Zitat:
Nein, niemand macht ihnen einen Vorwurf. Von «Schuld» kann daher in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Ich sagte lediglich, dass die später im Christentum spezifizierten Lehren, die sich angeblich nicht in den Lehren Jesu von Nazareth finden, so neu gar nicht waren, sondern bereits in den Lehren Jesu verankert gewesen waren.
Hm, es mag ja auf einige Lehren zutreffen, die in der Tat später spezifiziert wurden übrigens nicht von den Jüngern Jesu, sondern eine bzw. mehrere Generation später, um bei der historischen Wahrheit zu bleiben, doch es wäre mir neu, wenn sich gerade grundlegende Lehren zu und über Jesus und mehr noch Jesu Lehrgut über die gängige jüdische Religionspraxis im Christentum wieder finden lassen. Mit dieser Aussage würdest du selbst christliche Theologen überraschen!
Nun, aus einem Begriff wie „EL Adonai / Gott / Herr“, den sicherlich auch der historische Jesus benutzte, kann man natürlich als Aufhänger nutzen, um zu behaupten, Jesus lehrte das christliche Gottesverständnis, durch den Begriff allein schon war seine Lehre eng mit dem Christlichen Glaubensgut verankert. Doch dann kann man auch sagen, Mithras war ebenso mit dem Lehrgut Jesu verbunden, denn dieser persische Gottessohn benutzte auch diese Begriffswelt.
Zitat:
Mysterienkulte, Feiertage und dergleichen Riten sind vielleicht Bestandteil römisch-katholischer Tradition oder östlich-orthodoxer Überlieferung, nicht jedoch Unmengen an falschem Lehrgut im Christentum. Was ist Christentum? Es ist die von den Aposteln Jesu ausformulierte Lehre, die sich in den Schriften des Neuen Testaments findet. Die von dir angesprochenen Mysterienkulte etc. gehen weit darüber hinaus und haben in der apostolischen Überlieferung keine Grundlage.
Na, na, nicht hier den Blick einseitig auf andere christliche Konfessionen werfen. Bekanntlich gehören Feste wie Ostern, Weihnachten, Pfingsten, etc zu fast allen christlichen Konfessionen. Mit dem historischen Jesus haben all diese Feste absolut nichts zutun.
Ich habe nicht behauptet, dass es im Christentum Unmengen an falschem Lehrgut gibt. Ich schrieb:“ …dass Christentum hat Unmengen an Lehrgut, die nicht im Lehrgut Jesu verankert sind“; das ist ein großer Unterschied. Bitte genau lesen!
Was ist das Christentum? Nun, es ist eine Religion, die sich sehr deutlich in Lehrgut, Kultpraxis und Glaubensbekenntnis von seiner ursprünglichen Mutterreligion unterscheidet. Noch genauer, das Christentum ist, rein religionswissenschaftlich betrachtet, eine hellenistische Mysterienreligion, die sich im Verlauf von fast 400 Jahren aus verschiedenen Kulteinflüssen der hellenistischen Epoche entwickelt hat.
Übrigens, die leibhaftigen Jünger Jesu haben nichts Schriftliches hinterlassen! Alle Schriften des N.T. entstammen späteren Generationen. Das ist ein Tatbestand, der nun wirklich allgemein bekannt ist. Selbst im „meiner“ katholischen Bibel steht das, was mich anfänglich sogar etwas verwunderte.
Zum Thema Mysterienkulte empfehle ich dir nun wirklich dringend Fachliteratur, denn es würde zu weit führen z.B. den Unterschied von jüdischem Taufverständnis und christlicher Mysterientotentaufe oder Eucharistieverständnis aufzuzeigen. Doch wie schrieb einst schon ein christlicher „Urvater“ aus den Anfängen des Christentums: „Wenn wir (Christen) behaupten, der Logos, nämlich Jesus Christus, unser Paidagogos (Lehrer/Erzieher), sei gekreuzigt worden, gestorben, wieder auferstanden und in den Himmel aufgestiegen, so bringen wir doch im Vergleich mit euren Zeussöhnen nichts befremdliches vor. Wenn wir sagen, Jesus sei der Logos Gottes aus Gott geboren, so ist das doch etwas, was wir mit euch (Griechen und Römern) gemeinsam haben, die ihr doch auch den Hermes, den von Gott Kunde bringenden Logos nennt. Und sollte man daran Anstoß nehmen, dass Jesus gekreuzigt worden ist, so hat er auch das mit euren erwähnten Zeussöhnen gemeinsam, die doch auch gelitten haben (Dionysios, Herakles, Osiris, Attis, Mithras, etc). (Justin I. Apol. 21 + 22)
Mehr zum Thema findest du auch hier: http://www.gnadenkinder.de/board/sho...ghlight=apollo
Übrigens gehe ich dort auch auf die sog. Prädestinationslehre des Paulus ein.
Zitat:
Definiere bitte Prädestination, bevor du den Begriff verteufelst.
Ich verteufle gar nichts! Ich achte nur darauf, dass man „die Kirche im Dorf“ lässt und immer schön bei den historischen und theologischen Tatsachen bleibt, darum geht es mir!
Mir ist es letztlich egal, was das Christentum ist oder nicht ist, wichtig ist mir allerdings, dass man dieser Religion genau auf die Finger schaut, denn schon zu viele Menschen wurden von dieser Religion und ihren Repräsentanten zu schlimmsten Verbrechen verführt und weil das möglich mit dessen Lehrgut war, muß man immer schön wachsam sein – so wie Jesus schon einst lehrte! Aber hier hat jede Religionsgeschichte der verschiedensten Kulte unglaublich viel Blut an ihren Biographien hängen, dass ist auch eine sehr traurige Wahrheit.
Zitat:
Eben das ergibt sich – wenn du meinen Beitrag aufmerksam gelesen hättest – nicht aus meiner Logik, denn Jesus sagte (und das habe ich deutlich genug hervorgehoben!) zu Seinen Aposteln (!), dass der Heilige Geist sie «in alle Wahrheit» führen würde (Joh 16,13). Mohammed lebte lange nach der Zeit der Apostel. Da diese bereits «in alle Wahrheit», die für die Gemeinde Jesu relevant ist, geführt wurden, kann Mohammed keine neuen Offenbarungen über bislang verborgene Wahrheiten empfangen haben – auch kein Joseph Smith (Mormonen), keine Ellen G. White (Siebenten-Tags-Adventisten) etc. pp.
Falsch! Es waren Menschen, lange nach den Aposteln, die ganz maßgeblich das neutestamentliche Schriftgut beeinflussten, lange – sehr lange nach Jesus und seinen Jüngern! Du solltest dich einmal ernsthaft mit deiner christlichen Religionsgeschichte beschäftigen, dann würdest du so etwas nicht behaupten. Noch im 400 Jahrhundert wurden z.B. von Hieronymus massive Texteingriffe vorgenommen, auf Anordnung von Papst Damasus. Das ist sogar schriftlich verbürgt. Ich frage mich insbesondere bei Christen und Moslems immer wieder, warum sie ihre eigene Religionsgeschichte nicht wirklich kennen. Es ist schon erstaunlich.
Aber ich helfe hier auch gerne fachlich: „Noch eindrucksvoller wird das ganze wenn man einmal selbst den Worten des Hieronymus lauscht: (Brief an den Bischof von Rom und Papst Damasus - "Novum opus" und "Plures feisse") „Du zwingst mich, ein neues Werk aus einem alten zu schaffen, gleichsam als Schiedsrichter zu fungieren über Bibelexemplare, nachdem diese [seit langem] in aller Welt verbreitet sind, und, wo sie voneinander abweichen, zu entscheiden, welche mit dem authentischen griechischen Text übereinstimmen. Es ist ein Unterfangen, das ebenso viel liebevolle Hingabe verlangt, wie es gefährlich und vermessen ist; über die anderen zu urteilen und dabei selbst dem Urteil aller zu unterliegen; in die Sprache eines Greises ändernd einzugreifen und eine bereits altersgraue Welt in die Tage ihrer ersten Kindheit zurückzuversetzen. Wird sich auch nur einer finden, sei er gelehrt oder ungelehrt, der mich nicht, sobald er diesen Band [die Überarbeitung der Evangelien] in die Hand nimmt und feststellt, dass das, was er hier liest, nicht in allem den Geschmack dessen trifft, was er einmal in sich aufgenommen hat, lauthals einen Fälscher und Religionsfrevler schilt, weil ich die Kühnheit besaß, einiges in den alten Büchern zuzufügen, abzuändern oder zu verbessern? Zwei Überlegungen sind es indes, die mich trösten und dieses Odium auf mich nehmen lassen: zum einen, dass du, der an Rang allen anderen überlegene Bischof, mich dies zu tun heißest; zum anderen, dass, wie auch meine Verleumder bestätigen müssen, in differierenden Lesarten schwerlich die Wahrheit anzutreffen ist. Wenn nämlich auf die lateinischen Texte Verlass sein soll, dann mögen sie bitte sagen: Welchen? Gibt es doch beinahe so viele Textformen, wie es Abschriften gibt. Soll aber die zutreffende Textform aus einem Vergleich mehrerer ermittelt werden, warum dann nicht gleich auf das griechische Original zurückgehen und danach all die Fehler verbessern, ob sie nun auf unzuverlässige Übersetzer zurückgehen, ob es sich bei ihnen um Verschlimmbesserungen wagehalsiger, aber inkompetenter Textkritiker oder aber einfach um Zusätze und Änderungen unaufmerksamer Abschreiber handelt? … Ich spreche nun vom Neuen Testament: … Matthäus, Markus, Lukas, Johannes; sie sind von uns nach dem Vergleich mit griechischen Handschriften - freilich alten! - überarbeitet worden. Um jedoch allzu große Abweichungen von dem lateinischen Wortlaut, wie man ihn aus den Lesungen gewohnt ist, zu vermeiden, haben wir unsere Feder im Zaum gehalten und nur dort verbessert, wo sich Änderungen des Sinns zu ergeben schienen, während wir alles übrige so durchgehen ließen, wie es war.“
Die große Frage ist angesichts des Sachverhaltes, warum Hieronymus, sich nicht auf das besagte Matthäusevangelium berief (siehe Punkt 5). Folgendes wissen wir aus seinem umfangreichen Schriftgut zu besagtem Text:
1. Es fand sich das echte und ursprüngliche Evangelium, hebräisch geschrieben von Matthäus, dem Zöllner, in der zu Caesarea von dem Märtyrer Pamphilius gesammelten Bibliothek, "ich erhielt Erlaubnis von den Nasaräern, die zu Beroea zu Syrien dieses benützten, es zu übersetzen", de Viris Illustr., III.
2. "Ein schwieriges Werk ist mir auferlegt, nachdem diese (Übersetzung ? ) mir von Euer Hochwürden anbefohlen wurde, wovon St. Matthäus selbst, der Apostel und Evangelist, nicht wünschte, dass es offen geschrieben werde. Denn wenn das nicht geheim gewesen wäre, würde er (Matthäus) dem Evangelium hinzugefügt haben, dass das, was er herausgab, von ihm war; aber er stellte dieses Buch mit hebräischen Lettern versiegelt her und gab es noch dann auf solche Art heraus, dass das Buch, in hebräischen Buchstaben und von seiner Hand geschrieben, im Besitze der religiösesten Menschen sein sollte; die es auch im Verlaufe der Zeit von denen erhielten, die ihnen vorangingen. Aber dieses Buch selbst gaben sie niemals irgend jemandem zum Abschreiben, und seinen Text erzählten die einen auf die eine Art und die ändern auf eine andere. (Brief an die Bischöfe Chromatis und Heliodorus + de Viris Illustr., III.)
3. "In dem Evangelium, das die Nasarener und Ebioniten benützen", das ich neulich aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzte und das von den meisten Leuten das echt Evangelium des Matthäus genannt wird und in chaldäischer Sprache, aber mit hebräischen Lettern geschrieben war. (Komment. Zu Matthäus XII. 13)
4. „Ich erhielt Erlaubnis von den Nazaräern, die zu Borea zu Syrien dieses [Evangelium] benützen, es zu übersetzen. (de Viris Illustr., III.)
5. „Und es traf zu, dass dieses Buch … Stoff nicht zur Erbauung, sondern zur Zerstörung darbot (für die Kirche) und dass dieses (Buch) auf einer Synode approbiert wurde, worauf zu hören die Ohren der Kirche sich schicklich weigerten.“ (Aversus Haer. I. 26) Die Ursache dafür war : Das die Judenchristen, alle übrigen apostolischen Schriften verwarfen und nur dieses Evangelium benutzten (Adv. Haer; I. 26); und die sie glaubten, wie Epiphanius erklärt: „Ebenso wie die Nazarener halten sie fest daran, dass Jesus nur ein Mensch war, vom Samen eines Menschen".
6. Noch Eusebius kannte offensichtlich diese Schrift und nannte sie Hebräerevangelium und stellte sie auf die gleiche Stufe wie die Offenbarung des Johannes.
7. Hieronymus bemerkt, das dieses Hebräerevangelium „häufig benutzt“ hat der Origenes der es Evangelium der 12 Apostel nannte, worin er bestärkt wurde in seinem Glauben an die Vorexistenz der Seele. (Diese Lehre wurde von der Kirche als „jüdische Lehre“ zur Häresie erklärt)
Unsere heutige Bibel N.T. basiert im Wesentlichen auf dem Codex Sinaiticus und dem Codex Vatikanus. Man sollte meinen aus diesen beiden Schriften doch relativ leicht eine gute Zusammenschau über den Textgehalt des. N.T. zu bekommen. Dazu dient auch noch der Codex Alexandrienus als vergleichswert, welcher jedoch ziemliche Textungereimtheiten in sich trägt.
Doch eine nüchterne Analyse zeigt folgenden Sachverhalt. Codex Sinaiticus: Belegt sind heute in diesem Kodex 839 Worthinzufügungen, ersetzt wurden 1.114 Wörter durch Abänderungen. Insgesamt wurden 8.972 Texteingriffe gezählt. Codex Vatikanus: Allein in den Evangelien enthält dieser Codex im Vergleich zu allen anderen Überlieferungschriften 589 Lesarten, die sich nur bei ihm finden. Insgesamt sind belegbar 536 Wörter hinzugefügt worden, wurden 935 Wörter durch andere ersetzt und dadurch die Satzstellung nachträglich verändert. 7.578 Änderungen am Codex Vaticanus kann man heute einwandfrei durch spätere Redakteure belegen.
Obwohl Vatikanus und Sinaiticus als älteste und engste verwandte Schriften gelten, bleibt doch das nüchterne Fazit, dass sich Sinaiticus und Vaticanus in den Evangelien an 3.036 Stellen widersprechen!!! Auf eine normale Bibelseite umgerechnet sind das in etwa 30 widersprechenden Stellen pro Seite!
So, nun aber gut damit &gemütlich
Liebe Grüße
Absalom