Rav Baruch Ashlag hörte von seinem Vater Rabbi Yehuda Leib HaLevi Ashlag
im Jahr 1941 in Jerusalem

Shamati 16: Tag des Schöpfers und Nacht des Schöpfers

Die Weisen sagten über das, was geschrieben steht: "Ihr, die nach dem Tag des Schöpfers trachtet, wozu braucht ihr den Tag des Schöpfers, wenn er doch das Dunkel, und nicht das Licht ist?"- dass dies dem gleicht, wie der Hahn und die Fledermaus auf das Sonnenlicht warteten. Der Hahn sagte zur Fledermaus: "Ich warte auf das Sonnenlicht, weil es meines ist, und du, warum wartest du darauf?" Der Sinn der Frage besteht im Folgenden: die Fledermaus hat doch keine Augen, um zu sehen, was wird ihr Sonnenlicht geben? Denn für denjenigen, der keine Augen hat, stellt sich das Sonnenlicht im Gegenteil als noch größere Finsternis dar.

Und dieses Gleichnis muss man verstehen, also welchen Bezug die Augen zur Fähigkeit haben, im Licht des Schöpfers zu sehen, welches in der angeführten Aussage als "Tag des Schöpfers" bezeichnet wird. Und als Beispiel wird die Fledermaus angeführt, die keine Augen hat und im Dunkeln verbleibt. Und noch muss man verstehen, was "Tag des Schöpfers" bedeutet, was "Nacht des Schöpfers" bedeutet und was der Unterschied zwischen ihnen ist. Das Eintreten des Tages definieren wir bei Menschen nach dem Sonnenaufgang, doch den Tag des Schöpfers? Wie soll man ihn definieren?

Und die Antwort besteht darin, dass dies der Erscheinung der Sonne gleicht. Wie also die Sonne über der Erde aufgeht und wir das "Tag" nennen, und wenn die Sonne nicht aufgegangen ist, wir das "Finsternis" nennen, so ist es auch im Bezug auf den Schöpfer - als "Tag" wird die Offenbarung des Schöpfers bezeichnet, und als Finsternis - dessen Verhüllung. Während der Enthüllung des Schöpfers ist also alles klar wie der Tag, und das wird als "Tag" bezeichnet. Wie die Weisen über das Geschriebene sagten: "Im Lichte des Tages wird sich der Mörder erheben, den Armen und Obdachlosen töten, und sich in der Nacht in einen Dieb verwandeln", - in der Nacht wird er sich in einen Dieb verwandeln, denn Licht ist Tag, wie es geschrieben steht, und im Licht wird klar, dass er gekommen ist, um sich Seelen zu holen, er ist ein Mörder, und dann kann man seine Seele retten. Also sehen wir, dass der Tag des Schöpfers dann ist, wenn alles klar ist wie am Tage.

Somit bedeutet "Tag des Schöpfers" absolute Klarheit, dass die Lenkung des Schöpfers, die Weise, wie Er die Welt lenkt, nur mittels des Guten und zum Wohl der Geschöpfe stattfindet. Wenn zum Beispiel ein Mensch betet, und sein Gebet umgehend erhört wird, und er das Erwünschte bekommt, und wann immer er sich an den Schöpfer wendet, er immer Erfolg hat, so wird eben das als "Tag des Schöpfers" bezeichnet. Während dagegen die Finsternis oder Nacht die Verhüllung des Schöpfers bedeutet, was zum Zweifel an der Lenkung durch das Gute und zum Zweck des Guten sowie zum Auftreten von Gedanken führt, die dem Spirituellen fremd sind. Die Verhüllung der Lenkung, die dazu führt, dass beim Menschen all diese nebensächlichen Gedanken und Meinungen aufkommen, wird also eben als Finsternis oder Nacht bezeichnet. Mit anderen Worten, spürt der Mensch, dass die Welt für ihn verblasst ist.

Auf diese Weise kann man das Gesagte erklären: "Ihr, die ihr den Tag des Schöpfers begehrt, wozu wollt ihr den Tag des Schöpfers, denn er ist doch das Dunkel und nicht Licht?" Diejenigen, die den Tag des Schöpfers erwarten, erwarten, dass sie des Glaubens über dem Wissen würdig werden, dass dieser Glaube so stark sein wird, als würden sie sehen, nachdem sie klares Wissen erhalten, dass es so ist! Also dass der Schöpfer die Welt nur mithilfe des Guten und zum Zweck des Guten lenkt. Doch sie wollten nicht sehen, dass der Schöpfer die Welt mit dem Guten zum guten Zweck lenkt, da zu sehen bedeutet, aufzuhören zu glauben, denn Glaube kann nur da sein, wo er nicht mit dem Verstand übereinstimmt, und der Mensch entgegen dem Verstand handelt - eben das wird als "Glaube über dem Verstand" bezeichnet.

Sie glauben also, dass die Weise, wie der Schöpfer seine Geschöpfe lenkt, gut und zu gutem Zweck ist. Und dass sie das nicht absolut klar sehen, zwingt sie nicht, den Schöpfer zu bitten, dass Er ihnen erlauben würde, Seine Lenkung mit ihrem Verstand als gut zu sehen, sondern sie wollen, dass das bei ihnen in Form des Glaubens über dem Wissen bleibt. Und sie bitten den Schöpfer darum, ihnen die Kraft zu geben, damit dieser Glaube so groß sein möge, als würden sie in ihrem Verstand sehen, also dass es keinen Unterschied zwischen dem Glauben und dem Wissen geben möge. Solch ein Zustand wird bei denjenigen, die eine Verschmelzung mit dem Schöpfer begehren, als "Tag des Schöpfers" bezeichnet. Und wenn sie das als Wissen wahrnehmen werden, dann wird das Licht des Schöpfers, welches als die höhere Fülle bezeichnet wird, in das Kli des Empfangens eintreten, welches Kli der Entfernung heißt, und das wollen sie nicht, weil ihr Wille zu empfangen, welcher den Gegensatz zur Heiligkeit darstellt, die dem Willen, für sich zu empfangen, entgegengesetzt ist, und sie wollen doch eine Verschmelzung mit dem Schöpfer, die man nur mittels der Übereinstimmung der Eigenschaften erreichen kann.

aus der Sammlung "Shamati" was bedeutet "ich hörte"