Lieber Frank, danke für deine Ausführliche Antwort und Sichtweise. Ich hatte anderen Ortes – gerne kann ich das Referat auch hier ins Open holen - über die vielfältigen kulturellen und religiösen Einflüsse auf das Judentum schon etwas geschrieben. Mir ist das nicht neu und ich kann dich in deinen Ausführungen dazu nur bestätigen.

Was deine Anfrage bezüglich des historischen Jesus betrifft, habe ganz bewusst Alexander und Cäsar angeführt und im Vergleich zu diesen und anderen Persönlichkeiten der Antike (Platon, Sokrates, etc.) war Jesus historisch gesehen keine öffentlich bekannte Größe. Dafür gibt es auch gute Gründe, die zum einem in seiner kurzen Lebens- und Wirkungsdauer liegen und natürlich auch in seinem kleinem Lebensumfeld, welches nicht die internationale Bühne der Weltgeschichte betrat.
Das sein Dasein in seiner Zeit Spuren hinterlassen hat, steht außer Zweifel für mich, auch wenn ihn selbst nur wenig Menschen leibhaftig erlebt haben (die Mehrheit der Juden lebte damals schon in der Diaspora und die Galil war relativ dünn besiedelt). Ich habe mal gelesen, dass man davon ausgeht, dass ihn persönlich nicht mehr als 10000 Menschen gesehen haben und wohl nicht einmal 2000 Menschen persönlich gehört haben. Von ihm gehört haben aber sicherlich noch wesentlich mehr Menschen.

Mir ist schon klar, dass seine Auferweckung – nicht Auferstehung! ein Wendepunkt auch im Verständnis seiner Jünger war und das stellt für mich überhaupt keine Problematik dar, denn auch das kann ich relativ leicht in ein - mein jüdisches Glaubenserleben einbetten. Nicht einmal die Aussage eines Weltenheilands ist für mich eine grundlegende Problematik (Rabbi Löw von Prag – wenn dir das was sagt). Was ich nicht sehen kann, ist die Gottesunbildlichkeit, welche zum Gegenstand menschlicher Dimension herabgewürdigt wird. Hier verschließt sich mir jegliches Verständnis und das ein Gott sterben kann, ist für mich ein Absurdum. Doch das war es auch für Paulus.

Richtig, Christus ist nicht zerteilt, doch man hat ihn zerteilt und ich denke zugleich auch, seiner Biographie beraubt. Oder um mit Joseph Klausner zu sprechen, lasst uns das römisch – hellenistische Mäntelchen, welches Jesus angezogen wurde, ausziehen.

Eventuell können bei der Entkleidung beide Seiten etwas gewinnen, wie Martin Buber sagte, nämlich dass der Edelste der Söhne Israels wieder eine Leuchte für Israel ist und zugleich seinen Brüdern die Todesangst vor einer pervertierten Botschaft der Liebe zum Gewalttode hin genommen wird und zum anderen, dass die Welt an seiner Botschaft hin genese und zur Nachfolge für die vielen Völker – Hand in Hand – als Kinder Gottes wird. Alle Seiten könnten dabei nur gewinnen!

Schlussendlich Rabbi Löw (Rede nach einem Pogromnacht zu Prag) : Wenn es Gott gefiel das Christentum zu erschaffen, so sei es, wir werden es demütig ertragen, wenn es Gott gefiel den Islam zu erschaffen, wir werden es demütig ertragen, wenn es Gott gefiel Israel zu erschaffen, wir werden uns der Aufgabe stellen und demütig ertragen.

Versöhnlicher kann man meines Erachtens nicht die Hand für eine gemeinsame Zukunft, trotz aller Unterschiedlichkeiten, reichen. Ich glaube das gerade Israel bewiesen hat, die Völker und Religionen zu respektieren und zu tolerieren – und hier gerade in Israel (ich denke da an die Bahais in Haifa, die Kopten in Jerusalem, etc, welche dort Religionsfreiheit und Zuflucht fanden) und mir wäre es neu, wenn Israel sich anmaßen würde zu behaupten, dass unser Glaube zum Missionsauftrag an der Welt gedacht sei. Gerne darf ein Jeder seinen ganz persönlichen Wegweisungen folgen, dass gilt als Grundprinzip für die Menschen der Erde.

Samu