Als ich im Chat von meinem diesjährigen Urlaub erzählt habe wurde ich gebeten, hier doch mal etwas ausführlicher zu berichten.

Zur Erläuterung vorab: Meine Frau lebt zwar schon fast 30 Jahre in Deutschland, ist aber Bosnierin und orthodoxe Christin.
Wir haben in einem kleinen Dorf in Bosnien ein Haus gekauft, daß wir zur Zeit renovieren. Das Dorf Lusci Palanka liegt in (heute) muslimischem Gebiet im Gebirge Gremec zwischen Sanki- Most und Bosanska Krupa. Vor dem Krieg 1992 bis 1995 lebte in Lusci Palanka und in den umliegenden Dörfern, die zu Lusci Palanka (verwaltungstechnisch) gehörten, nicht ein einzger Muslim. Es war seit Besiedlung ein rein christlich besiedeltes Land.
1991 hatte Lusci Palanka (nebst direktem Einzugsgebiet wie Glavica, Miljevci, Prastalo etc) 2862 Einwohner. Davon bezeichneten sich
2847 als "orthodoxen Glaubens", 15 als "Sonstiges" = ohne Konfession. Ungefähr 1100 Menschen lebten in Lusci Palanka selbst.

Wie alt Lusci Palanka ist, konnte ich noch nicht zweifelsfrei herausbekommen. Ich vermute anhand der Gebäude und der Kirche, daß Lusci Palanka Ende des 19. Jahrhunderts gebaut worden ist. Ein Teil der umliegenden kleineren Dörfer und Gehöfte scheint jedoch deutlich älter zu sein.
Das zeigt auch die Anzahl und die Jahreszahlen auf den Grabsteinen der christlichen Friedhöfe im Umland. Der Friedhof, auf dem die Familie meiner Frau ihre Toten seit Menschengedenken begräbt, ist verhältnismäßig gut erhalten. Er liegt außerhalb der Stadt und wurde daher nicht immer wieder
von muslimischen Fanatikern in Brand gesteckt, wie die beiden Friedhöfe im Ort. Dort habe ich über 40 Gräber mit dem Namen ihrer Familie eindeutig identifizieren können.
weitere ca 30 Grabsteine waren so verwittert und zum Teil verfallen, daß die Buchstaben nicht mehr eindeutig zu entziffern waren.
Aber Jahreszahlen aus dem 17. Jahrhundert waren noch deutlich zu erkennen. Die einheimischen bedeuteten mir aber entschieden, daß hier
ausschließlich Vorfahren meiner Frau beerdigt sind.
Seit Jahrhunderten christliches Land, durch den Hass einiger Fanatiker auf allen Seiten und Unverständnis der Völkergemeinschaft heute muslimisch.

Mit Kriegsende und dem Daytoner Abkommen mußten die "Serben" (richtiger wahrscheinlich orthodoxe Bosnier) große Landstriche, die
ihnen seit Menschengedenken gehörten, an die FBiH, an die muslimisch- kroatische Föderation abtreten.
während des Krieges ist Lusci Palanka unbehelligt geblieben, da sie einerseits im bosnisch- serbischen Machtbereich lag, andererseits
für die Muslime "strategisch" ohne jede Bedeutung war. In der Zeit von 1992 bis 1995 ist in Lusci Palanka nie ein Schuss gefallen.

Das Leid der Bevölkerung begann erst 1995 mit Kriegsende, als alle Bewohner vor den von Bihac aus anrückenden muslimischen Truppen fliehen mußten. Einige (leere) Dörfer (Miljevci, unser Heimatdorf Glavica und andere) wurden vollkommen dem Erdboden gleichgemacht. In Lusci Palanka wurden nur die Kirche, und die Häuser an der Hauptdurchgangsstrasse zerstört.


(Innenraum der abgebrannten Kirche) (Messe Weihnachten 2002 vor der Ruine)


(Ruinen an der Durchfahrtstrasse)

Die Muslime benannten den Ort dann in "Muslimanski Palanka" um und brachten im unteren, nicht bzw weniger zerstörten Stadtkern muslimische Flüchtlinge überwiegend aus der Gegend um Prijedor unter, die (andersherum) ein ähnlches Schicksal erlitten haben, wie die christlichen Bewohner Lusci Palankas.

Die muslimischen Flüchtlinge betrieben in Lusci Palanka die sogar international bekannt gewordene Radiostation "Free Prijedor".
Ende der 90er Jahre siedelten die Flüchtlinge um. Einige wenige kehrten nach Prijedor (in der christlich majorisierten Srpska Republika gelegen) zurück, andere besiedelten leerstehende Häuser von geflohenen Christen im Raum Sanski Most. Nach dem Abzug der Muslime erinnert an diese Zeit nur noch ein kleiner muslimischer Friedhof weit ausserhalb der Stadt auf einer kleinen Anhöhe.


Wird fortgesetzt.