Ich gebe hier gerne meine subjektive Sicht / Interpretation wieder, die resultiert aus meinen Erfahrungen in meinen ersten Ehejahren, wo jahrelange Beziehungskrise mein steter Begleiter war. Bitte nicht als Lehre oder Belehrung auffassen: vielleicht taugt meines nicht für andere.
Während einer Meditation spürte ich damals, dass alles "da draussen" ein Spiegelbild meines bewussten und unbewussten Inneren ist. Mit der Ehe geht der Mensch einen Bund mit der Liebe ein, und die Liebe ist lebendig. Innerhalb dieses Bundes fängt es bald einmal zu gären an, d.h. was der reinen Liebe nicht entspricht (oder genügt?), gerät bald einmal in einen Gärungsprozess, wo es zu brausen und zu kochen anfängt (Kampf), bis es entweder vom Geist der wahren Liebe durchdrungen selber zur reinsten Liebe geworden ist, oder bis es überwunden und ausgeschieden ist.
Wie immer einem der Partner begegnet, so ist im Grunde die eigene Liebe beschaffen: Ist der Partner eigenliebig, selbstbezogen, unzufrieden, voller Erwartungen, so sind das Neigungen, die ich in mir selber zuerst ins Gleichgewicht bringen muss, damit der andere aus seinem Extrem zurückkommen kann. Das Schwert, das Jesus also bringt und der Kampf der von Ihm angesagt ist, habe ich aus diesem Verständnis heraus dann als Gärungsprozess gesehen und bin die Sache dann eben von der Seite der Selbstverleugnung (ich tue doch schon alles und gebe doch mein bestes - der andere hat ein Problem und gestaltet (mir) das Leben schwierig) her angegangen. Zuerst steht Ohnmacht ins Haus, wenn man plötzlich zugeben soll, dass man eben doch sehr eigenliebig ist (obwohl man doch soooo viele Opfer bringt und noch viiiiiel mehr für den anderen / die Familie tut) und selbstbezogen ist (man hat Erwartungen, an sich selber, an andere, an das Leben und ist in Mustern und liebgewordenen Gewohnheiten festgefahren / gefangen...). Der Kampf verlagert sich mit dieser Erkenntnis von aussen ins Innere; das Gebaren des Partners, der Familie ist zweitrangig, denn sie reflektieren mir ja dann immer nur mein eigenes, inneres (Un-)Gleichgewicht. Und dann kommt das Schwert (die Zunge oder Sprache oder das Wort) Gottes zum Zuge: Es ist "...kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens; vor ihm bleibt nichts verborgen, sondern alles liegt nackt und bloss vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden." (Hebr. 4,12 + 13) Dies habe ich oben als "Gärungsprozess" bezeichnet, denn: Wer schafft es so leicht, sich strikte an die Liebe zu halten, wie Jesus uns lehrt? - Bei mir war es so, dass irgendwann die demütige Einsicht kam, dass ich nicht wirklich den Ansprüchen der reinen Liebe genügen kann, aber ich kann mich selber in meiner Unzulänglichkeit annehmen und mich mit meiner ganzen Wahrheit der vollkommenen und allmächtigen Liebe (Jesus) hinhalten / zumuten. Daraus erwächst von selbst, dass ich auch andere in ihren Schwächen und Unzulänglichkeiten besser annehmen kann, weil ich plötzlich Verständnis dafür aufbringe. Und dann werde ich friedfertig. Die Folge davon ist, dass der Partner / die Familie "aussen" diese persönliche Ergebung in die Friedfertigkeit und Versöhnung - mit etwas zeitlicher Verzögerung - spiegelt. Dankbarkeit flammt auf und ein Neubeginn auf der Grundlage echten Annehmens und gegenseitigen Verstehens beginnt. Und nach einiger Zeit erkannte ich, dass alle die Schwächen in meinem Inneren gar nicht so sehr falsch sind, sondern dass sie einfach zur rechten Zeit am rechten Platze gelebt werden wollen. Wahr sein und einfach sein wird dann zum Motto des Lebens. - Und es ist schön und erfüllend!!!
In diesem Sinne ist Jesus wohl doch etwas eifersüchtig auf jede Art von ungegorener (Eigen-)Liebe, aber dass Jesus nun deswegen die Familien zerstören würde, das möchte ich bezweifeln. Ist es nicht viel mehr so, dass meine / unsere Unzulänglichkeit oder unreife Liebe das Liebesbündis stört? Ist es nicht die wahre Liebe, die von den Bündnispartnern einfordert, was sie ihr schulden?
Das Zerreissen und Zerstören von Beziehungen ist wahrscheinlich einfach die Folge davon, wenn man nicht erkennt und begreift, begreifen kann, begreifen will.
Zur zweiten Frage: Wenn ich nun das Verhalten meiner Verwandten, Hausgenossen, Mitbewohner und Freunde als Aspekte meiner eigenen, (un-)ausgereiften Liebe zu betrachten lerne, dann sind sie mir Hilfe und Leitplanke auf meinem Weg der Entwicklung. Ihr (Fehl-)Verhalten erinnert mich / macht mich aufmerksam auf meine eigenen inneren Bereiche, die ich lernen sollte zu durchschauen und zu verstehen, oder über die ich mich dankbar und glücklich beschenkt fühlen darf. Je nach dem sind sie mir Ansporn oder Kraft- und Freudenquelle.
- Nein, ich bin überzeugt, dass mit fortschreitender Zeit / Entwicklung nicht alle Familien auseinander reissen. Aber Zweck- und Scheinbündnisse (halbherzige Familienverbünde) haben wohl je länger je weniger eine Chance, nach aussen aufrecht erhalten zu werden, wenn es den einzelnen Partnern nicht um die wahre Liebe geht. Auf jedenfall bin ich seit 21 Jahren mit demselben Partner verheiratet, seit 14 Jahren sehr, sehr glücklich und unsere Familie umfasst ganze 6 Köpfe (nichts da von auseinanderreissen, sondern eher bald flügge werden). :-) --- Vielleicht aber hatten und haben wir auch einfach nur Glück!
"Ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott" (5 Mo 4,24) "Eifersüchtig sehnt Gott Sich nach dem Geist (der Liebe), den Er in uns wohnen liess." (Jakobus 4,5) - Und: "Die Sehnsucht die der Mensch verspürt, ist die Sehnsucht Gottes nach dem Menschen." (Quelle vergessen)
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Schneewolf, welche Antworten hast du denn in dir selber zu deinen Fragen gefunden? - Es würde mich interessieren!
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