Vers 7: Siehe, ob du deinen Vorzug zum Guten verwenden oder nicht zum Guten verwenden wirst, dazu ruht die Sünde vor der Tür; ja, zu die geht ihr Sehen, dass du sie beherrschest.
שְׂאֵת s’et, bedeutet eine bevorzugte Stellung. Im Ausspruch Jakobs über Ruben, spricht auch er über den Vorzug der Erstgeburt, und auch gerade dann, in welcher Ruben der Würde unwürdig erklärt wurde. Ganz auch hier: Kajin hatte das „Jahresopfer“, die Huldigungsgabe dargebracht, als Erstgeborener und Hewel wäre darin mitvertreten gewesen. Hewel sah in diesem Opfer nicht den Ausdruck seiner Gesinnung und brachte daher ebenso ein Opfer, und zwar ein erwähltes, seiner Gesinnung entsprechend. Dieses Opfer war ein stillschweigender Protest gegen Kajins Würdigkeit der Erstgeburtswürde. Und Gott hatte, indem er sich Hewel zuwandte, diese Unwürdigkeit bestätigt (siehe auch Aron mit den Korach-Priestern).
Dies verdriesst Kajin und es schlägt ihn nieder. Und Gott spricht: „Warum verdriesst es dich und shlägt dich nieder? Ich habe mich nur momentan Hewel zugewendet. Es liegt doch in deiner Hand, ob du dich aufgrund deiner Stellung dich zum Guten wendest, verwendest oder nicht.“
רֹבֵץ rovez, ruhen. Man vergleiche sämtliche Stellen, wo dieses Wort vorkommt, Nicht eine einzige findet sich, wo es eine lauernde Stellung bedeutet. Ausnahmslos bezeichnet sie vielmehr das friedlichste, ungestörte und zu keiner Störung angeregte Ruhen. Ebenso ist dieses Wort תְּשׁוּקָתוֹ (verlangen) nirgends der Ausdruck feindlicher Gier, sondern vielmehr die Sehnsucht nach höchstem Gut, die hingebenste Sehnsucht der Liebe (Hohelied).
חַטָּאת chatat, Fehltritt, Sünde, Sinnlichkeit. In diesem Satzteil ist keine Theorie vom „bösen“ Prinzip, das da voller Gier vor der Türe lauert, um ihn zu Fall bringen will. Im Gegenteil!!
Die Sinnlichkeit, du darfst ihre Kraft nicht unterschätzen. Sie hat Kraft, dich zu beherrschen, allein sie bleibt ruhig vor der Türe. Sie kommt nicht von selbst zu dir. Bevor sie bei die heimisch werden soll, oder gar dein Hausherr, so musst du sie zuvor einladen, ihr den Stuhl an deinen Tisch gestellt haben. Von selbst aber bleibt sie ruhig vor der Türe. Ja, ihr verlangen geht dahin, dass DU sie beherrscht und leitest. So hat Gott der Sinnlichkeit einen Reiz verliehen, nicht damit sie dich, sondern du sie beherrscht, nicht unterdrückst oder tötest, sondern regierst und über sie waltest. Der Mensch hat ja nicht nur eine einzige Anlage, die da Gut oder Böse wäre. So kommt es auf die sittliche Verwendung an. Das Verhältnis zur Sinnlichkeit soll sein wie zwischen Mann und Frau, um mit ihr die höchsten Ziele zu vollbringen.
„Die Sinnlichkeit kommt von Gott und reizt den Menschen, und wenn der Mensch ihren Reizen erlegen, steigt sie hinauf und klagt ihn dessen vor Gott an“; denn sie hat ihn nicht gereizt, damit er ihr erliege, sondern damit er sie frei überwinde und unter seine Herrschaft nehme.
משׁל (maschal) herrschen. Aussprechen, was etwas ist und soll, Charakter und Bestimmung aussprechen. Gebieten. Es bedeutet nicht „bezwingen, unterjochen“, sondern vielmehr leiten und walten. Mischleh Schlomoh, Sprüche Salomos, Sprüche, die uns sagen, was die Menschen und Dinge sind und sollen.
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