Bern, Freitag, 6. Juli 2007

Die Situation im Gazastreifen und der Iran

Was haben alle gegenwärtigen Bedrohungen im Nahen Osten – die Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen, die zunehmende Einflussnahme der Hisbollah im Libanon, die politische Aufruhr im Irak und die unmittelbar bevorstehende Nuklearwaffen in den Händen eines radikal-diktatorischen Regimes – gemeinsam? Die Antwort lautet: Iran.

Iran versucht, seinen Einfluss auf drei Arten auszuweiten: durch Propaganda und Aufhetzung, durch die Förderung von Vetternwirtschaft und durch die Verstärkung der eigenen Staatsmacht. Heute unterstützt das iranische Regime radikale islamistische Gruppen im Libanon, unter den Palästinenser, in Afghanistan, im Irak wie auch in anderen Ländern. Seine beiden wichtigsten Zöglinge sind die Hisbollah im Libanon und die palästinensische Hamas.

Das soll jedoch nicht heissen, dass Teheran die absolute Kontrolle über diese Gruppen besitzt und jede ihrer Bewegungen steuert. Doch ist der Iran hauptsächlich für deren Finanzierung zuständig, versorgt sie mit Waffen und trainiert sie, ermutigt sie, Anschläge zu verüben und prägt ihre Ideologie. Ohne den Rückhalt durch das iranische Regime würden sie einen Grossteil ihrer Macht einbüssen.

Iran hat sie angetrieben, aggressiver aufzutreten und vermehrt Terroranschläge und andere Angriffe zu verüben. Ein gutes Beispiel dafür ist der Libanon. Die schiitische Hisbollah folgt genau der iranischen Linie. Der Führer der Organisation, Hassan Nasrallah, ist der offizielle Vertreter des iranischen Revolutionsführers im Zedernstaat. 2006 verübte die Hisbollah Raketenanschläge auf Israel, was schliesslich in einen längeren Krieg mündete. Diese Provokationen hätte die Führung der Hisbollah niemals unternommen, hätte sie nicht gewusst, dass sie dem Willen Irans entsprechen. Tatsächlich berichtete der stellvertretende Generalsekretär der Hisbollah, Scheich Naim Qassem, im April im iranischen Fernsehen , dass „die Hisbollah, wenn es um juristische Angelegenheiten oder um das allgemeine Leitbild, sowie um die Durchführung des Djihad geht, sich auf die Entscheidungen des Geistlichen Führers des Irans stützt.“

Seit dem Ende des Krieges im Sommer 2006 ist die Hisbollah bestrebt, die Kontrolle über den Libanon zu erlangen und gleichzeitig ihre militärische Schlagkraft wieder aufzubauen. Verschiedentlich wurde Iran dabei erwischt, wie es über Syrien oder die Türkei Waffen zur Hisbollah schmuggelte. Die iranischen Revolutionsgarden fungieren ausserdem als militärische Berater der Hisbollah. Opponenten der iranisch-syrischen Phalanx im Libanon, sowohl Politiker wie auch Journalisten, werden durch Terroranschläge systematisch ermordet. Gemäss den Beobachtungen vieler Libanesen beabsichtigt Iran, den Libanon in einen Satellitenstaat zu verwandeln.

Bei den Palästinensern wird dieselbe Taktik angewandt. Die Hamas und der noch extremere Islamische Djihad folgen der Politik Irans. Kürzlich bestätigte der Mitbegründer und frühere Aussenminister Mahmud Al Zahar im Spiegel-Interview : „Ich brachte einmal persönlich 20 Millionen US Dollar in einem Koffer vom Iran in den Gazastreifen. Nein, sogar zweimal – beim zweiten Mal waren es 22 Millionen Dollar.“ Teheran hat diese Organisationen öffentlich zur Verübung von Terroranschlägen aufgehetzt; neben Know-How und Waffen werden sie zusätzlich mit ganz eindeutig antisemitischen Hasstiraden versorgt, welche die Hamas in ihre Propaganda kopiert und verbreitet.

Viele Palästinenser und andere Araber geben öffentlich ihrer Angst und ihrem Unmut darüber Ausdruck, dass die Hamas die iranischen Bemühungen vertritt, sich ihr Land und ihr Anliegen zu eigen zu machen. Am 20. Juni verkündete Yasser Abed Rabbo, ein langjähriges Mitglied der PLO-Führungsriege in einer Pressemitteilung, dass „Iran der Hamas geholfen hat, einen militärischen Coup gegen die legitime palästinensische Führung und den Gazastreifen zu landen.“

Aber Achtung: dies ist erst der Anfang! Am Horizont taucht drohend Irans nukleares Waffenarsenal auf. Wenn Teheran die ultimative Massenvernichtungswaffe einmal hat, wird es eine noch grössere Anzahl radikaler und terroristischer Kräfte um sich scharen, um Israel, den Westen und auch moderate arabische Staaten anzugreifen. Der nukleare Schutzschild ermöglicht es Iran und seinen Verbündeten offen Anschläge auf westliche Ziele zu verüben ohne einen Vergeltungsschlag von westlicher Seite befürchten zu müssen. Sollte Iran schliesslich die Oberhand gewinnen, wird das Regime jegliche Chancen auf Frieden blockieren und die Region in ein jahrzehntelanges Blutvergiessen stürzen.

Ilan Elgar
Botschafter des Staates Israel