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Hybrid-Darstellung

  1. #1

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    Der Dualismus im N.T.

    Vorwort:

    Im N.T. begegnen wir immer wieder dem Terminus von Gut und Böse. Ist es vornehmlich bei den Synoptikern auf das Handeln des Menschen bezogen, der ständig im Kampf mit sich selbst steht sich selbst zu überwinden um Gutes oder Böses zutun, der Mensch, der selbstverantwortlich für sein Handeln ist und hierzu die Tora Gottes als Wegweisung beachten soll, so verschiebt sich dieser Ansatz außerhalb der synoptischen Literatur deutlich auf jenseitige, mystische und übernatürliche Sphären. Ein Beleg dafür ist nicht nur die Prädestinationslehre, sondern auch die sich immer mehr steigernde Ausmahlung übernatürlicher Strukturen (Hölle, Himmel, Engel, Geister, Dämonen, etc). Doch dazu später mehr.

    Das N.T. greift hier auf bereits bekannte Religionsgüter zurück, dessen Ursprünge in Sumerischen-, Babylonischen-, Assyrischen- und später in Hellenistischen Kulten ihre Fortentwicklung und Verbreitung fand. Auf Israel wirkte insbesondere die Epoche der Eisenzeit IIC und III bei dieser Entwicklung. Israels nationalpolitische Katastrophen und in dessen Folge der Kultzusammenbruch in Jerusalem in diesen Epochen ermöglichten die Öffnung für neue Strömungen und Einflüsse auf alt bekanntes Religionsgut innerhalb dieser Religion. Diese Entwicklung wurde mit dem Beginn der Hellenistischen Epoche ganz wesentlich verstärkt und findet ihren Höhepunkt unter dem Einfluß der Ptolemäischen Herrschaft. Das Judentum steht unter massiven Einfluß des Hellenismus und droht – wie andere Kulturen Kleinasiens - in diesem Sog unterzugehen. Erst durch die Schwächung der Ptolemäer durch die Seleukiden und der Wechsel der Kolonie „Israel / Juda“ in seleukidisches Herrschaftsgebiet, wird auf Grund politischer Umbrüche in ganz Kleinasien, es Israel möglich (Makkabäeraufstände) seine zeitweilige Unabhängigkeit und religiöse Autonomie zurück zu erlangen. Die Einflüsse auf die Israelitische Religion waren jedoch über diesen langen Zeitraum überaus erheblich und zogen in seiner Folge mehrfache Reformationen nach sich. Zugleich entwickelten sich im Zuge von Restauration und Reformation verschiedene religiöse Parteien innerhalb und außerhalb Israels (Diaspora). Neben der Restauration des Tempelkultes die vor allem durch die Partei der Sadduzäer vorangetrieben wurde, bildeten sich religiöse Parteien, die nicht mehr nur den Tempel als Ort religiöser Verbindlichkeit ansahen, sondern in Einzelgemeinden (Synagogen) ein eigenständiges religiöses Gemeinschaftsleben organisierten. Dieses System sollte besonders in den Gebieten fern ab vom Kernland Israels schnell seine Verbreitung finden. Doch noch eine dritte „Kraft“ entwickelte sich in dieser Zeit, die besonders durch Reste der sog. Prophetenschulen geprägt waren und Israel als Gottesstaat verstanden wissen wollten. Diese Gruppen, aus denen sich die Essener als größte religionspolitische Kraft formierten, standen in scharfer Opposition zum Tempel und im Wettstreit zu den Einzelsynagogen. Durch ihre Absonderung aus der gängigen Religionsgesellschaft Israels und ihren Exklusivstatus das wahre Israel zu sein entstand eine Sondergemeinschaft, die schon bald auch ganz neue theologische Wege ging. Einer dieser neuen theologischen Ansätze war ihre Dualismuslehre, die sich aus zaghaften Andeutungen in den Prophetenschriften sehr schnell zu einer ganz eigenständigen Lehre entwickelte. Ein Satz aus 1QS 3,19-22 sei hier angeführt, der diesen Sachverhalt deutlich vor Augen führt und alle Kategorien damals gängiger israelitischer Religionslehre sprengte: „An der Quelle des Lichtes liegt der Ursprung der Wahrheit, aus dem Born der Finsternis kommt der Ursprung des Bösen. In der Hand des Fürsten des Lichtes liegt die Herrschaft über alle Söhne der Gerechtigkeit; sie wandeln auf Wegen des Lichtes. Aber in der Hand des Engels der Finsternis liegt die Herrschaft über die Söhne des Bösen; sie wandeln auf den Wegen der Finsternis.“
    Dieser beispielhafte Satz aus dem Lehrgut der Essener ist nur ein Beleg von Hunderten, der das theologische Fundament dieser Lehre darstellt. Die Welt wird in Licht und Finsternis unterteilt, in Gut und Böse und in zwei Herrschaftsbereiche aufgeteilt, in Gott und Antigott. Das war für das damalige Judentum ein theologischer Ansatz, der jegliche Gottesvorstellungen sprengt, verstand man doch Gott als Herr über Allem.
    Noch deutlicher werden die Quranschriften, wenn es um die Persona des Bösen geht, dem Engel der Finsternis, der sich zum Engel des Lichtes verstellen kann, der Belial, ein Satan, der ein „Schattenreich“ auf Erden errichtet hat. (z.B. 1QM 13/11, 1QS 2/19, 1QS 1/17, CD 4, 12 – 13, 1 QH 5/7, 1 QM 14,9, etc)
    Spätestens hier werden die Bezüge zum Paulusschriftgut und Johanneschriftgut mehr als offensichtlich, finden jedoch im rabbinischen Judentum der Antike keinen Vergleich. Ganz besonders Paulus benutzt fast wortwörtlich die Terminologie der Essener wenn man sich z.B. 2. Kor. 6/ 14 -16, 2. Kor. 11/14, Kol. 1/13, etc anschaut.

    Die Welt ist in Gut und Böse aufgeteilt und der Mensch steht im Spannungsfeld dieser Mächte. Ein wahrlich hellenistisches Weltbild das schon bei Plato und besonders bei Philo seine theologische – philosophische Ausarbeitung fand.
    Aus dieser Dualistischen Sicht wird auch der Mensch gewertet, der aufgeteilt in Gut oder Böse, Heilig oder Unheilig, als Diener der Sünde oder als Sündloser verstanden wird. Die Essener verstehen sich selbst als Söhne des Lichtes, als Heilige, als wahre Gemeinde, als Auserwählte, als wahres Israel. All diese Begriffe werden vom N.T. aufgegriffen und in das eigene theologische Selbstverständnis übernommen, was auch hier in besonderer Weise Paulus ausbaut. Auch dieser Selbstanspruch ist dem jüdischen Glaubensverständnis antiker Zeit im Wesentlichen fremd. Vielmehr wird die Unvollkommenheit, dass Ringen um Rechtschaffenheit und die tagtägliche Umkehr und Buße und Besserung zum Guten Thema jüdischem Selbstverständnisses und religiöser Lebensmotor. Letztlich findet sich genau dieser Sachverhalt auch als Spiegelbild in Jesu Lehrgut wieder, der jeglichem Ansinnen von Selbsterhöhung, Gutsein und Heiligsein widerspricht und die Unzulänglichkeit des Menschen anführt, übrigens auch bei sich selbst. Im Gegensatz zu Gott ist der Mensch nicht aus sich Heilig, sondern soll um diese Heiligkeit ringen und kämpfen. Seid Heilig – diese Aufforderung Gottes an den Menschen ist kein Zustand, sondern ein Tatenaufruf. Dies betont ganz besonders Jesus in der Feldrede.

    Dass die Essener und später auch die hellenistische Christengemeinde diesen Terminus der Essener auf sich legen setzt einen weiteren theologischen Ansatz voraus, der dieses Selbstverständnis legitimiert. Auch hier wird Paulus den essenischen Theologien folgen und die Lehre der Prädestination fast wörtlich übernehmen.

    Es folgt Teil 2 - Die Prädestinationslehre bei Essenern und bei Paulus
    Geändert von absalom (01.04.2010 um 08:56 Uhr)

  2. #2
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    Lieber Absalom

    Danke zuerst mal für diese 2 ersten Teile einer „kleinen“ Ausarbeitung, und man darf gespannt auf die folgenden sein.

    Nun, klein sind sie vielleicht im Text, aber was dahinter steckt, das Auf- und Erarbeiten jener Zeit, Studium der Schriften aus jener Zeit ist wohl kaum klein, sondern riesig.

    Klein sind sie im Text, und da drängt sich natürlich die eine und andere Frage auf, woher du auch deine Aussage herleitest. So finde ich Zitate dann sehr hilfreich, so dass man dann vergleichen kann, damit es auch nachvollziehbar ist.


    Alef

  3. #3
    poetry Gast

    Standard

    Hey Abs,

    Danke für die "kleine" Ausarbeitung. Ich freu mich auf die nächsten Teile und werd Dich dann mit Fragen löchern :)

    poe

  4. #4
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    Ich werde es an den Feiertagen zu Gute führen. Da habe ich Zeit und kann mich dann voll darauf konzentrieren. Bin echt gespannt, was wieder ausgearbeitet hast.

    Grüßle
    Fischi

  5. #5

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    Lieber Alef und Poetry und liebes Fischi, danke für euren Zuspruch.

    Sicher, Alef, da steckt schon sehr viel – jahrelange Arbeit dahinter, denn wir reden hier nicht nur von einer Schrift, sondern vom einem riesigen Schriftkomplex und der dazugehörigen Epoche. Ich bemühe mich, gut nachvollziehbar, kurz und bündig Anhaltspunkte und nur besonders markante Punkte anzuführen, um einen kleinen Einblick in die Thematik zu öffnen.

    Gerne werde ich Qumrantextstellen gleichwertigen Textstellen aus dem N.T. gegenüber stellen, um die geistige Verwandtschaft noch deutlicher herauszustellen. Allerdings bedarf dies doch eines erheblichen Aufwandes und wird dann Themenbezogen gestaltet sein.
    Ebenso werde ich im Anhang, für Interessierte, eine sehr umfangreiche Literaturliste erstellen.

    So nun aber gut…

    Absalom

  6. #6
    Registriert seit
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    2.934

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    Ich habe heute etwas im Internet rumgestöbert, vielleicht passt das ja auch ein ganz klein wenig dazu:


    Hananiah Nothos

    Eine Handschriftenrolle hat die Namen von einigen Mitgliedern der Qumran-Gemeinschaft bewahrt. Diese ist die einzige der sechshundert nicht-biblischen Rollen, die solcherart Daten enthält.


    Er (Hananiah Nothos) ist mürrisch heute. Gestern war er vom Aufseher zurechtgewiesen worden, und die Zurechtweisung wurde sogar schriftlich vermerkt. -

    Und so war es geschehen: ein paar Tage zuvor hatte ein Reisender im Palmen-Hain kurz Halt gemacht. Er war ein Essener aus der kleinen Gemeinde von Enot Qaneh, etwa fünf Fußweg- Stunden südlich von Secacah.
    Er erzählte eine schockierende Geschichte: Herodes Antipas hatte Johannes den Täufer enthaupten lassen. Der Mord hatte auf Machaerus stattgefunden, einer Palast-Festung jenseits des Toten Meeres, gegenüber Enot Qaneh. Die Neuigkeiten wurden von Seeleuten mit herübergebracht, welche Weizen von Moab nach Judaea transportierten.

    Der Name des Johannes war den Leuten von Secacah vertraut. Als ein junger Mann hatte er "sich verpflichtet", mit anderen Worten, er wollte der Gemeinde beitreten, und er nahm den Status eines Aufnahme-Ersuchenden an. Aber fast zwei Jahre nachdem er beitreten wollte, kurz bevor er als Vollmitglied zugelassen wurde, entschied er sich um. Das war ein seltenes Vorkommnis: viel mehr Beitrittswillige wurden zurückgewiesen, als daß sie ihre Meinung änderten, besonders in einer solch späten Stufe.

    Die Gemeinschaft sah es als ernste Beleidigung an, denn Johannes hatte einen Schwur auf sich genommen, den Regeln der Gruppe zu gehorchen, als er als Beitrittskandidat angenommen wurde. Von Zeit zu Zeit erreichte Secacah ein Munkeln - in dieser isolierten Gemeinschaft waren Nachrichten von der Außenwelt äußerst selten - über Massen, die ihm folgten, und über die Taufe, die er zur Vergebung von Sünden eingeführt hätte. Die Leute an diesem Ort blieben jedoch dem Johannes gegenüber in einer Weise feindselig, wie überall Überläufer verabscheut werden.



    http://www.tfba.org/day-in-the-life.html



    Alef
    Geändert von anonym002 (01.04.2010 um 17:31 Uhr)

  7. #7

    Standard

    Danke Alef!


 

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