Lieber Rudi, ich dachte mir, dass diese Stelle irgendwann kommen wird!

Moses im ringen mit Gott um die Vergebung der Sünden. Eine wahrlich gute Stelle. Schauen wir uns an, was Moses tat. Er ging zu Gott und bittet ihn stellvertretend um Sündenvergebung für sein Volk. Gott lehnt dies ab (Vers 33)

Mose hätte hier ohne weiters auf ein Opfer zurückgreifen können, könnte man meinen. Doch warum tat dass Moses nicht? Damit wäre doch, so könnte man meinen, ein Jeder endsühnt!

Nun, wir haben es hier explizit mit dem Fall von Gotteslästerung (goldenes Kalb) zu tun. Eine solch folgenschwere Sünde, die auch der Mittler Moses nicht durch Gottes Ratschluss vom Volk nehmen durfte. Damit kommen wir aber auch zu einer ganz klaren Aussage Gottes! Nur der, der gegen mich gesündigt hat, den streiche ich aus dem Buch des Lebens! Das ist gerade zu fundamental diese Aussage. Gegen Gott sündigen! Hier begegnet uns die einzige Sünde, die nach israelitischer Vorstellung nicht gesühnt werden kann, die Sünde gegen Gott. Es ist die Abwendung Israels vom Gott Israels, die dann zum Götzendienst wird und fremden Göttern dient. Hundertfach finden sich ganz klar diese Aussagen wieder, die grob das umschreiben, was Sünde gegen Gott ist. Hier gibt es keine Endsühnung und Versöhnung, sondern nur eins, totale Umkehr!

Ich möchte nun aber im Gegenzug folgenden Psalm einfügen um zu zeigen, was es bedeutet auf Gottes Wegen zu wandeln: Psalm 18 / 21 – 29
21 Der Herr hat gut an mir gehandelt und mir vergolten, / weil ich gerecht bin und meine Hände rein sind.
22 Denn ich hielt mich an die Wege des Herrn / und fiel nicht ruchlos ab von meinem Gott.
23 Ja, ich habe alle seine Gebote vor Augen, / weise seine Gesetze niemals ab.
24 Ich war vor ihm ohne Makel, / ich nahm mich in Acht vor der Sünde.
25 Darum hat der Herr mir vergolten, weil ich gerecht bin / und meine Hände rein sind vor seinen Augen.
26 Gegen den Treuen zeigst du dich treu, / an dem Aufrichtigen handelst du recht.
27 Gegen den Reinen zeigst du dich rein, / doch falsch gegen den Falschen.
28 Dem bedrückten Volk bringst du Heil, / doch die Blicke der Stolzen zwingst du nieder.
29 Du, Herr, lässt meine Leuchte erstrahlen, / mein Gott macht meine Finsternis hell.

Und: Psalm 19/ 10 - 15

10 Die Furcht des Herrn ist rein, / sie besteht für immer. Die Urteile des Herrn sind wahr, / gerecht sind sie alle.
11 Sie sind kostbarer als Gold, als Feingold in Menge. / Sie sind süßer als Honig, als Honig aus Waben.
12 Auch dein Knecht lässt sich von ihnen warnen; / wer sie beachtet, hat reichen Lohn.
13 Wer bemerkt seine eigenen Fehler? / Sprich mich frei von Schuld, die mir nicht bewusst ist!
14 Behüte deinen Knecht auch vor vermessenen Menschen; / sie sollen nicht über mich herrschen. Dann bin ich ohne Makel / und rein von schwerer Schuld.
15 Die Worte meines Mundes mögen dir gefallen; / was ich im Herzen erwäge, stehe dir vor Augen, / Herr, mein Fels und mein Erlöser.

Ich stelle diese Texte, ich hätte auch unzählige andere nehmen können, hier aus folgendem Grund rein. Wie kann der Schreiber dieser Text das von sich behaupten? Er weiß sehr wohl um seine Fehltritte und um seine Sünden! Deutlich wird die Antwort an Vers 22! Er fiel nicht ab von Gott, sondern blieb auf seinen Wegen. Genau hier liegt die ganze Erklärung für sein Selbstzeugnis. Aus diesem Selbstzeugnis versteht sich zu gleich auch die Ablehnung Gottes, auf das Ersuchen des Moses, denn die Menschen blieben nicht auf den Wegen Gottes, sondern sie folgten Ägyptens Göttern. Hier liegt also ein Schlüssel für das Verständnis des Tenach zur Sünde und in Psalm 19/ 15 auch das Verständnis für die Vergebung der Sünde! Sünde wird durch Gott gesühnt, wenn das Herz eines Menschen auf Gott orientiert ist! Hundertfach wird davon im Tenach berichtet. Gott weis um unsere Unzulänglichkeit, um unser Mensch sein und deshalb gibt es Vergebung bei ihm, allerdings setzt er eins voraus, man muss auf seinen Wegen sein, man muss nicht nur Glauben, sondern dem Glauben müssen auch Taten folgen! Barmherzigkeit zum Nulltarif kennt das Tenach nicht! Genau aus diesen Aspekt heraus erklärt sich das Jesuswort: Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt. Jesus spricht hier von erfüllen!!! Kann man Gottes Willen erfüllen? Ja ohne Zweifel, allerdings, dieser Weg Gottes ist eben kein Spaziergang sondern: Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng und der Weg dahin ist schmal und nur wenige finden ihn. Das trägt in sich zugleich auch die Konsequenz: Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen. Tausendfach hat dieser Satz ganz real in Israels Geschichte gegolten bis zum heutigen Tag!

Buße und Umkehr beinhalten nach dem Verständnis des Tenach die Vergebung der Sünden.
Nach jüdischer Lehre ist kein Mensch perfekt, und alle Menschen haben mehrfach gesündigt. Diese Handlungen bedingen allerdings keine andauernde Verdammung; nur wenige Sünden sind (fast) unvergebbar. Gott ist gnädig, noch bevor der Mensch sündigt, obwohl er weiß, dass der Mensch zur Sünde fähig ist. Folgende 12 Artikel geben kurz zusammengefasst die Lehre des Tenach wieder!
1. Gott ist dem Sünder gnädig, nachdem jener gesündigt hat.
2. Gott kann sogar gnädig sein, wo es ein Mensch nicht vermag oder verdient.
3. Gott ist mitleidsvoll, und erleichtert dem Schuldigen die Strafe.
4. Gott ist sogar denen gegenüber gnädig, die es nicht verdienen.
5. Gott lässt sich nicht leicht in Zorn bringen.
6. Gottes Freundlichkeit ist vielfältig.
7. Gott ist ein Gott der Wahrheit; daher gilt sein Versprechen, dem bekennenden Sünder zu vergeben.
8. Gott ist den zukünftigen Generationen freundlich, so wie die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs seine Freundlichkeit erfuhren.
9. Gott vergibt bewusst begangene Sünden, wenn der Sünder bereut.
10. Gott vergibt das bewusste Verärgern seiner selbst, wenn der Sünder bereut.
11. Gott vergibt aus Irrtum begangene Sünden.
12. Gott vergisst die Sünden derer, die bereuen.
Eine der Grundlagen biblischer Sündenvergebung ist folgende Aussage Gottes! Jesaja 44/ 21 – 23:
21 Denk daran, Jakob, und du, Israel, / dass du mein Knecht bist. Ich habe dich geschaffen, du bist mein Knecht; / Israel, ich vergesse dich nicht.
22 Ich fege deine Vergehen hinweg wie eine Wolke / und deine Sünden wie Nebel. / Kehr um zu mir; denn ich erlöse dich.
23 Jauchzt, ihr Himmel, denn der Herr hat gehandelt; / jubelt, ihr Tiefen der Erde! Brecht in Jubel aus, ihr Berge, / ihr Wälder mit all euren Bäumen! Denn der Herr hat Jakob erlöst / und an Israel bewiesen, wie herrlich er ist.
Auch hier wird wieder deutlich, Umkehr und Weggehung auf Gottes Pfaden sind Grundvoraussetzung für die Vergebung!
Dem Tenach ist also sehr wohl auch ohne Opferungen die Sündenbefreiung durch Gottes Barmherzigkeit geläufig und war praktizierte Grundlage des alltäglichen Glaubenslebens.

Übrigens lass ich folgenden Satz dazu auf einer christlichen Seite:
„Sünden wurden im Alten Bund durch die Darbringung von bestimmten Tieropfern behandelt. Hierdurch wurde der Sünder dann äußerlich gereinigt. Eine wirkliche Sündenvergebung fand jedoch durch diese Opfer, durch diese Sündopfer, nicht statt.“

Ich finde eine solche Aussage wahrlich sehr provokant und ganz schlimm! Redete der Psalmist von Äußerlichkeiten? Ist Gottes Erlösung die er Israel zuspricht äußerlich? Wohl kaum will ich meinen.

Eine andere Frage ist die, was ist mit den Menschen, die keinen Bundesschluss mit Gott haben und denen, welche Gott fern sind? Hierzu mal ganz interessante Verse:

Jesaja 43/ 8 - 13
8 Bringt das Volk her, das blind ist, obwohl es Augen hat, / und taub, obwohl es Ohren hat.
9 Alle Völker sollen sich versammeln, / die Nationen sollen zusammenkommen. Wer von ihnen kündigt dies an / und wer kann uns sagen, was früher war? Sie sollen ihre Zeugen stellen, / damit sie Recht bekommen, / damit man (die Zeugen) hört und sagt: Es ist wahr.
10 Ihr seid meine Zeugen - Spruch des Herrn - / und auch mein Knecht, den ich erwählte, damit ihr erkennt und mir glaubt / und einseht, dass ich es bin. Vor mir wurde kein Gott erschaffen / und auch nach mir wird es keinen geben.
11 Ich bin Jahwe, ich, / und außer mir gibt es keinen Retter.
12 Ich habe es selbst angekündet und euch gerettet, / ich habe es euch zu Gehör gebracht. Kein fremder (Gott) ist bei euch gewesen. / Ihr seid meine Zeugen - Spruch des Herrn. Ich allein bin Gott; /
13 auch künftig werde ich es sein. Niemand kann mir etwas entreißen. / Ich handle. Wer kann es rückgängig machen?

Wer dieser Knecht wohl sein mag? 

Samu