Ein Augenzeuge ist in der Wortwahl frei. Und seine Schilderungen des Gesehenen werden niemals wortwörtlich übereinstimmen (sonst liegt der Verdacht nahe, daß seine Geschichte erfunden ist). Wichtig ist, aus diesen, scheinbar wiedersprüchlichen Berichten, den wahren Sachverhalt raushören, b.z.w. rauslesen zu können.
Und natürlich, wer dem Bericht nicht glaubt (oder ihn nicht wahr haben will), wird gerade in den Abweichungen der Berichte, den Beweis für dessen Unwahrheit sehen.
Laut Lapide waren auch die Propheten in ihrer Wortwahl frei (sie haben kein Diktat geschrieben). Heißt das, daß ihre Schilderung des Wahrgenommenen unwahr ist?
Mose hat seinezeit ein Buch des Gesetzes geschrieben. In der Redaktion des Esra sind es fünf geworden. Ich denke nicht, daß seine Redaktion mit der des Mose wortwörtlich übereinstimmt. Aber dem Sinn nach. Und Jesus stellt die Redaktion des Esra nicht in Frage.
Wer also von dem gleichen Geist geleitet wird, von dem auch die Propheten geleitet waren, ist genauso in seiner Wortwahl frei und an die Wortwahl der Propheten nicht gebunden. Daher die Abweichungen in den Zitaten.
Und da zur Zeit der Aposteln die Bibel noch nicht kanonisiert war, und im Volk auch die Pseudoepigraphen bekannt waren und gelesen wurden, haben die Aposteln, statt über ihre Wahrhaftigkeit zu streiten, auch aus ihnen zitiert, um die Menschen für Christus zu gewinnen. Johannes zitiert sogar aus den Philosophen, ohne sie dabei zu erwähnen (wie der zu Guttenberg!).
Wichtig ist der Sinn: es muß eine Gemeinschaft aufgebaut werden, und alles wird gebraucht, was dazu nützlich sein kann.
Und alles, was stört, muß weg. Und dazu gehört auch das Ausleben solcher Neigungen, um die es in diesem Tread geht. Denn, man kann natürlich mit einem Staatssiegel auch Nüsse knacken (Der Prinz und der Bettelknabe), entspricht aber nicht dessen Bestimmung.
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