Gedanken von Axel Kühner
Das Lebensziel
Wenn ich über den nahe gelegenen Friedhof gehe, um das Grab meiner Frau zu besuchen, komme ich an hunderten von Grabsteinen vorbei. Sie alle tragen Namen und Lebensdaten von Verstorbenen. Auf kaum einem Grabstein findet sich noch eine Botschaft. Jedoch zwei Grabsteine nebeneinander haben mich bei jedem Vorübergehen nachdenklich gemacht. Auf einem Stein lautet die Inschrift unter dem Namen einer Frau: „Schatz, du bist immer bei mir!” Daneben heißt es über dem Namen einer Frau: „Im Hause des Herrn immerdar!”
Wo sind unsere Verstorbenen? Sind sie immer noch bei uns? Sind sie bei Gott zu Haus? Unerbittlich zerschneidet der Tod die irdischen Beziehungen. Und es ist wichtig, Verstorbene ganz loszulassen und sie Gott anzubefehlen. Wenn ich dann am Grab meiner Frau angekommen bin, danke ich Gott für die 35 Jahre der Gemeinsamkeit. Aber ich danke auch dafür, dass meine Frau von ihrem Leiden erlöst und bei Gott zu Hause ist. Ich bin sicher, dass sie in Gottes Händen besser aufgehoben ist als in den Händen der Ärzte, die ihr nicht mehr helfen konnten, und in unseren Händen, die sie nicht mehr halten konnten. Über ihrem Namen und den Lebensdaten steht das Zeugnis ihres Lebens, Leidens und Sterbens: „Jesus lebt, mit ihm auch ich!”
Auch meine Tage sind gezählt. Ich meine das nicht wehmütig und erschrocken. Meine Tage sind gezählt, mein Leben ist gerichtet, auf ein Ziel hin gerichtet. Jeder gelebte Tag ist ein Tag voller Leben, er wird mitgezählt in meinem Bewusstsein und auch von Gott. Wenn wir unser Leben auf ein Ende hin leben, ist jeder gelebte Tag ein Tag weniger, aber wenn ich auf ein Ziel hin lebe, ist jeder einzelne Tag ein Tag mehr.
Meine Tage sind gezählt. Sie kommen aus dem Nichts und vergehen nicht in der Nacht. Meine Tage lebe ich nicht von irgendwo nach nirgendwo. Meine Lebenstage sind gezählt. Gott wacht über sie. Er schenkt mir die Tage, besorgt und erfüllt sie, lenkt sie und behütet sie. Meine Tage sind bei Gott festgehalten.
Wie wunderbar, dass Gott unsere Tage sorgsam zählt, behutsam hält und in seiner Liebe bedenkt. Jede Träne wird von Gott gezählt. Gott hat unser Leben fest in seiner Hand. Wir leben nicht endlos weiter, ohne Sinn und Ziel.
Nein, alle Tage meines Lebens sind im Grunde seine Tage und zielen auf den Tag des Herrn. Irdische Tage zielen auf ein ewiges Leben, und ewiges Leben beginnt, wo wir unsere Tage mit Jesus leben. Er ist bei mir alle Tage, bis zu seinem Tag, an dem ich bei ihm sein darf. Und dann ist auf dem Grabstein meiner Frau unter der Überschrift: „Jesus lebt, mit ihm auch ich!“ noch Platz für meinen Namen und die Lebensdaten.
Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn!
Römer 14,8
Aus : Axel Kühner, „Am guten Tag sei guter Dinge...“ und „Das große Textarchiv, CD-Rom“, beides Aussaat-Verlag
Denn du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich. Psalm 63, 8
Lesezeichen