Ich erlaube mir mal etwas aus meiner angefangenen Autobiographie zu posten, ich finde, dass es ganz gut zum Thema Wunder passt.
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Es war im Jahre 1987, als ich von der Drogensucht und der damaligen Zeit gekennzeichnet war. Dem Tode nah und im Rausch von zerstörerischem Desinteresse an mir selbst blieb mir nichts anderes übrig, als die Signale meiner Mitmenschen wahrzunehmen und in meinem schlechten Gesundheitszustand ein Krankenhaus aufzusuchen. Wie eine leere Hülle ohne Geist und ohne Emotionen entschied ich mich mit einem Rest selbsterhaltender Energie, Hilfe zu suchen.
Aufnahme im Krankenhaus
Als ich im Krankenhaus ankam, nahmen sie mich mit der Diagnose Gelbsucht auf. Sie brachten mich in einem Rollstuhl in ein Quarantäne-Krankenzimmer; zu dieser Zeit wusste ich noch nicht, wie es um mich stehen würde. Es dauerte aber nicht lange, und als die restlichen Drogen aus meinem Körper waren nach wohl vierundzwanzig Stunden brach mein gesamtes Immunsystem zusammen. Ich verstand mich in einem zwischenweltlichen Zustand, ausgelöst durch ein Teilorganversagen meines Körpers. Es ist merkwürdig, aber war es wirklich so, dass mein Körper die letzte Kraft aufbrachte, um mich hier jetzt sterben zu lassen? War es so, dass ich mein Leben jetzt hier zu beenden hatte? Sollte es mir genommen werden, oder war mein Zustand das Resultat meines selbstzerstörerischen Verhaltens?
Die drauffolgenden Tage verliefen immer gleich, die Ärzte nahmen mir Blut ab und die Einstichwunden wollten sich nicht schließen, mein Blutgerinnungsfaktor funktionierte nicht mehr, zu dem kam eine noch viel schlimmere Bedrohung auf mich zu. Ich hatte zwei offene Magengeschwüre und das Risiko, von innen zu verbluten, wurde von den Ärzten thematisiert. Meine Leber hatte die Arbeit auf 10 % reduziert und die Ärzte gingen davon aus, dass sie stündlich versagen könnte. Mein damaliger Zustand war ein komaähnlicher, ich nahm das Geschehen um mich herum nur noch schemenhaft wahr; in dieser Zeit befand ich mich in einer Art Zwischenraum, als könnte ich mich aus einer Parallelwelt selbst betrachten.
Da sah ich ihn nun, den fast verlorenen Tempel meiner Seele, zusammengekauert wie ein Häufchen Elend, die Knochen überzogen von einer welken, gelben Haut.
Dieser Körper war für mich kein Tempel meiner Seele mehr, sondern mehr ein Tempel meiner selbstzerstörerischen Vergangenheit. In dieser Zeit flossen Reflexionen aus meiner Kindheit durch meinen Geist. Mir wurde immer klarer, dass nur ein Wunder wohl in der Lage wäre, meinen Körper noch zu heilen. In einem zwischenzeitigen Wachzustand hörte ich bei einer Visite, dass die Ärzte sagten, sie müssten mich an eine Schweineleber anschließen, und die Frage einer Spenderleber kam auf. Darauf folgte wieder eine lange Koma-Zeit und ich bereitete mich auf das Sterben vor.
Aber was war da noch....mich plagte etwas so sehr und das war der Schrei nach Vergebung, erstaunlich, wo ich doch mich selbst gar nicht als gläubigen Menschen verstand. Dennoch, ich hatte den sehnlichsten Wunsch, dass mir Gott vergeben möge, die Worte dazu kamen mir über die Lippen: “Bitte, Gott lass mich nicht unter dieser Last sterben, vergebe mir meine Sünden”. Es war ein letztes, nacktes, aufrichtiges und hoffnungsvolles Wimmern meiner Seele in einem halbverdorrten Körper. Ich muss in dieser Zeit viel geweint haben, denn mein Gesicht war immer nass und auch mein Kopfkissen. Hatte meine Seele so viel Leid zu büßen, dass sie mich fast in einem See ertränkte, voll von Tränen der Vergebung?
Was darauf folgte grenzt an ein Wunder, die Ärzte sagten selber es ist ein medizinisches Wunder. Es stellte sich eine enorme Verbesserung meiner kritischen Situation ein, ich merke gerade wie mir das Schreiben schwerfällt und vor mir hier Tränen auf das Papier fallen, so muss der Leidensdruck meiner Seele gewesen sein, dass ich ihn heute noch zu spüren vermag.
Die Genesung nahm ihren Lauf und ich empfand mich als einen Menschen, der nun alles begann völlig neu zu werten, was in seinem Leben geschah und was auf ihn noch weiterhin zukommen würde. Leider sollte nicht alles so bleiben wie es vorerst augenscheinlich auf mich wirkte.
Gefangen in der Vergangenheit, Abgrund und Willenlosigkeit folgten daraufhin...
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