Wirtschaft / Ackerbau und Viehzucht und Handel aus. Hier gibt es einen regen Austausch an Technologien und einen umfassenden Warenaustausch. Doch noch auf einem anderen Gebiet hat Ägypten einen überaus prägenden Einfluss auf Kanaan, es ist die Gesetzgebung und auch die moralischen Werteordnungen bis hin zu Fragen des Ehe- und Familienrechts. Hier ist eindeutig, - wie Keilschrifttafelfunde belegen, Kanaan sehr Ägypten verbunden und hebt sie deutlich von den Nomadenvölkern östlich des Jordan ab. Und so verwundert es auch nicht, dass viele religiöse und gesellschaftliche Werteordnungen in Ägypten, Kanaan und dem späteren Israel (Bibel) im Wesentlichen identisch sind.

    Doch noch ein Fakt lässt Historiker und Archäologen in den Bibelberichten aufhorchen. Es sind vor allem Kultgegenstände, die im Land Kanaan so nicht gebräuchlich sind aber sehr wohl in Ägypten. Angefangen beim Stab des Moses, die auch ägyptischen Priester und gelegentlich Pharaonen als Machtsymbol mit sich trugen, bis hin zu so spektakulären Sachen wie der Bundeslade, dessen Vorbild ägyptischer Kulttruhen entspricht oder gar des Bundeszeltes, dass ganz eindeutig den Priesterzelten (Kultzelten auf Kriegszügen als Ersatz für Tempel) nachempfunden ist. Keinerlei dieser Einflüsse lassen sich in Kanaans Siedlungen oder in den Bergregionen finden. Hier muß man davon ausgehen, dass diese Artefakte von Menschen aus Ägypten nach Kanaan eingeführt wurden und dann mit den Stammesgruppen in den Bergregionen in Verbindung gebracht wurden. Da es allerdings keinerlei archäologische Funde solcher Kultgegenstände gibt lässt sich nur schwer einschätzen, wie diese Gruppe aus Ägypten mit den Ortsansässigen in Verbindung brachte. Desgleichen ist schwer zu sagen, ob wir es hier mit einer Gruppe aus der zweiten Besiedlungswelle zutun haben, die dann doch sehr lange in Ägypten verblieben sein muß oder aber mit Menschen aus der dritten Besiedlungswelle, die relativ kurz in Ägypten ansässig war. Fakt ist jedoch, dass Moses, der durchaus eine kleinere Gruppe aus Ägypten nach Kanaan führte über ein gutes Wissen ägyptischer Kultgegenstände (siehe auch Einrichtung des Kultzeltes) bis hin zur Kultpraxis hatte. Die Gemeinsamkeiten ägyptischer und späterer israelitischer Kultgegenstände, Gesetze und Gebräuche ist ein gut belegbarer Fakt. Allein schon dieser Sachverhalt lässt kaum Zweifel daran, dass ein charismatischer Führer eine Gruppe von Menschen aus Ägypten führte, die dann in Kanaans Bergregionen ganz wesentlichen Einfluss gewannen und einen Religionskult einführten, der so den Kanaanitern Fremd war. Erstaunlich ist jedoch, dass neben dieser religiösen Neuentwicklung ganz wesentliche Elemente (z.B. Gottesnamen) aus der kanaanitischen Tradition beibehalten wurden, es also zu einer Verschmelzung verschiedener Elemente kam. Erst beim späteren Tempelbau werden sich wieder deutlich kanaanitische Elemente durchsetzen.

    Interessant dabei ist für die Archäologie, dass neben der Entwicklung einer Priesterschaft mit Kultheiligtum und religiösen Satzungen, bis in die Zeiten Jesu eine ununterbrochene Verehrung der alt hergebrachten – einheimischen Kultstätten nie abbrach, sondern sich beim Volk größter Beliebtheit erfreute. Weder Priesterschaft und Tempel noch Königsherrschaft vermochten diesem Trend effektiv etwas entgegen zu setzen. Und in diesem Zusammenhang bescheinigt die Archäologie König Hiskia und anderen Königen eine maßlose Übertreibung wenn sie davon sprechen alle Kultheiligtümer ausgerottet zu haben. Die große Mehrheit der Kultheiligtümer blieb in der Geschichte Israels unzerstört und ist durch natürlichen Verfall verschwunden.
    Geändert von absalom (14.02.2012 um 17:04 Uhr)


 

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