Nun, ich möchte hier ein wenig von mir erzählen.
So wurde ich in einem Hause grossgezogen, wo man gegenüber aussen und Andersdenkende sehr abgeschirmt war und das eigene, die eigene Religion als richtig dargestellt wurde, und alles andere falsch. Dies wurde ja so auch von der Kirche so gelehrt. So lebte ich als Katholik in der "Allein-Selig-Machenden" Kirche.
Als Jugendlicher „bekehrte“ ich mich dann durch das Studium in der Bibel. Sicher gab es da Anstösse von aussen, was da alles falsch in der Kirche sei, aber ich wollte es von der Schrift her wissen, was ich glauben sollte. So wandte ich mich von der Kirche ab und besuchte eine freie evang. Gemeinde. Aber auch da fühlte ich mich nun in einem "allein-seligmachendem" Glauben. Dies wird ja auch so gelehrt und gepredigt, und so als Laie hat man ja nicht so die Hintergründe und das Wissen in der Geschichte, und wenn, dann ist diese gefiltert von der entsprechenden Institution.
Dieser „Allein-Seligmachender-Glaube“ kann einem die Sinne schon verblenden. Das kommt ja dort dann zum Ausdruck, ob man Juden missionieren soll (also Abkehr vom Judentum und hin zum Christentum) oder nicht. Solche Diskussionen gab es immer wieder mal, ob nun Juden gerettet werden oder nicht. Selber hatte ich dazu nie eine richtige Antwort, übernahm da aber schon so halbwegs, ohne mir selber wirklich damit auseinander zu setzen, die allgemeine christliche Meinung.
So gingen Jahre dahin, denn das Judenproblem war nicht so wichtig. Man war zwar sicher Israelfreundlich, aber eben, dieses hartherzige und unbussfertige Volk ... Das war dann doch innerlich so die Einstellung. Ja, und das tut mir so im nachhinein wirklich leid, dass ich in vielem Gleichgültig war, und auch so im Herzen über Juden, gläubige Juden gedacht hatte und möchte mich hier von solchen Gedanken distanzieren, auch wenn ich nur ein Kinde der Zeit bin. Und heute bin ich überzeugt, dass nicht nur dieses begangene Unrecht ein Problem ist, sondern dass dies eher aus dem geistlichen Druck auf Juden heraus kommt, weil da auf sie herabschaut wird, weil man ihnen jegliches Gottverständnis abspricht, und sie in der Hölle wähnt. Ich denke, dass dies das grösste Unrecht ist, dass man eine Volksgemeinschaft so pauschal in Abseits stellt (sicher ist nun auch diese Aussage pauschal, ich weiss um etliche Andersdenkende hier).
Inzwischen hat sich aber vieles geändert. Mann/Frau hat Internet, und man kann vieles lesen und sich informieren und sich mit der Vergangenheit auseinander setzen. Man kann sich über den jüdischen Glauben informieren, nachlesen, wie ihr Gottesleben ist, wie sie Gemeinschaft mit dem Ewigen haben, und worauf sich ihr Glaube stützt. Man kann den Wurzeln des christlichen Glaubens nachgehen.
Und da stösst man auch auf etliche Seiten, wie jene hier vom Eingangsartikel oder extremer Bibelkritik, aber genau so Schönfärberei, wo vieles so einseitig, filtriert, todgeschwiegen, verleugnet, idealisiert und sonnenklar dargestellt wird und jegliches andere als von Satan dargestellt wird. Wo alles einer sogenannten Liebe dahingegeben wird.
Solche Artikel wie Eingangs können Menschen total aus den Socken werfen. Und hier beginnt nun die Arbeit. Was macht man damit? Triage, trennen, das Gute und Wahre heraussuchen. Aber man muss sich Zeit lassen.
Mit der Zeit merkt man, dass es nicht die „Allein-Wahre“ Sicht der Dinge gibt. Ob nun Geschichte, oder auch den Glauben. Man beginnt die Bibel wieder anders zu lesen. Wenn man sich mit jüdischem Glauben auseinandersetzt, merkt man, wie tief ihr Glaube und ihr Vertrauen in den Ewigen ist. Und man merkt auch, dass durch die christliche Theologie etliches verzerrt und entstellt dargestellt wird. Und das verändert einem. Die jüdische Seele (die Neschamah :roll: ?) im Menschen erwacht.
Bevor ich ja hier her kam, hatte ich ja heftige Diskussionen in andern Foren. Nur schon, wenn ich versuchte, einen jüdischen Gedanken hinüberbringen zu wollen, wurde ich schon als Jude deklassiert, und meine Aussage somit als von einem verblendeten mit einer Decke über dem Kopf dargestellt. Oder wenn ich sanft auf Ungereimtheiten (ich spreche eigentlich selten von Widersprüchen) im NT aufmerksam machte, wurde ich als Satan persönlich bezeichnet. Aus Chaträumen wurden wir gekickt, weil solche Diskussionen mit jüdischem Verständnis nicht gewollt waren (und hierzu habe ich auch einen Brief, der mir sagt, dass ich keine Chat-Regel missachtet hätte).
Ja, und dann kam ich hier zu den Gnaki’s. Ich freute und freue mich noch immer mich über diese Offenheit gegenüber dem jüdischen Glauben und dem Auseinandersetzen der Geschichte. Auch dass man doch weitgehend sehr liebevoll miteinander spricht. Doch, allen ein herzliches Dankeschön.
So will ich die Annemarie und auch andere verstehen, dass sie durch einen Prozess gehen, der wahrlich nicht einfach ist. Oder die Admins und Moderatoren, dass sie immer wieder versuchen müssen, eine Balance im Ganzen zu finden.
Ja so freue ich mich auch über den Beitrag von rivka, dass doch die Dankbarkeit über die Gnade des Ewigen in unseren Herzen weiten Raum hat (und auch, dass sie der Ewige hier her geführt hat).
Und will so auch der Aussage von samu zustimmen und einfach hoffen, dass dies hier weiter umgesetzt wird, damit wir diesen Anfang weiterführen können, auch wenn einzelne darin schon an sehr unterschiedlichen Positionen sind. Ein Prozess der gleichzeitig auf verschiednen Ebenen stattfindet:
Es gibt nichts zu entschuldigen, es gilt einen Neuanfang zu wagen und das geht nur wenn man bereit ist, Umkehr zu tätigen, umzusinnen und ganz ehrlich Stück für Stück Fehlentwicklungen zu benennen und dann auszumerzen. Das ist Entschuldigung genug, dass ist gelebte Busse.
Baruch ata adonai eloheinu melech haolam.
Gesegnet bist du Herr, unser Gott, König in Ewigkeit.
Shabbat Shalom
Alef
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