Angesichts der Ergebnisse jahrelanger intensiver Forschung stellt sich die Frage, sind die ersten Bücher der Bibel Freierfindungen oder aber Geschichten, die ein historisches Geschehen in sich tragen. Grundsätzlich, so Finkelstein, geht es genau um historische Geschehnisse, die in einem anderen geschichtlichen Kontext gestellt wurden. Viele Erzählungen können heute ohne Zweifel den tatsächlichen Geschehen zugeordnet werden. So ist die Landnahme in der Abrahamsgeschichte nichts weiter als das Spiegelbild einer vielschichtigen Geschichte der Landnahme der Kanaaniter, die in ihrer ersten Besiedlungswelle auch nicht in unbewohntes Gebiet kamen, sondern bereits Stammesansiedlungen insbesondere von Jägern vorfanden. Es ist nur eine Frage der Zeit, so israelische Forscher, bis wir dem historischen Abraham in Keilschrifttafeln begegnen werden. Andere Person / Helden der hebr. Bibel (z.B. Noach) wurden schon entdeckt. Dass, das historische Umfeld der Abrahamsgeschichte dann in die Epoche des 700 Jahrhunderts verlagert wurde, zeigt nur auf, welche langen aber auch episodenhaften Überlieferungsstränge bis dahin erhalten geblieben sind. Noch deutlicher wird das gesagte am Josuabuch das in Kap. 15/21- 62 die komplette politische Situation zu Zeiten des Königs Josias darstellt. Und damit landen wir auch gleich beim Autor / den Autoren dieses Schriftgutes, die von der großen Mehrheit der Archäologen und Religionswissenschaftler in Josia und seinem Hofstaat angesehen wird. Dafür gibt es unglaublich viele Gründe und einige möchte ich hier anführen. Zum einen sind es die Feldzüge Josias, die deckungsgleich zum Buch Josua, und jetzt auch archäologisch belegbar, stattgefunden haben. So wurde z.B. in Jericho und Ai durch die Assyrer eine befestigte Wehranlage errichtet, die in der Tat in den Zeiten Josias zerstört wurde. Doch noch mehr Parallelen sind gerade zu auffallend. Es geht dabei um die Einnahme des verheißenen Landes durch König Josias, der die Schwäche Assyriens für sich nutzen wollte, um die Gebiete des verlorenen Nordreiches (Israel) aus der Hand der mit Assur verbündeten Philister und Kanaaniter zu entreißen. Noch deutlicher kann man diesen Sachverhalt an Josias Thronbesteigung 639 v.Chr. festmachen. Mehr denn je, lag bei Josias Machtantritt der Traum von einem geeinten Volk Israel in weiter Ferne. Nicht nur Juda selbst war ein bedeutungsloser Vasall Assyriens, auch das abgespaltene Nordreich (Israel) existierte nicht mehr. König Josia sah die Ursache für diesen Zustand in dem Abfall Israels von Gott und der Missachtung der Gesetze des Bundes also schlicht und ergreifend in der Götzenahnbeterei. Zudem wusste Josias aus der Geschichte des Volkes Israel, dass die Uneinigkeit der Stämme und ihre unterschiedlichen Kultpraktiken und Glaubensansichten, es Assur erst ermöglicht hatten das Nordreich zu vernichten und das Südreich zum Vasallen zu machen. Israels Stärke, und das hatte sich schon unter David gezeigt, war nur in einer Gemeinschaft stark genug, um den umliegenden Großmächten zu trotzen. Die heilige Gemeinschaft war der Schlüssel zum Erfolg.
Schon Richard D. Nelson hat die Prallelen in der Josua- und Josiageschichte erkannt. Es fängt mit der göttlichen Auftragserteilung Josias an, die ebenso bei Josua zu finden ist, führt weiter zu einem Treuegelöbnis auf den von Gott auserwählten Anführer, bis hin auf die Einschwörung auf ein Buch des Gesetzes des Moses, dass die Einheit des Volkes sichern soll. Zumindest lässt der archäologische Befund die Kriegszüge von König Josia klar erkennen, die eines Josua finden sich an keinem Ort. Doch das Buch Josua gibt selbst Aufschluss über die Probleme des Königs Josia. Ganz im Widerspruch zu dem Buch Josua, das einerseits von einer völligen Besetzung Kanaans spricht, sagt gleiches Buch ebenso aus, dass es noch Gebiete zu erobern gilt. Dazu gehören die Gebiete der Philister (die wie schon ausgeführt nicht in die Erzählepoche eines Josuabuches gehören), phönikische Stützpunkte im Norden und man höre und staune, das Buch Richter berichtet, dass weder Megido, noch Beth-Schean oder Geser erobert sind. Hier spiegelt sich genau die politische Situation des 7. Jahrhunderts wieder. Die Zeiten eines geeinten Königreiches unter einem König muß im 7. Jahrhundert eine unglaubliche Sehnsucht hervorgebracht haben und genau diese Sehnsucht wird im Buch Josua auf den neunen König Josia projiziert.
Doch zurück zu den historischen Nachprüfbarkeiten. Das Buch Richter erzählt von Zeiten der Volksstämme ohne Zentralgewalt = Königtum. Dieses politische System entstammt dem gleichen System, wie es Kanaan in einem relativ losen Stadtstaatenbund jahrhunderte lang vorlebte. Die Kanaaniter lebten in sog. Stammesverbänden, die sich Herrschaftsgebiete aufteilten. Eine zentrale Führung, wie sie im Umland gang und gebe war fehlte. Das war Kanaans große Schwäche, die Uneinigkeit unter den Stämmen und in Folge dessen das Auseinandertriften der ursprünglichen gemeinsamen Interessen. Ganz genau wie im Buch Richter beschrieben bekämpften sich auch die kanaanitischen Stammesverbände je nach Interessenslagen. Spiegelt sich hier die Vorgeschichte Kanaans im Buch Richter wieder? Oder wiederholt sich hier nur Geschichte?
Der historische Befund ist klar, Kanaan stand bis 1300 unter einem strengen Regiment der Ägypter, das Kriege im eigenen Herrschaftsbereich nicht duldete. Ab 1400 bis 1200 änderte sich diese Situation. Kanaan war sich zunehmend selbst überlassen. Alte Interessenskonflikte brachen auf und neue Bündnisse wurden geschlossen. Faktisch die gleichen Situationen, wie sie sich im Buch Richter abspielen. Im Gegensatz zum Buch Richter zerfiel die kanaanitische Hochkultur und ging in seinem Verlauf in anderen Kulturen unter – insbesondere der Philister und folglich der Assyrer. Doch was ist mit den Bergbewohnern? Wie die archäologischen Befunde belegen reorganisierten sich diese in neuen Dorfgemeinschaften und es ist gerade zu offensichtlich, begründeten neue Stammesverbände, die sich zwar als lose Stammesverbände über mehrere jahrhunderte hielten, doch nicht unter den massiven kulturellen Einfluß der vorrückenden Philister kamen. Genau von diesem Widerstand erzählt das Buch Richter und endet letztlich in der Erkenntnis, dass nur durch eine geeinte Streitmacht der Bedrohung durch die Philister beizukommen ist. Denn nicht nur die Philister stellen zunehmend eine Bedrohung für die Bergstämme dar, es kündigt sich eine neue – alte Macht auf der Weltbühne an, die Assyrer. Archäologisch kann man sehr gut das Vorrücken der Bergstämme in die Ebenen Israels nachvollziehen. Ihre einfache – fast schon spartanische Lebensweise hinterließ zahlreiche Spuren. Und hier wird es archäologisch deutlich, die Bergvölker tragen zwar noch deutliche Spuren ihrer frühkanaanitischen Kultur in sich, doch sie haben sich weiterentwickelt und vor allem anders entwickelt als die kanaanitischen Ebenenbewohner, die sich überaus deutlich kulturell den Philistern und Assyrischen Einflüssen angeglichen haben. Das Buch Richter beschreibt zugleich, dass auch israelitische Stämme mit diesem Kulturkonflikt zu kämpfen haben und es verwundert nicht, dass es vornehmlich die Nordstämme sind, die vom Buch Richter so gemaßregelt werden. Sie waren die Ersten, die sich in den Ebenen ansiedelten und somit frühzeitig mit den neuen kulturellen Verhältnissen eng in Berührung kamen. Archäologen bescheinigen dem Buch Richter in den Situationsbeschreibungen eine richtige Widergabe, allerdings nicht in den Verhältnissen kurz nach Josua, sondern viele Jahrhunderte später. Eine ganz ähnliche Situation spiegelt sich dann in den Zeiten König Josias wieder.
Wir treffen also im Buch Richter auf echte Geschichte, die allerdings in frühere (man beachte, alles bezieht sich auf die Zeit vor Christus – Zeitrechnung) Jahrhunderte gehört. Deutlich tritt für die Archäologie zu Tage, dass wir es nun mit zwei Völkern gleicher ethnischer und kultureller Herkunft zu tun haben, die sich jedoch ganz gegenteilig entwickelt haben und sich nicht mehr miteinander identifizieren. Spätestens hier entwickelt sich zumindest für ein Volk eine eigene Herkunfts- und Identifikationslehre, nämlich für die Israeliten. Historisch gesehen ist in diesen Entwicklungen der Beginn der biblischen Frühaufzeichnungen zu lokalisieren, die zweifelsfrei an frühkanaanitische und ägyptische Kulteinflüsse gebunden sind.