Lieber Yitzhak
Ich habe versucht mir ein paar Gedanken zu deinem Anfangs-posting zu machen:
Ich möchte hier mal sagen: Du bist Jude, die Bibel ist für mich jüdisch, auch das NT. Jesus war Jude, also durch und durch ein jüdisches Buch. Ist es da nicht berechtigt die Hintergründe zu erforschen auch aus christlicher Sicht? Selbst dann, wenn diese Bemühungen dann bei den jüdischen Quellen landen?
Aber auf jeden Fall finde ich es wichtig, zu versuchen an jüdischen Quellen sich zu orientieren. Aber angefangen hat bei mir alles damit, dass ich nach den Wurzeln meines Glaubens anfing zu suchen und schlussendlich an christlich geführten Lehrabenden landete, die uns die Bibel mit jüdischem Hintergrund nahe bringen wollten. Dort habe ich aber allmählich die Spannung empfunden zwischen dem jüdischen und christlichen Gedankengut – es wurde mir allmählich zu einem Spagat. So habe ich viele jüdische Internetseiten abgeklappert, war auch mal an einem Kurs im Lehrhaus in Zürich, besuchte die Synagoge und lese gerne in den jüdischen Schriften.
Irgendwann kommt man als Mensch an einen Punkt, wo man merkt, dass die Dinge, welche man sich da reinzieht auch Auswirkungen haben sollten auf das persönliche Leben. Deshalb habe ich auch Verständnis für Menschen, wie diese Second-Life Juden, die sich völlig identifizieren möchten mit dem Judentum. Auch ich war mal so an einem Punkt, wo ich merkte nun muss ich eine Entscheidung treffen.
Selbst bin ich aber zum Schluss gekommen, dass ich als Mensch aus den Völkern immer ein Goj bleiben werde. Aber ich denke, es hat sehr viel zu tun mit Identität eines Menschen. Du verstehst dich ja als Jude und da wäre es auch für mich auch einfacher zu sagen: Der Ewige ist mein Gott, ich gehöre zu diesem Volk. Dies beinhaltet für mich ein gewisses Selbstverständnis, dass ich als Mensch aus den Nationen nicht habe.
Auch ich kann dir nicht wirklich mehr aus christlicher Sicht antworten, weil mir das Christsein abgesprochen wird, denn ich glaube nicht mehr an die Trinität und jüdisch werde ich nie sein. Also bleibt nur noch der Weg einer individuellen Gottesbeziehung, der mir persönlich aber nicht so leicht fällt.
Für mich ist Jesus heute „ein“ Messias, aber die Bedeutung des Ewigen ist für mich im Verlauf grösser geworden. Ich glaube, dies wäre ein Punkt, wo die Christenheit sich zurück besinnen könnte auf die gemeinsamen Wurzeln.
Liebe Grüsse
Helo
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