hallo auch nochmal ;-)
jeder hat irgendwie seinen weg zur wahrheit und das ist auch gut so :-) ich bin auch nicht mit allem einverstanden auch nicht mit dem thomasevangelium... aber manches verstehe ich.
nochmal zu den gleichnissen:
Die Wahrheit
lässt sich nicht aussprechen; diese Unaussprechlichkeit ist ein
Wesenszug der Wahrheit. Tausende und Abertausende haben
sie auszusprechen versucht – und nur ganz Wenigen ist es
gelungen, sie auch nur anzudeuten.
Wer das Leben erfahren hat, dessen Erfahrung blüht in Form
von Gleichnissen auf; offenbar ist das der einfachste Weg, das
Unsagbare anzudeuten. Ein Gleichnis ist ein Kunstgriff, ein
großartiger Kunstgriff – jedenfalls alles andere als eine gewöhnliche
Geschichte. Es soll euch nicht unterhalten; es soll euch
etwas Bestimmtes mitteilen, das sich nicht anders sagen lässt.
Das Leben lässt sich in keine Theorie pressen – so riesig, so
grenzenlos ist es. Eine Theorie ist von Natur aus in sich geschlossen.
Eine Theorie muss abgeschlossen sein, sofern sie
überhaupt eine ist; sie darf nicht unabgeschlossen sein, sonst
macht sie keinen Sinn. Ein Gleichnis dagegen ist unabgeschlossen;
es besagt etwas, lässt aber vieles offen, tippt es nur an. Und
was nicht gesagt werden kann, auf das kann hingewiesen werden
– wie ein Finger, der zum Mond zeigt. Klammert euch also
nicht an den Finger – der spielt keine Rolle; schaut hinauf zum
Mond. Diese Gleichnisse sind in sich schön, aber das ist nicht
ihr Zweck – sie weisen über sich selbst hinaus, sie sind transzendental.
Wenn man das Gleichnis selber auseinandernimmt,
wird man kaum schlau aus ihm werden. Es ist wie mit dem
Nabel im Körper des Menschen. Geht man zum Chirurgen
und fragt ihn, was denn der Zweck des Nabels im Körper sei,
und der untersucht daraufhin den Körper, wird er keinen
Zweck finden. Der Nabel scheint geradezu unnütz zu sein.
Was für einen Zweck hat der Nabel? Er hatte wohl mal einen
Zweck, als das Kind noch im Mutterleib war: da war sein
Zweck der, eine Beziehung zwischen Kind und Mutter herzustellen,
das Kind mit der Mutter zu verbinden. Aber nun ist das
Kind nicht mehr im Mutterleib – vielleicht ist die Mutter längst
tot und das Kind längst alt. Was also soll der Nabel jetzt noch?
Sein Zweck ist transzendental: Er weist über sich hinaus. An
und für sich hat er keinen Zweck. Man wird überall suchen
müssen, auf allen Seiten, um Aufschluss darüber zu finden,
worauf er hinweist: Er weist darauf hin, dass der Mensch einst
ein Kind war, das das Kind einst im Schoß einer Mutter lag und
das Kind mit der Mutter verbunden war. Jetzt ist er nur noch
eine Spur der Vergangenheit.
So wie der Nabel auf Vergangenes hinweist, so weist ein
Gleichnis auf Zukünftiges hin. Es weist dich darauf hin, dass es
eine Möglichkeit gibt zu wachsen, mit der Existenz verbunden
zu sein. Das ist zwar vorläufig nur eine Möglichkeit, die sich
erst noch verwirklichen muss. Nimmt man das Gleichnis auseinander,
wird eine gewöhnliche Geschichte aus ihm. Nimmt
man aber, statt es zu zerlegen, nur seinen Sinn, seine Poesie,
seine Musik in sich auf – vergisst man also die Geschichte und
lässt nur die Bedeutung auf sich wirken –, dann wird man sehr
bald gewahr, dass sie auf etwas Zukünftiges hindeutet, auf
etwas, das zwar sein kann, aber noch nicht ist. Das heißt „transzendental“.
Eine Theorie kann man analysieren – ihr Sinn liegt in
ihr beschlossen; sie hat nichts Transzendentales, ihr Sinn ist in
ihr drin, ist „immanent“. Ein Gleichnis kann man nicht analysieren;
analysiert man es, wird es sterben. Sein Sinn ist transzendental,
ist nicht in ihm enthalten. Er liegt woanders – notgedrungen.
Ein Gleichnis gilt es zu leben, nur so stößt man auf
seinen Sinn. Es muss zu deinem Herzschlag, zu deinem Atem
werden; es muss zu deinem inneren Rhythmus werden. Diese
Gleichnisse hier sind also ungeheuer künstlerisch, aber nicht
nur Kunst – sie sind auch voller Religiosität.
Nur also, wenn diese Gleichnisse in dir einen Durst nach
Erkenntnis, einen großen Drang nach Erkenntnis, einen Heißhunger
auf Erkenntnis wecken, wenn dich diese Gleichnisse
veranlassen, eine große Reise, eine Pilgerreise anzutreten – nur
so, nur indem du dich selbst auf den Weg machst, wirst du den
Weg verstehen lernen.
Osho - tao das herz der freiheit
Lesezeichen