Nein, ich empfinde diese Frage ebenfalls nicht als Provokation und möchte die Ausführungen von Fisch ausdrücklich unterstreichen. Ich bin kein Theologe, der hier über irgendeine christliche "Opfertheologie" referieren könnte. Schon garnicht könnte ich das Opfer Christi in das Spektrum der jüdischen Opferarten einordnen, zumal ich diese viel zu wenig kenne. Nach meinem persönlichen Verständnis ist dies auch garnicht möglich. Denn das Bild, die "Symbolik" des "Opferlammes, welches der Welt Sünden trägt"

(Johannes 1, Vers 29-31)
29Am nächsten Tag sieht Johannes, daß Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! 30Dieser ist's, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich. 31Und ich kannte ihn nicht. Aber damit er Israel offenbart werde, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser.

passt nicht ganz in die biblischen Opfergebote, wonach die Israeliten als das Volk Gottes zu bestimmten Anlässen oder aus verschiedenen Gründen Gott Opfer darbringen sollten.

Bei den alttestamentarischen Opfergeboten handelt der einzelne Mensch, in der Geburt, dem Leben und dem Tod Jesu Christi handelt Gott selbst.

Wenn wir von Symbolik reden, dann sehe ich auch erhebliche Wurzeln des christlichen Gleichnisses vom "Lamm Gottes" (auch des Abendmahles) im jüdischen Passahfest (2. Mose 12), wo ja auch ein Lamm geschlachtet wird. Da steht das Opfer des "Lammes Gottes" sinnbildlich für das Eingehen der Gläubigen aus den Heiden in das Haus Gottes, geschützt und gerettet durch das an den Pfosten und der Oberschwelle verstrichene Blut des Lammes Gottes, durch Jesus Christus.

Für mich ist dieses Opfer und die Annahme desselben durch den Glauben der Beginn eines vollkommen neuen Lebens, eines Lebens der Veränderung in der und durch die Nachfolge Jesu Christi. Lebendiger Glaube schafft Veränderungen, oder ist tot, nutzlos. Ich kann daher den Teilen christlicher "Opfertheologie" nicht folgen, die dieses Opfer so umfassend ansehen, daß damit für den einzelnen Menschen bereits alles erledigt sei ("Allversöhnung"). Man lebt dann nach dem bequemen Motto: "Lasst und ruhig weiter sündigen, Christus ist auch für kommende Sünden gestorben."

Soll das Opfer Christi Bedeutung für mich haben, so ist der Glaube an Christus, den Sohn Gottes nur der Anfang eines Lebens in der Gemeinschaft mit Gott in der Heiligung und Nachfolge.