Zwei Männer gehörten zu den wenigen Privilegierten, denen eine Audienz beim König gewährt wurde. Zur festgesetzten Stunde traf der Erste am Palast ein; doch kaum hatte er die Vorhalle betreten, erstarrte er vor Ehrfurcht. Da er reich war, wusste er die Kostbarkeiten zu schätzen, die er sah. Stundenlang stand er da und schwelgte in der Pracht und Fülle, die seine Seele vergiftete. Den König sah er nie.

Der zweite Mann betrat denselben Saal; aber weil er solche Reichtümer nicht gewohnt war, fesselten sie ihn nicht so wie den Reichen. Sehr zum Ärger des reichen Mannes ging der arme geradewegs zur Tür und zum König.

Als der Lubawitscher Rebbe diese Geschichte erzählte, erklärte er: Ein großer Mann sagte einmal: „Ich bete mit dem Gemüt eines Kindes.“ Er hat erkannt, dass ein Kind G-tt in gewisser Hinsicht wahrhaftiger und reiner sieht als ein gelehrter Kabbalist, der die g-ttlichen Attribute und Manifestationen zutiefst begreift. Der spirituelle Kenner, der sich G-tt nähert und dabei diese oder jene Nuance der G-ttlichkeit sieht, kann dadurch den Sinn des Ganzen übersehen. Nur wenn wir uns unserer fundamentalen spirituellen Unwissenheit bewusst sind, können wir mit der alles transzendierenden Essenz G-ttes wirklich Verbindung aufnehmen.

Quelle: http://www.de.chabad.org/library/art...Der-Palast.htm