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  1. #1

    Standard Wann begann es?

    Wann begann es?

    Eine „kleine“ Ausarbeitung in mehreren Teilen zu den schriftlichen Anfängen der sog. Urgemeinde.

    Einleitung

    Es war der umstrittene Theologe Bultmann, der als Fazit seiner Forschungen zur Urgemeinde Feststellte: Es gab zwei Bewegungen – a das Kerygma der Urgemeinde in Jerusalem und - b das Kerygma der hellenistischen Gemeinde (Bultmann Das Ur-Christentum). Es ging damals ein kleiner Aufschrei durch gängige Theologenstuben und Kirchenpredigten, denn man verstand die Urgemeinde als eine Einheit, ein Herz und eine Seele, gleich wohl auch anderen Theologen gerade die Spannungsfelder in der Apg. und den Paulusbriefen schon aufgefallen waren.
    Bultmann`s Theorie bekam gerade durch die Qumranforschung einen neuen Auftrieb, denn zwei Beobachtungen wurden besonders deutlich bei der Sichtung der Texte – und hier explizit im Vergleich zum N.T..
    1. Die Berührungspunkte zu den drei Synoptikern, zur Apg. und Jakobus sind erstaunlich gering, gleich wohl dieses Schriftgut sich am meisten mit der Lebenswelt Jesu und der Jerusalemer Urgemeinde auseinandersetzt. Zugleich entstammt dieses Schriftgut auch literarisch und teilweise geographisch der näheren Umgebung des Wirkungsfeldes der Urgemeinde. Hier erwartete man deutliche Bezugspunkte und auch theologische Einflüsse von den Essenern, die, wie die heutige Forschung klar belegen kann, ein unglaublich großes Einflußgebiet (von Damaskus bis nach Alexandria) innehatten. Das Fazit ist nüchtern und es zeigt sich, dass gerade in den Q Quellen der Synoptiker kaum Bezug zu essenischen Lehrgut besteht. Wohl greift Jesu Lehrgut mehrfach dessen Theologien an, ohne diese im Wesentlichen ausgiebig darzustellen (Ausnahmen sind hier die Racheworte, Selbstdarstellung, Torapflicht, etc die in ihrer Theologie essenischen Ursprungs sind), doch im wesentlichen bleiben die Bezugsquellen für Jesu Lehrgut die rabbinischen Quellen seiner Zeitgenossen.
    2. Ganz anders ist die Sachlage bei dem Johannesschriftgut und noch klarer bei der Paulusbriefliteratur. Bultmann der in seiner Analyse ebenso hier die Bezugspunkte angesiedelt sah und vornehmlich den Philonischen Einfluss beobachtete, bezog sich insbesondere auf die Apg. und Paulusbriefe die in ihrer Unterschicht bereits die tiefen Zerwürfnisse dieser beiden Gruppen andeuten. Diesen Sachverhalt bestätigen die Qumranschriften deutlich, denn was wir in besagtem Literaturgut an theologischen Anlehnungen zu den Essenern finden ist fundamental. Angefangen bei der Opfertheologie, dem Taufverständnis, bis hin zum Dualismus von Gut und Böse und der Prädestinationslehre, etc. Schon den Kirchenvätern war früh aufgefallen wie nahe sich philonischer Einfluß und N.T. (Johannesschriftgut und Paulus) standen, bis hin das Philo als 1. Christ bezeichnet wurde. Klar war der Forschung auch, dass Philo sehr nahe dem Essenertum stand, doch klar war eben nicht, wie nahe die Essener Philo standen, da man nur Zitate von Zitaten kannte, bis eben die Schriften der Essener zum Vorschein kamen. Klar darf man sagen Philo war kein Essener, aber ein Bewunderer dieser und klar kann man auch sagen, die Essener waren keine Philonisten, doch große Bewunderer seiner Lehren. Hier muß man also von Wechselwirkungen sprechen. Besonders die Logostheologie des Philo fand nicht nur bei den Essenern seinen theologischen Widerhall, auch im hellenistischen Schriftgut de N.T. wird dieser Ansatz zur tragenden Rolle der Theologie. Noch deutlicher wird dies an der Prädestinationslehre, die ihren Ursprung in Alexandrien hatte und bereits aus altägyptischen Theologien bekannt war (z.B. der Pharaonenkult liegt dieser Lehre zu Grunde).
    Die Auswertung des Schriftgutes von Qumran und der Vergleich dieses zum neutestamentlichen Lehrgut warf zuerst die Frage auf, wie kam es dazu, dass der Einfluß der Essener besonders auf das Schriftgut zutraf, welches fern ab von der Urgemeinde entstand. Deutlich zeigt die Qumranforschung auf, dass die Essener weit über die Grenzen Israels agierten und ihr Handlungsspielraum bis nach Rom reichte. In der Diaspora waren sie ebenso organisiert, wie im Kernland Israels. Ihre Verbreitung beschränkte sich jedoch im Wesentlichen auf die asiatischen (Türkei, Syrien, Jordanien) und nordafrikanischen (Ägypten) Gebiete. Doch genau damit lagen die Essener im geistigen Hauptzentrum des Hellenismus, der insbesondere in Alexandrien als Kulturweltstadt sein eigentliches Zentrum hatte. Die Wiege der hellenistischen Urgemeinde lag genau in diesem Einflussbereich. Es verwundert nicht, dass die erste große christliche Kirche (zahlenmäßig) nicht in Rom oder Griechenland entstand, sondern in Alexandrien.
    Einen zweiten Fragenkomplex betreffen die Jochananjünger, die nach dem Tod des Jochanan eine zahlenmäßig starke Gemeinschaft bildeten und in Konkurrenz zur Jerusalemer Urgemeinschaft und den Essener (in tiefer Feindschaft) standen und ebenso in diesem Gebieten agierten. Die theologischen Gemeinsamkeiten zwischen dieser Gruppe und den Essenern sind unübersehbar und geradezu auffällig. Ihre tiefe Feindschaft begründet sich im Wesentlichen in einem Punkt – dem Obrigkeitsgehorsam, der von dieser Gruppe – ähnlich der Jerusalemer Urgemeinde klar verneint wurde (Torarecht geht vor Staatsrecht). Ein zweiter Streitpunkt war die Prädestinationslehre, die sich allein schon aus den Aussagen des Jochanan nicht miteinander vereinbaren ließen. Historisch verschwindet diese Gemeinschaft ab dem 200 Jahrhundert aus dem Blickwinkel der Geschichte. Ihr Einfluß wirkt jedoch im N.T. nach – bis hin zu bekannten Berührungspunkten. Inwieweit diese Gemeinschaft Einfluß auf die wachsende hellenistische Christgemeinde ausübte ist sehr stark umstritten und kann nach heutigem Stand der Erkenntnisse nicht gänzlich rekonstruiert werden. Was man jedoch sagen kann ist, dass Teile dieser Gruppe sich schon früh den hellenistischen Gemeinden anschlossen. Ein Grund dafür mag sein, dass die Jochananjüngerschaft auf Grund ihrer Militanz gegenüber Rom und den Herrschaftsverhältnissen in Israel eine geächtete Gruppe war, die spätestens nach 70 (Tempelzerstörung) ihren Einfluß verlor. Damit teilte sie in ähnlicher Weise das Schicksal der Jerusalemer Urgemeinschaft.
    Zumindest wissen wir, dass Paulus um diese Gruppen weiß und ihren Einfluß durch Gegenmission zu bekämpfen sucht.

    Trotz langwieriger redaktioneller Arbeit an der neutestamentlichen Literatur über 400 Jahre kann die Textforschung heute drei ganz wesentliche Einflußqullen auf dieses Schriftgut benennen. Dies wird möglich, weil auf Grund der überaus zahlreichen antiken Quellschriften ein Vergleichschriftgut vorhanden ist (Gegenüberstellung von Zitaten, Geschichten, Theologien, etc). Wie schon angeführt findet sich ein großer Teil, bezogen auf die Synoptiker, Apg. und Jakobusbrief im rabbinischen Schriftgut (Talmud, etc). Ein zweiter und hier bei weitem der größte Teil findet sich im Qumranschriftgut, was wiederum auf die Synoptiker im geringen Maße, deutlich mehr jedoch auf das Paulusschriftgut, Johannesschriftgut, Hebräerbrief im höchsten Maße und die sog. kath. Briefe zutreffen. Der dritte Einfluß ist deutlich belegbar im sog. Philoschriftgut, der besonders bei den Johannesschriften – bis hin zu wörtlichen Zitaten ( z.B. Logosprolog) -, bei Paulus und den kath. Briefen zum tragen kommt.
    Dass darüber hinaus auch rabbinische Einflüsse bei Paulus und den anderem Schriftgut gibt ist gut von der Textforschung belegt, allerdings ist die Seltenheit solcher Anlehnungen recht auffällig, wenn man sich dazu die Synoptiker als Vergleich hinzuzieht. Man könnte noch eine vierte Gruppe benennen, dessen Einfluß jedoch nicht vor 120 n.Chr. stattfand und deren Wirkungsweise auf das N.T. noch sehr viele Fragen offen lässt. Es sind die sog. Mithrasanhänger, die schon früh in Konkurrenz zum Frühchristentum standen und theologisch äußerst ähnliche Auffassungen vertraten. Dass es erhebliche Wechselwirkungen zueinander gab ist bereits im N.T. (Magnus, Magoi) belegt und historisch nachvollziehbar (ganz besonders in der Missionsgestaltung, Kultsymbole, Kultriten, etc). Das dieser Kult, der später als römischer Staatskult zum Sol Invictus wurde, ist eine historisch Tatsache und dass das Christentum diesen Kult als Staatskult - vorerst nebeneinander (zwei Staatskulte ca. 100 Jahre) ablöste und in sich integrierte ist ebenso ein historisch belegbarer Fakt. Unklar ist jedoch, auf Grund der Spärlichkeit überlieferter eigener Religionsliteratur (die Kirche hat so ziemlich alles vernichtet, was dieser Kult an Schriftgut hatte, bis hin zu Grabschändungen, Tempelverwüstungen und Reliefzerstörungen), wie in der Frühzeit der Urgemeinschaft dieser Kult theologische Fragen vertrat. Wohl können Historiker und Religionswissenschaftler aus Zitaten und Erzählungen antiker Geschichtsautoren sehr viel aus dem Lehrgut dieser Religion entnehmen und auch die Archäologie hat in den letzten 100 Jahren erstaunliche Kulturgüter zu Tage gefördert, doch eine komplexe und umfassende Darstellung inhaltlicher Theologischer Aussagen ist nur in Teilgebieten möglich. Anders sieht die Sachlage auf dem Sektor der Kultgestaltung, Kultausübung und Kulthandlungen aus, hier kann eine verlässliche, komplexe und umfassende Rekonstruktion getätigt werden. Die Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten zu christlichen Praktiken sind sehr klar und deutlich belegbar.


    Doch stellen wir uns nun einmal ganz konkret den Quellen der Essener, ihren Theologischen Ansichten und vergleichen diese mit dem Schriftgut des N.T. Der erste Themenkomplex wird sich der überaus wichtigen Dualismuslehre stellen, die besonders vom Paulus- und dem Johannesschriftgut vertreten wird.

    Es folgt Teil 2 / Der Dualismus im N.T.

  2. #2
    outiouti Gast

    Standard

    Bultmann ....

    hahaha der war gut ......

    mfg

  3. #3

    Standard

    Der Dualismus im N.T.

    Vorwort:

    Im N.T. begegnen wir immer wieder dem Terminus von Gut und Böse. Ist es vornehmlich bei den Synoptikern auf das Handeln des Menschen bezogen, der ständig im Kampf mit sich selbst steht sich selbst zu überwinden um Gutes oder Böses zutun, der Mensch, der selbstverantwortlich für sein Handeln ist und hierzu die Tora Gottes als Wegweisung beachten soll, so verschiebt sich dieser Ansatz außerhalb der synoptischen Literatur deutlich auf jenseitige, mystische und übernatürliche Sphären. Ein Beleg dafür ist nicht nur die Prädestinationslehre, sondern auch die sich immer mehr steigernde Ausmahlung übernatürlicher Strukturen (Hölle, Himmel, Engel, Geister, Dämonen, etc). Doch dazu später mehr.

    Das N.T. greift hier auf bereits bekannte Religionsgüter zurück, dessen Ursprünge in Sumerischen-, Babylonischen-, Assyrischen- und später in Hellenistischen Kulten ihre Fortentwicklung und Verbreitung fand. Auf Israel wirkte insbesondere die Epoche der Eisenzeit IIC und III bei dieser Entwicklung. Israels nationalpolitische Katastrophen und in dessen Folge der Kultzusammenbruch in Jerusalem in diesen Epochen ermöglichten die Öffnung für neue Strömungen und Einflüsse auf alt bekanntes Religionsgut innerhalb dieser Religion. Diese Entwicklung wurde mit dem Beginn der Hellenistischen Epoche ganz wesentlich verstärkt und findet ihren Höhepunkt unter dem Einfluß der Ptolemäischen Herrschaft. Das Judentum steht unter massiven Einfluß des Hellenismus und droht – wie andere Kulturen Kleinasiens - in diesem Sog unterzugehen. Erst durch die Schwächung der Ptolemäer durch die Seleukiden und der Wechsel der Kolonie „Israel / Juda“ in seleukidisches Herrschaftsgebiet, wird auf Grund politischer Umbrüche in ganz Kleinasien, es Israel möglich (Makkabäeraufstände) seine zeitweilige Unabhängigkeit und religiöse Autonomie zurück zu erlangen. Die Einflüsse auf die Israelitische Religion waren jedoch über diesen langen Zeitraum überaus erheblich und zogen in seiner Folge mehrfache Reformationen nach sich. Zugleich entwickelten sich im Zuge von Restauration und Reformation verschiedene religiöse Parteien innerhalb und außerhalb Israels (Diaspora). Neben der Restauration des Tempelkultes die vor allem durch die Partei der Sadduzäer vorangetrieben wurde, bildeten sich religiöse Parteien, die nicht mehr nur den Tempel als Ort religiöser Verbindlichkeit ansahen, sondern in Einzelgemeinden (Synagogen) ein eigenständiges religiöses Gemeinschaftsleben organisierten. Dieses System sollte besonders in den Gebieten fern ab vom Kernland Israels schnell seine Verbreitung finden. Doch noch eine dritte „Kraft“ entwickelte sich in dieser Zeit, die besonders durch Reste der sog. Prophetenschulen geprägt waren und Israel als Gottesstaat verstanden wissen wollten. Diese Gruppen, aus denen sich die Essener als größte religionspolitische Kraft formierten, standen in scharfer Opposition zum Tempel und im Wettstreit zu den Einzelsynagogen. Durch ihre Absonderung aus der gängigen Religionsgesellschaft Israels und ihren Exklusivstatus das wahre Israel zu sein entstand eine Sondergemeinschaft, die schon bald auch ganz neue theologische Wege ging. Einer dieser neuen theologischen Ansätze war ihre Dualismuslehre, die sich aus zaghaften Andeutungen in den Prophetenschriften sehr schnell zu einer ganz eigenständigen Lehre entwickelte. Ein Satz aus 1QS 3,19-22 sei hier angeführt, der diesen Sachverhalt deutlich vor Augen führt und alle Kategorien damals gängiger israelitischer Religionslehre sprengte: „An der Quelle des Lichtes liegt der Ursprung der Wahrheit, aus dem Born der Finsternis kommt der Ursprung des Bösen. In der Hand des Fürsten des Lichtes liegt die Herrschaft über alle Söhne der Gerechtigkeit; sie wandeln auf Wegen des Lichtes. Aber in der Hand des Engels der Finsternis liegt die Herrschaft über die Söhne des Bösen; sie wandeln auf den Wegen der Finsternis.“
    Dieser beispielhafte Satz aus dem Lehrgut der Essener ist nur ein Beleg von Hunderten, der das theologische Fundament dieser Lehre darstellt. Die Welt wird in Licht und Finsternis unterteilt, in Gut und Böse und in zwei Herrschaftsbereiche aufgeteilt, in Gott und Antigott. Das war für das damalige Judentum ein theologischer Ansatz, der jegliche Gottesvorstellungen sprengt, verstand man doch Gott als Herr über Allem.
    Noch deutlicher werden die Quranschriften, wenn es um die Persona des Bösen geht, dem Engel der Finsternis, der sich zum Engel des Lichtes verstellen kann, der Belial, ein Satan, der ein „Schattenreich“ auf Erden errichtet hat. (z.B. 1QM 13/11, 1QS 2/19, 1QS 1/17, CD 4, 12 – 13, 1 QH 5/7, 1 QM 14,9, etc)
    Spätestens hier werden die Bezüge zum Paulusschriftgut und Johanneschriftgut mehr als offensichtlich, finden jedoch im rabbinischen Judentum der Antike keinen Vergleich. Ganz besonders Paulus benutzt fast wortwörtlich die Terminologie der Essener wenn man sich z.B. 2. Kor. 6/ 14 -16, 2. Kor. 11/14, Kol. 1/13, etc anschaut.

    Die Welt ist in Gut und Böse aufgeteilt und der Mensch steht im Spannungsfeld dieser Mächte. Ein wahrlich hellenistisches Weltbild das schon bei Plato und besonders bei Philo seine theologische – philosophische Ausarbeitung fand.
    Aus dieser Dualistischen Sicht wird auch der Mensch gewertet, der aufgeteilt in Gut oder Böse, Heilig oder Unheilig, als Diener der Sünde oder als Sündloser verstanden wird. Die Essener verstehen sich selbst als Söhne des Lichtes, als Heilige, als wahre Gemeinde, als Auserwählte, als wahres Israel. All diese Begriffe werden vom N.T. aufgegriffen und in das eigene theologische Selbstverständnis übernommen, was auch hier in besonderer Weise Paulus ausbaut. Auch dieser Selbstanspruch ist dem jüdischen Glaubensverständnis antiker Zeit im Wesentlichen fremd. Vielmehr wird die Unvollkommenheit, dass Ringen um Rechtschaffenheit und die tagtägliche Umkehr und Buße und Besserung zum Guten Thema jüdischem Selbstverständnisses und religiöser Lebensmotor. Letztlich findet sich genau dieser Sachverhalt auch als Spiegelbild in Jesu Lehrgut wieder, der jeglichem Ansinnen von Selbsterhöhung, Gutsein und Heiligsein widerspricht und die Unzulänglichkeit des Menschen anführt, übrigens auch bei sich selbst. Im Gegensatz zu Gott ist der Mensch nicht aus sich Heilig, sondern soll um diese Heiligkeit ringen und kämpfen. Seid Heilig – diese Aufforderung Gottes an den Menschen ist kein Zustand, sondern ein Tatenaufruf. Dies betont ganz besonders Jesus in der Feldrede.

    Dass die Essener und später auch die hellenistische Christengemeinde diesen Terminus der Essener auf sich legen setzt einen weiteren theologischen Ansatz voraus, der dieses Selbstverständnis legitimiert. Auch hier wird Paulus den essenischen Theologien folgen und die Lehre der Prädestination fast wörtlich übernehmen.

    Es folgt Teil 2 - Die Prädestinationslehre bei Essenern und bei Paulus
    Geändert von absalom (01.04.2010 um 09:56 Uhr)

  4. #4
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    Lieber Absalom

    Danke zuerst mal für diese 2 ersten Teile einer „kleinen“ Ausarbeitung, und man darf gespannt auf die folgenden sein.

    Nun, klein sind sie vielleicht im Text, aber was dahinter steckt, das Auf- und Erarbeiten jener Zeit, Studium der Schriften aus jener Zeit ist wohl kaum klein, sondern riesig.

    Klein sind sie im Text, und da drängt sich natürlich die eine und andere Frage auf, woher du auch deine Aussage herleitest. So finde ich Zitate dann sehr hilfreich, so dass man dann vergleichen kann, damit es auch nachvollziehbar ist.


    Alef

  5. #5
    poetry Gast

    Standard

    Hey Abs,

    Danke für die "kleine" Ausarbeitung. Ich freu mich auf die nächsten Teile und werd Dich dann mit Fragen löchern :)

    poe

  6. #6
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    Ich werde es an den Feiertagen zu Gute führen. Da habe ich Zeit und kann mich dann voll darauf konzentrieren. Bin echt gespannt, was wieder ausgearbeitet hast.

    Grüßle
    Fischi

  7. #7

    Standard

    Lieber Alef und Poetry und liebes Fischi, danke für euren Zuspruch.

    Sicher, Alef, da steckt schon sehr viel – jahrelange Arbeit dahinter, denn wir reden hier nicht nur von einer Schrift, sondern vom einem riesigen Schriftkomplex und der dazugehörigen Epoche. Ich bemühe mich, gut nachvollziehbar, kurz und bündig Anhaltspunkte und nur besonders markante Punkte anzuführen, um einen kleinen Einblick in die Thematik zu öffnen.

    Gerne werde ich Qumrantextstellen gleichwertigen Textstellen aus dem N.T. gegenüber stellen, um die geistige Verwandtschaft noch deutlicher herauszustellen. Allerdings bedarf dies doch eines erheblichen Aufwandes und wird dann Themenbezogen gestaltet sein.
    Ebenso werde ich im Anhang, für Interessierte, eine sehr umfangreiche Literaturliste erstellen.

    So nun aber gut…

    Absalom

  8. #8
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    Standard

    Ich habe heute etwas im Internet rumgestöbert, vielleicht passt das ja auch ein ganz klein wenig dazu:


    Hananiah Nothos

    Eine Handschriftenrolle hat die Namen von einigen Mitgliedern der Qumran-Gemeinschaft bewahrt. Diese ist die einzige der sechshundert nicht-biblischen Rollen, die solcherart Daten enthält.


    Er (Hananiah Nothos) ist mürrisch heute. Gestern war er vom Aufseher zurechtgewiesen worden, und die Zurechtweisung wurde sogar schriftlich vermerkt. -

    Und so war es geschehen: ein paar Tage zuvor hatte ein Reisender im Palmen-Hain kurz Halt gemacht. Er war ein Essener aus der kleinen Gemeinde von Enot Qaneh, etwa fünf Fußweg- Stunden südlich von Secacah.
    Er erzählte eine schockierende Geschichte: Herodes Antipas hatte Johannes den Täufer enthaupten lassen. Der Mord hatte auf Machaerus stattgefunden, einer Palast-Festung jenseits des Toten Meeres, gegenüber Enot Qaneh. Die Neuigkeiten wurden von Seeleuten mit herübergebracht, welche Weizen von Moab nach Judaea transportierten.

    Der Name des Johannes war den Leuten von Secacah vertraut. Als ein junger Mann hatte er "sich verpflichtet", mit anderen Worten, er wollte der Gemeinde beitreten, und er nahm den Status eines Aufnahme-Ersuchenden an. Aber fast zwei Jahre nachdem er beitreten wollte, kurz bevor er als Vollmitglied zugelassen wurde, entschied er sich um. Das war ein seltenes Vorkommnis: viel mehr Beitrittswillige wurden zurückgewiesen, als daß sie ihre Meinung änderten, besonders in einer solch späten Stufe.

    Die Gemeinschaft sah es als ernste Beleidigung an, denn Johannes hatte einen Schwur auf sich genommen, den Regeln der Gruppe zu gehorchen, als er als Beitrittskandidat angenommen wurde. Von Zeit zu Zeit erreichte Secacah ein Munkeln - in dieser isolierten Gemeinschaft waren Nachrichten von der Außenwelt äußerst selten - über Massen, die ihm folgten, und über die Taufe, die er zur Vergebung von Sünden eingeführt hätte. Die Leute an diesem Ort blieben jedoch dem Johannes gegenüber in einer Weise feindselig, wie überall Überläufer verabscheut werden.



    http://www.tfba.org/day-in-the-life.html



    Alef
    Geändert von anonym002 (01.04.2010 um 18:31 Uhr)

  9. #9

    Standard

    Danke Alef!

  10. #10

    Standard

    Die Prädestinationslehre bei Essenern und bei Paulus und Johannes

    Die Prädestinationslehre der Essener ist eigentlich denkbar einfach. Der weltberühmte Religionswissenschaftler und Qumran - Schriftenforscher David Flusser fasste es in folgenden Worten zusammen: „Von Gott der Erkenntnis kommt alles Sein und Geschehen. Ehe sie sind, hat er ihren Plan festgesetzt. Und wenn sie da sind zu ihrer Bestimmung, so erfüllen sie nach seinem herrlichen Plan ihr Werk und keine Änderung gibt es.“ ( in Anlehnung an 1QS 3/15 * Entdeckungen im N.T. Bd. 2)
    Der Qumrantext 1 QH 4, 38 (vgl. auch 15/ 14 – 21) führt dazu weiter aus: Denn du (Gott) hast den Gerechten und den Gottlosen erschaffen.

    Diese beiden exemplarischen Textstellen beziehen sich auf ein und denselben Sachverhalt. Es ist die Vorherbestimmung von allen Dingen. Von Guten und Bösen. Aus dieser Sichtweise versteht der Essener seine Welt, in die er von Gott als Auserwählter und Heiliger gestellt wird. Da, wie schon ausgeführt, die Essener glaubten, dass ein Satan seinen Herrschaftsbereich hier auf Erden hat, erklärt sich von selbst, dass die Essener der vorherbestimmte Gegenpol zu dieser Schattenmacht sind.

    Als Heilige und Auserwählte Gottes sind die Essener das wahre Volk Gottes, die Gottes Worte richtig versteht und anwenden können. Sie sind von Urzeiten für diesen priesterlichen Dienst vorherbestimmt. Zeichen und Wunder gehen einher mit dieser Vorherbestimmung, wie uns 1 QH 4/32 bestätigt: „Damit die Menschenkinder alle seine (Gottes) Werke erkennen in der Kraft und Stärke und in der Fülle seines Erbarmens über alle Söhne seines Wohlgefallens. Und: Durch dein Wunderbares Geheimnis hast du deine Macht an mir sichtbar werden lassen, wunderbar zu handeln vor vielen um deiner Ehre willen und kundzutun deine Machttaten allen Lebendigen“ (1 QH 4/28).

    Nun fehlt noch die andere Seite, die Nichterwählten und Vorherbestimmten. Hier werden die Qumrantexte ebenso deutlich: „Die Gottlosen hast du geschaffen für (die Zeit) deines Zornes, und vom Mutterleib an hast du sie geweiht für den Schlachttag. Du hast sie bestimmt, um an ihnen große Gerichte zu vollziehen, damit alle erkennen deine Herrlichkeit und deine große Kraft (1 QH 15/17+19).

    Spätestens hier kommen wir ganz automatisch an Paulus nicht mehr vorbei, wenn wir uns nur beispielhaft Römer 9/22 (etc) anschauen. Hier zeigt sich die gleiche Substanz der theologischen Anschauungen, die im krassen Gegensatz zu Jesu Lehrgut stehen. Gerade die Worte Jesu über die Himmelsreichverschließer sind ein deutlicher Widerspruch zu diesem Lehrgut – siehe auch das Gleichnis vom Reichen Jüngling. Die Überzeugung Jesu, dass Gott ein Rechtschaffender Gott ist, bekommt letztlich in dieser Prädestinationslehre keinen Raum mehr.

    Doch auch das Johannesschriftgut entbehrt nicht dieses essenischen Ansatzes. Hierzu eine kleine textliche Gegenüberstellung: Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes; deswegen hört ihr nicht, weil ihr nicht aus Gott seid. (Joh. 8/47) und Denn du (Gott) hast den Gerechten und den Gottlosen erschaffen. …. (über die Gottlosen): Und deine Wahrheit verabscheut ihre Seele und nicht haben sie Wohlgefallen an allem, was du gesprochen hast und sie erwählen sich dass was du hasst. Du hast sie dazu bestimmt, um an ihnen großes Gericht zu vollziehen… (QH 4 / 38 + QH 15 / 18 – 19) Faktisch heißt dies nichts anderes, weil sie nicht aus Gott sind, können sie auch nicht Gottes Worte hören. Man könnte die Liste mit ähnlichen Vergleichsstellen noch weiter führen, doch diese kleinen Beispiele mögen zeigen, wie nahe sich hier die theologischen Ansätze stehen.
    Noch klarer und ebenso wörtlich kommt der Erwählungsgedanke im Begriff Gnade zur Geltung. Hier sind sich Qumran und die hellenistische Christengemeinschaft sogar in der Wortwahl gleichwertig. Die Bedeutung, Erwählten oder Gottes Erwählte sind im selben theologischen begrifflichen Kontext der Prädestinationslehre verankert. Ganz besonders bei Paulus wird dies deutlich. Paulus nimmt für sich in Anspruch, dass er bereits vom Mutterleib an erwählt und durch Gottes Gnade berufen sei (Gal. 1/15). Diese Selbstaussage entspricht haargenau den Selbstaussagen der Essener: Nur du (Gott) hast den Gerechten geschaffen und ihm vom Mutterleib an für die Zeit des Wohlgefallens bestimmt, damit er in deinem Bund bewahrt werde. (1 QH 15/ 14 -15) … vom Mutterleib an hast du mir Gnade erwiesen… (1 QH 9/ 29 – 31)
    Dieses Selbstverständnis der Prädestination vom Mutterleib an und aus der Gnade Gottes ist geradezu ein fester Bestandteil Paulinescher und Johannischer Theologie und fest verankert im Philonischen Logosmythos (Johannesev. 1/ 1- 14). Denn auch da geht es um nichts anderes als um eine Form der Prädestinationslehre. Spätestens hier treffen wir auf altägyptische Vorstellungswelten, die im Hellenismus eine regelrechte Widergeburt erlebten.

    Die vorherbestimmten Erwählten/ Berufenen (z. B. Römer 8/ 30) sind gleich wie in Qumran Gottes Erwählte und Berufene, die aus der Hand des Fürsten der Finsternis entrissen sind durch Gottes Gnade (Kol 1 / 12 -13; Eph. 2/ 1 – 8; etc) Hierzu im Vergleich Qumran: Welche Gott erwählt hat, denen hat er sie zu ewigen Besitz gegeben, und Anteil hat er ihnen gegeben am Los der Heiligen, und mit den Söhnen des Himmels hat er ihre Versammlung verbunden zu einem Rat der Gemeinschaft. ( 1QS 11/ 7 – 8)


    Fortsetzung folgt….
    Geändert von absalom (01.04.2010 um 19:45 Uhr)


 

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