Gedanken von Axel Kühner
Die Einsamkeit
Wenn man abends, am Wochenende und an Feiertagen beruflich unterwegs ist, werden gesellschaftliche Kontakte schwierig. Gemeinsame Sport-, Grill-, Klön- oder Kinoabende sind selten oder gar nicht möglich. Wenn man zudem dafür auch nicht der richtige Typ ist, und die Familie sich auf eine Person reduziert hat, spätestens dann stellt sich die Frage nach der Einsamkeit. Sie hat immer zwei Gesichter, ein freundliches und ein schreckliches.
Das freundliche Gesicht der Einsamkeit blickt mich liebevoll an, ermutigt mich, zu mir selber, zum Wesentlichen, zum Schöpferischen zu finden.
Das düstere Gesicht der Einsamkeit erschreckt mich mit der Aussicht, ohne einen verlässlichen Lebenszusammenhang allein und verlassen zu sein.
Gute Einsamkeit ist, wenn ich mit mir versöhnt und eins bin, für mich selber wählen und entscheiden, mich aus mir selbst verstehen und annehmen kann.
Gute Einsamkeit ist das Bewusstsein, ein Same zu sein, den Gott in dieses Leben ausgesät hat, ein Same, der unvergleichlich ist und auf dem Boden der Liebe Gottes seine Frucht bringen wird.
Gute Einsamkeit ist, wenn ich mit mir selbst und Gott Frieden habe und die anderen Menschen nicht zur Befriedigung und Bestätigung missbrauche.
Gute Einsamkeit ist daher für jede Form der Gemeinschaft ein Segen. Wenn ich gut alleine sein kann, mit meiner „Einsamigkeit“ versöhnt bin und andere nicht für die Rechtfertigung und Erfüllung meines Lebens brauche, erst dann bin ich wirklich gemeinschaftsfähig im Sinne der Liebe.
Aber dann muss ich mich auch hüten vor der bösen Einsamkeit. Die böse Einsamkeit entzieht und verweigert sich den anderen.
Böse Einsamkeit sucht die innere und äußere Unabhängigkeit. Sie will nicht teilen, nicht teilgeben und teilhaben.
Böse Einsamkeit ist oft zur Selbstverliebtheit verkommenes Selbstbewusstsein. Und aus der Einsamkeit wird dann die kauzig besondere und fremde Persönlichkeit.
Böse Einsamkeit will die Vernetzung nicht gelten lassen und spinnt sich im Netz der eigenen Vorstellungen abartig ein.
Die gute Einsamkeit möchte ich lernen, denn nur so werde ich gemeinschaftsfähig.
Und die böse Einsamkeit möchte ich meiden, denn nur dann bleibe ich richtig Mensch und Mitmensch.
Aus: Axel Kühner, Am guten Tag sei guter Dinge, Aussaat-Verlag, 2007
Denn du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich. Psalm 63, 8
Lesezeichen