Rudis Nachfragen Teil 1.

Frage zu Gott und dem „Heiligen Geist“

Ich möchte dir Rudi hier zwei Artikel einstellen, die auch auf deine Frage nach dem „Heiligen Geist“ eingehen und zugleich ein kleinen Einblick in das jüdische Verständnis zu Gott aufzeigen. Alle deine weiteren Fragen basieren dann folglich auf diesen Ausgangspunkt! Ob zu Jeschua oder zu der Errettung der Menschen – egal ob Jude oder Nichtjude!


Teil 1
Gott und seine Unfassbarkeit


Das große Problem des Menschen sein Verständnis zu Gott zu definieren, liegt darin begründet, dass weder unser Wortschatz und schon gar nicht unsere Vorstellungswelten das Unfassbare erfassen können. Unsere Ohren und unsere Augen – ja all unser empfinden ist gebunden an das irdische sein. Das weitergeben des Erfahrenen Göttlichen erlaubt keinen Ausbruch aus dieser irdischen Welt. Das ist eine bittere Erfahrung, die sich überaus deutlich in der hebräischen Bibel manifestiert, die gerade zu eine eigene Sprachform für das Unaussprechliche ersonnen hat, weil die großen Männer der Bibel in dem Moment, wenn das Göttliche Sein sich ihnen offenbarte, erkannten, das es im gleichen Augenblick zur menschlichen Erfahrung wurde.

In dem Bewusstsein dieser Mangelhaftigkeit, dass Göttliche in irdische Formen zu pressen, damit es aussprechbar wird, erschufen die Botschafter des Unerklärbaren, eine Begriffswelt, die dem Anliegen gerecht werden musste, Gott nicht auf irdische Vorstellungswelten zu reduzieren und doch zugleich etwas von dem wiederzugeben, was ihnen begegnet ist. Die Lösung liegt in ganz simplen Attributionen und Aktiven, etwas, was wohl in keiner Sprache der Welt vorher so zum Ausdruck kam. Kurz und Bündig, man benutzt ein unbestimmbares Wort oder einen Wortstamm wie z.B. EL ohne es zu wirklich zu benennen. Also man setzt Abstraktionen ein. Wir finden viele dieser Abstraktionen in der Bibel: El, Schaddaj, Zebaoth, Adonaj, Ha Schem, Ha Kaddosch, El olam, Melech, El eljon, Hakol, Goel, Eloah, Echad, Hinneni, bis hin zu Jod-He-Waw-He - JHWH.

All diese Attribution sind keine Eigennamen oder gar Bestimmungsnamen, sondern sollen diesem Ansinnen gerade zu widersprechen. Der Bildlose und Namenlose wird in gleicher Form zu einem Begriffslosen. Es gibt in der hebräischen Bibel nicht ein Wort, das den unbestimmbaren Gott auch nur im Geringsten darzustellen vermag. Alle Begrifflichkeiten sagen nur eins aus, Gott ist da!

In einem noch größeren Maße wird dies beim „Sein Gottes“ angewendet. Gott ist Heilig! Das hebräische Kaddosch ist ein Aktivwort und kein Zustandswort! Hier geht es also um etwas Aktives, Lebendiges und Tätiges. Heilig ist Gott und Heiligkeit umgibt ihn auch selbst. Doch was ist Heiligkeit und welche Heiligkeit umgibt ihn, die sogar als lebendige Wolke mit Augen bezeichnet wird? Wir können es uns nicht einmal in unseren kühnsten Träumen ausmalen, was eigentlich die lebendige und aktive Heiligkeit Gottes ist. Doch ist sie deshalb eine eigenständige Person? Gleiches könnte man auf die El Emet, Gottes Wahrheit beziehen und ebenso auf die Begrifflichkeit Schechanjahu oder Schechanja = Einwohnung Gottes, die wohl am meisten von allen, als lebendiges Aktivum im Tenach zu Tage tritt.

Ich möchte noch einen kleinen Blick auf das Wörtchen Echad aus dem Shma Jisrael lenken: „Höre Israel, der Ewige, unser Gott, der Ewige ist einzig Einer.“ Jeder, der sich ein wenig mit der Auslegungsgschichte des „Schma“ auskennt, weiß, dass das hebräische Wort für „Einzig Einer“, noch viel mehr in sich einschließt als den Begriff Einziger und Einer. Hier liegt ebenso der Wortbegriff HINNENI verborgen, der insbesondere bei Jesaja (dem Strengsten aller Monotheisten) deutlich zum Vorschein tritt. Es bedeutet nicht nur in sich: Ich bin der Einzige, sondern ebenso der alles Umfassende! Gerade bei den Propheten Jesaja und Jeremia, ist diese Bezeichnung gerade zu einem Wesenszug. In ihm vereint sich alles, von ihm geht alles aus: So spricht er, euer Auslöser, er der Umscharte: Ich bin / einzig einer / der Urfrühe, ich bin / einzig einer / der Spätletzte außer mir ist kein El. Wer ist mir gleichbar?


Wer oder was ist der Heilige Geist? Klar muss man sagen, die hebräische Bibel verschließt sich schon vom Wesen her dieser Frage. Denn sie gibt keine schlüssige Antwort darauf, sie verweigert sie sogar ganz bewusst. Denn das Gebot sich kein Bildnis zu machen liegt nicht nur auf Gott, sondern auch darauf, was „Dadroben“ sei und „Dadrunten“ sei. Das Ruach Koddesch (das Braus Gottes), ist genau so unfassbar, wie ha El Koddesch (die Heiligkeit Gottes), Schechanjahu (Einwohnung Gottes) oder ha El Emet (die Wahrheit Gottes) bis hin zu seiner Unfassbarkeit, Unnahbarkeit und geht bis hin zu dem unzugänglichen Licht, was auch immer das sein möge. Die Worte Gottes: Ich bin! Müssen dem Menschen genügen! Alles was darüber hinausgeht, wäre eine Anmaßung des menschlichen Geistes, Gott den Unfassbaren, erfassen zu wollen.

Hier genau trägt die Septuaginta den größten Fehler in sich, sie versucht mittels griechischer Philosophenbegriffe, wie z.B. Pneuma, Erklärungen zu geben, wo es eigentlich keine geben sollte, woraus dann Bilder und Bilderwelten und zum Schluss sogar Theologien wurden.

Teil 2
Bereschit barah Elohim et haschamajim we`et ha`aretz.

Gedanken zu: Bereschit, barah und Elohim. Oder wie schwer es ist, Hebräisch auf Deutsch zu lesen!

Dieser erste Satz, mit dem das Buch der Bücher oder besser die Schriftrolle aller Schriftrollen beginnt, besagt: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“.

Im ersten Satz der Schriftrolle „Bereschit“, Im Anfang, Genesis (fälschlicher Weise auch 1. Buch Mose genannt), begegnet uns gleich die Begrifflichkeit Elohim, was in etwa übersetzt Göttlichkeiten – aber zugleich auch Unfassbarkeiten – in sich vereinigt.

Dieser erste Satz enthält in sich, gerade auf Grund seiner wenigen Worte, eine ganz gewaltige, tief greifende Botschaft und ebenso einen klassischen Zugriff auf die hebräische Sprache indem hier eine Plurale tantum angewandt wird, was der deutschen Sprache so angewandt gänzlich fremd ist, gleich wohl es diese Wortarten auch im deutschen Sprachgebrauch gibt z.B. Eltern, Leute oder Kosten, die aber um ihrer Begrifflichkeit verständlich zu werden, durch Hilfs- und Zusatzwörter (fektiert): z.B. Eltern-teil, wenige oder viele Leute oder aber Kostenpunkt, näher definiert werden müssen, um die Aussagekraft zu erhalten.


So ist der hebräische Text eigentlich folgender Maßen richtig übersetzt: Im Anfang schuf Göttlichkeiten Himmel und Erde.
Das besondere an diesem Satz ist, dass alle Worte in einer Singularform erscheinen und durch einen Plurale tantum „Göttlichkeiten“ gehoben wird. Ein Anfang, schuf, Himmel und Erde.

-Im Anfang = Bereschit (nicht am Anfang!), besagt die Unbestimmtheit des schöpferischen Wirkens einer umfassenden Göttlichkeit. Alle Formen des schöpferischen Seins finden hier ihre unbestimmte Aussagekraft. Bereschit bezeichnet zudem die Bedeutungslosigkeit von Zeit und Raum im schöpferischen Wirken. Auf umgangssprachlich könnte man dieses zwei Wörter so beschreiben: Irgendwann und im Beginnen, da fing an….

-Nun kommen wir wohl zu dem interessantesten der Wörter in diesem Satz barah = „schuf“.
Wie so vieles in der hebräischen Sprache dem deutschen Sprach- und Wesensverständnis unbekannt ist, was leider auf die Ärmlichkeit der deutschen Sprache zurückzuführen ist, finden wir hier eigentlich eine Nichtübersetzbarkeit. Das Vergleichswort schuf oder auch schafft bezeugt zwar den Sinn der Sache = schaffen, doch nicht die Wortgewalt dieses Wortes. Denn hier haben es wir nicht mit einer lapidaren Feststellung zu tun – erschaffen, sondern es ist ein Zustandswort, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit einschließt. Es gibt leider kein einziges deutsches Wort, was diese Vielfalt in sich trägt und zugleich etwas über das Sein des Schöpfers beschreibt. Denn es spricht von dem Einem – die Schöpferkräfte, welches ständig im erschaffen ist. Was gänzlich deutscher Grammatik widerspricht - schuf oder schafft im Zusammenhang mit Göttlichkeiten, also Einzahl und Mehrzahl, sprengt eigentlich jeglichen Rahmen.

- Ohne das Wort barah ist in diesem Zusammenhang Elohim in sich nicht stimmig, zumindest für den Hebräer, doch der deutschen Begrifflichkeit wesensfremd und deshalb wird es hier in den deutschen Bibeln zu meist mit Gott wiedergegeben. Auch wird die Übersetzung Gott der Götter angewandt, was jedoch keines Wegs diesem Elohim entspricht. Mittlerweile findet diese Übersetzung jedoch immer weniger Zuspruch, was sehr begrüßenswert ist.
Dieses ungeschlechtliche Wort – Elohim beschreibt nicht Gott an sich, was leider oft falsch gedeutet wird, sondern eine Seinsweise Gottes – seine unvorstellbare Vielfalt in seiner Göttlichkeit – die Göttlichkeiten seines Seins. Klar muss man sagen dass dieser Wortbegriff keine Personenbezogenheiten ausdrücken will, sondern sich gerade diesen entziehen will! Einen menschlich vergleichbaren Begriff gibt es hierfür nicht. Die Autoren der Schriften vermieden es gerade zu, Gott in seinen Göttlichkeiten – Seinsweisen – etwaige Persönlichkeit hinein zu interpretieren. Was aber sehr wohl geschah, sind Attributationen, die Seinem Wesen zu gewiesen werden. Hier finden wir alle möglichen menschlichen Begriffswelten wieder. Insbesondere die Attributation der weiblichen Mutterform ATA (feminin Du) zu Gott ist herausragend in der hebräischen Bibel und führte dazu, das Adam der Mann den feminin Zuspruch „sie“ bekam hingegen Eva das maskuline du erhielt. (Auch hier etwas Unmögliches in der Begrifflichkeit deutscher Sprache) Die Weisen Israels erklären dazu, dass in einer jeden Eva Adam ist und in einer jeden Eva Adam. So mag es den Leser der Bibel nicht verwundern, dass zu Gott in erster Linie weiblich gesprochen wird und in zweiter Linie männlich, nämlich durch Attributationen wie Adonai, Melech, etc.. Auf Deutsch mal als überspitzes Beispiel: Meine Herr du (weiblich) meine König, in deinen Mutterschoss will ich mich legen mein Vater. Oder um mit Jesaja zu sprechen tröstende Mutter (66/13) und du mein Vater (63/14 – 15). Die ständige Dualität in der hebräischen Bibel, ist gerade zu ein Wesenzug im Dialog mit diesem Gott, der Vater und Mutter in sich vereinigt und zu einer Göttlichkeit der Göttlichkeiten, unfassbar in seiner Unfassbarkeit, zum Elohim wird ohne dieses Elohim näher zu benennen. Die Heiligkeit der Göttlichkeiten von Gott, ist somit jeglichem menschlichen Ansinnen verschlossen und zugleich jeglicher Benennung mit Unvollkommenheit und Unwahrhaftigkeit gestraft. So ist die Aussage: Einer in der Vielfalt seines Seins = Elohim, die höchst mögliche Definition, die unsere Sprache zu diesem Textstück zulässt und zugleich nichts beantwortet außer der einen Gewissheit, von Himmel und Erde und seinem unermüdlichen Schöpferischen Sein, dass so Vielfältig ist wie unsere Erde selbst, ja wie wir selbst in all unserer Vielfalt.

Samu