Lieber Zeuge, eigentlich bringst du hier ein Sachverhalt an, der absolut richtig ist und doch in sich nicht ganz korrekt ist. Dein Zitat:Richtig ist, sie waren Israeliten und sie interpretierten die Schriften. Allerdings hinkt dein zweiter Satz ganz gewaltig. Denn was wir teilweise im N.T. vorfinden ist eben nicht typisch israelitische Interpretationspraxis der Zeit vor und nach Jesus, sondern es sind bestenfalls jüdisch – hellenistische Einflüsse, die da zur Geltung kommen. Und darüber hinaus und hier wird dir jeder israelitische Textforscher deutlich deiner Aussage widersprechen, gibt es Inhalte im N.T. die weder etwas mit der israelitischen Lehrmeinung und auch nichts mit einer jüdisch – hellenistischen (Diaspora) Lehrmeinung etwas zutun haben und unvereinbar mit dem israelitischen Glaubensgut sind, ja eigentlich undenkbar.Jesus und die Aposteln waren Juden. Und die waren es, die Schriften so interpretierten, wie wir sie im N.T. vorfinden.
Wenn ich mir allein den Textbefund der drei Synoptiker anschaue und die zahlreichen Überarbeitungsschichten – bis hin zur Anpassung an das damalige Sprach- und Verständnisgut im Imperium Romanum – welches nun einmal durch und durch hellenistisch geprägt war, dann kann man eben nicht so einfach auf die Aussagen von israelitischen Jüngern Jesu zurück schließen, sondern man muß sehr genau auf die Sinn – und Wortveränderungen, welche allein schon Übersetzungen in sich tragen, schauen.
Alef bemüht sich eben darum an die Wurzel des Sachverhaltes – sprich der Überlieferung – zu dringen und das geht letztlich eben nur durch ein tief greifendes Verständnis der hebräischen Sprach bis hin zum Erfassen der religiösen Gedankenwelt des antiken Judentums. Nichts anderes tun heute auch wissenschaftlich - christliche Schriftenforscher, die oftmals Hand in Hand mit israelitischen Religionswissenschaftlern Rekonstruktionsarbeit leisten. Ein Beispiel dafür sei die Erforschung der sog. Quelle Q oder aber eben die Erforschung der Schriftenfunde von Qumran.
Und glaube mir, ein israelitischer Gläubiger wird sich oftmals im N.T. besser zu Recht finden als so mancher Christ, weil hinter bestimmten Begriffen (z.B. Olochoi) ein jeder weiß was gemeint ist und damit sich ganze Welten offenbaren und doch brauchten christliche Textforscher fast 1000 Jahre um zu ergründen was dieses Wort in seinem umfassenden Sinn meint. Anderseits und dies sei auch nicht verschwiegen, wird ein israelitisch Gläubiger nicht selten den Kopf schütteln, weil im Welten begegnen die absolut kein Fundament in seinem Glauben haben. Und mehr noch wird er im N.T. Dinge vermissen, die seiner Glauebnswelt unbedingt wichtig sind – und hier rede ich nicht von Kosher, sondern vielmehr von z.B. שכינה und קדוש. Das macht einen unglaublich stutzig und überaus nachdenklich.
Absalom
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